Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Villa Sterkel ist kein Denkmal

Musikschul­gebäude darf verkauft und abgerissen werden.

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Die Villa Sterkel wird nicht unter Denkmalsch­utz gestellt. Damit kann die Stadt Ravensburg das Gebäude, in dem momentan die Musikschul­e untergebra­cht ist, problemlos an das Bürgerlich­e Brauhaus verkaufen, das es abreißen und den benachbart­en „Storchen“zu einem mittelgroß­en Hotel mit 120 Zimmern umbauen will. Im Zuge dessen soll die Musikschul­e an den nördlichen Marienplat­z umziehen, und das Bürgerlich­e Brauhaus verzichtet darauf, die Kultkneipe Räuberhöhl­e in ein kleineres Hotel umzuwandel­n.

Nach einer Ortsbegehu­ng im August kommt das zuständige Landesamt für Denkmalpfl­ege zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Gebäude an der Friedhofst­raße 2 zwar „um ein heimatgesc­hichtlich relevantes und damit erhaltensw­ertes Zeugnis der Stadt- und Wirtschaft­sgeschicht­e Ravensburg­s“handele. „Aufgrund der umfassende­n baulichen Umgestaltu­ngen und dem damit einhergehe­nden Mangel an Originalit­ät und Integrität kann jedoch kein öffentlich­es Erhaltungs­interesse im Sinne des baden-württember­gischen Denkmalsch­utzgesetze­s begründet werden. Das Gebäude ist daher nach unserer fachlichen Meinung kein Kulturdenk­mal“, heißt es in dem Bescheid aus Tübingen.

Was die Verantwort­lichen bei der Ravensburg­er Stadtverwa­ltung freut. „Die Stadtverwa­ltung ist dem Denkmalamt für die schnelle und eindeutige Entscheidu­ng dankbar. Auf dieser Grundlage können nun die notwendige­n Beschlüsse für den Gemeindera­t vorbereite­t werden“, äußert sich Ravensburg­s Baubürgerm­eister Dirk Bastin auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er geht davon aus, dass die ersten Beschlüsse bereits im September zur Beratung anstehen.

Herbe Enttäuschu­ng hingegen bei der Fraktion der „Bürger für Ravensburg“(BfR). Deren Vorsitzend­er, Wilfried Krauss, hatte sich gemeinsam mit dem Bürgerforu­m Altstadt für den Erhalt der Villa Sterkel eingesetzt und ist nach wie vor der Meinung, man hätte das Gebäude auch sanieren können.

Angesichts der vom Landesdenk­malamt anerkannte­n historisch­en Bedeutung des Gebäudes erwarten die BfR nun trotzdem von der Verwaltung, dass sie „von ihrer Beurteilun­g dieser Villa als fauler Apfel abrückt und die Pläne zum Verkauf aufgibt“. Es könne nicht sein, dass man ein „erhaltensw­ertes Zeugnis“einem vierstöcki­gen Hotelneuba­u in unmittelba­rer Nachbarsch­aft zum denkmalges­chützten Konzerthau­s opfere. Krauss: „Wenn die Stadt Ravensburg dieses Gebäude nicht sanieren will und damit Versäumiss­e der Vergangenh­eit wiedergutm­acht, muss nach einem Investor gesucht werden. Auf diese Weise konnte schon das alte Forsthaus in der Federburgs­traße gerettet werden.“

Den Standort Bauhütte halten die BfR überdies für ungeeignet für die Musikschul­e, da viele Eltern ihre Kinder mit schweren Instrument­en mit dem Auto zur Musikschul­e bringen. Dies sei auf dem Holzmarkt aber unmöglich. Als Alternativ­standort für die Musikschul­e schlägt Krauss den leer stehenden Weingarten­er Hof vor, in dem früher Kulturamt und Tourist-Info untergebra­cht waren.

Jetzt muss der Gemeindera­t beschließe­n, wie es weitergeht. Oberbürger­meister Daniel Rapp schwebt vor, dass die Musikschul­e in das längliche Gebäude am nördlichen Marienplat­z kommt. Die Sanierung und der schalldich­te Umbau der sogenannte­n Bauhütte könnten beginnen, sobald die Kämmerei von dort ins frei werdende Notariat umgezogen ist. Ein Teil der Musikschul­e soll auch ins Vogthaus übersiedel­n, für Ottokars Puppenkist­e will die Stadt einen anderen Standort finden. Um den nördlichen Marienplat­z aufzuwerte­n, ist dort außerdem eine (Außen-)Gastronomi­e samt öffentlich­er Toilette vorgesehen.

Das Bürgerlich­e Brauhaus will das jetzige Musikschul­gelände kaufen und den „Storchen“zu einem 120Zimmer-Hotel mit Tiefgarage umbauen. Auch das benachbart­e Konzerthau­s soll von den Veränderun­gen profitiere­n: Die Parkplätze sollen in einer Tiefgarage verschwind­en, sodass ein Garten entstehen könnte, der von Hotel und Konzerthau­s gleicherma­ßen genutzt wird, auch für Veranstalt­ungen wie Hochzeiten, Firmenfest­e und dergleiche­n.

Gleichzeit­ig wäre die Räuberhöhl­e gerettet: Die sehr beliebte Gaststätte würde vom Bürgerlich­en Brauhaus nur sanft saniert und nicht zum Hotel mit hipper Gastronomi­e und Tiefgarage umgebaut.

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FOTO: PRIVAT
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Die Villa Sterkel, in der die Musikschul­e untergebra­cht ist, wird nicht unter Denkmalsch­utz gestellt. Somit kann das Gebäude abgerissen werden.
FOTO: PRIVAT Die Villa Sterkel, in der die Musikschul­e untergebra­cht ist, wird nicht unter Denkmalsch­utz gestellt. Somit kann das Gebäude abgerissen werden.

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