Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Axt-Angreifer hörte Stimmen
Amokläufer von Düsseldorf soll in Psychiatrie untergebracht werden
DÜSSELDORF (AFP/dpa) - Ein halbes Jahr nach dem Axtangriff im Düsseldorfer Hauptbahnhof hat am Dienstag der Prozess gegen den 36-jährigen Angeklagten begonnen. In dem Sicherungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf wird ihm versuchter Totschlag in mehreren Fällen vorgeworfen. Der Angeklagte gilt allerdings als schuldunfähig. Er soll zum Tatzeitpunkt unter einer paranoiden Schizophrenie gelitten haben. Die Staatsanwaltschaft will seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erwirken.
Fatmir H. soll laut Anklage am 9. März an einem Gleis im Düsseldorfer Hauptbahnhof wahllos mit einer Axt auf Fahrgäste eingeschlagen haben. Neun Menschen wurden verletzt, vier von ihnen schwer, darunter ein 13-jähriges Mädchen. Teilweise schlug der Angreifer nach damaligen Aussagen der Polizei von hinten auf seine Opfer ein. Selbst als ein Opfer bereits am Boden lag, soll der aus Wuppertal stammende Beschuldigte der Anklage zufolge noch mehrfach mit der Axt zugeschlagen haben.
Nach der Tat flüchtete H. in die Bahnhofshalle. Als Bundespolizisten seine Verfolgung aufnahmen, rannte er über die Gleise und sprang von einer Brücke unmittelbar neben dem Düsseldorfer Hauptbahnhof. Dabei erlitt er schwere Verletzungen.
Die Tat hatte laut den Ermittlern keinen islamistischen oder politischen Hintergrund. Die Ermittler gehen davon aus, dass der 36-Jährige durch seinen Amoklauf in letzter Konsequenz seinem eigenen Leben ein Ende setzen wollte. Der Kosovare lebt seit 2010 in Deutschland. Schon in seiner Heimat soll er Stimmen gehört und sich verfolgt gefühlt haben. Deswegen sei er auch nach Deutschland gekommen, berichtet der Psychiater, der ihn untersucht und stundenlang mit ihm gesprochen hat. Der 36-Jährige selbst schwieg beim Prozessauftakt.
Medikamente abgesetzt
Ärzte hatten dem Beschuldigten schon vor dem Amoklauf Schizophrenie attestiert und ihm Medikamente verordnet. Doch die Stimmen im Kopf, die ihm einflüstern, jemand wolle ihn töten, verschwanden nicht. Und so habe er die Medikamente drei Tage vor der Tat abgesetzt, um wacher zu sein und nicht so betäubt im Fall des Mordanschlags, mit dem er jederzeit gerechnet habe.
Bei der Polizei habe er noch um Schutz und Hilfe gebeten, weil er verfolgt werde: „Die Polizistin hat mich aber nicht verstanden und nach Hause geschickt. Ich sollte mich melden, wenn irgendetwas ist“, so erzählte er es später dem Gutachter. Er habe sich die Axt gekauft, um sich zu verteidigen, berichtete der Kosovare. Aber dann hätten ihm die Stimmen gesagt, er solle die Passanten angreifen, damit die Polizei ihn endlich erschieße. Für den Prozess sind zunächst acht weitere Verhandlungstage bis Mitte Oktober vorgesehen.