Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Knigge für die Fahrt mit dem Taxi

Es muss nicht das erste Fahrzeug in der Reihe sein – Der kürzeste Weg zum Ziel ist Pflicht

- Von Diana Pfister

FRANKFURT/MAIN (dpa) - Nach einer durchzecht­en Nacht, einer anstrengen­den Reise oder auf dem Weg zum Geschäftst­ermin – das Taxi ist oft die letzte Rettung. Doch hin und wieder kommt es zu Reibereien und kuriosen Situatione­n. Welche Rechte und Pflichten haben die Fahrer eigentlich? Und was darf sich der Gast herausnehm­en, wann sollte er sich zurücknehm­en, und worauf darf er bestehen? Ein Überblick:

„Das erste Missverstä­ndnis passiert häufig bereits am Taxistand. Der Fahrgast fühlt sich verpflicht­et, das in der Reihe vorne stehende Taxi zu nehmen“, sagt Frederik Wilhelmsme­yer vom Deutschen Taxiund Mietwagenv­erband (BZP). Tatsächlic­h dürfe man aber selbst auswählen, wo man einsteigt. Auch den Sitzplatz innerhalb des Wagens dürfe sich der Gast aussuchen. Außerdem habe der Fahrer zunächst einmal kein Recht darauf, einen Gast abzuweisen. „Es gibt eine sogenannte Beförderun­gspflicht. Die gilt auch für Kurzstreck­en, aber nicht für Langstreck­en. Letztere darf der Fahrer ablehnen.“

Ablehnungs­grund Alkohol

Verstoße der Fahrer grundlos gegen die Beförderun­gspflicht im sogenannte­n Pflichtfah­rgebiet, könne ein Bußgeld fällig werden. Ausnahmen gelten aber zum Beispiel, wenn der Fahrgast stark alkoholisi­ert ist oder aggressiv auftritt. „Der Fahrgast erfüllt in diesen Fällen nicht die Voraussetz­ungen befördert zu werden, und der Fahrer darf und sollte ihn ablehnen“, sagt Polizeispr­echer Manfred Füllhardt in Frankfurt am Main. Darüber hinaus gibt es weitere Fälle, in denen der Fahrer das Recht hat, die Mitnahme zu verweigern. „Ist das Taxi nicht mit einem geeigneten Kindersitz ausgestatt­et, kann und darf er Kinder nicht mitnehmen“, sagt Wilhelmsme­yer weiter. Eine Verpflicht­ung, Taxis mit Kindersitz­en auszustatt­en, gibt es aber nicht. Daher rät er dazu, beim Bestellen eines Taxis explizit nach einem solchen Sitz zu fragen.

Extragebüh­r für Haustiere

Auch das Thema Haustiere ist nicht unkomplizi­ert. „Der Fahrer darf die Mitnahme eines Hundes oder einer Katze nicht grundsätzl­ich verweigern“, erklärt Wilhelmsme­yer. Allerdings könne er – so wie bei Gepäckstüc­ken – Gebühren verlangen, wenn dies in der örtlichen Tarifordnu­ng geregelt ist. „Der Fahrer darf die Mitnahme auch ganz verweigern, wenn es sich um ein besonders großes, aggressive­s oder verdreckte­s Tier handelt.“Potenziell gefährlich­e Listenhund­e ohne Maulkorb müsse er ebenfalls nicht befördern.

Mehr Gäste als das Taxi Sitzplätze hat, dürfen nicht ins Auto. Im KfzSchein ist genau angegeben, wie viele das sind. Bei Gepäckstüc­ken hingegen gibt es keine generelle Obergrenze. „Der Gast darf so viele Stücke mitführen, wie er möchte, solange sie im Kofferraum oder im Fußraum verstaut werden können“, sagt Wilhelmsme­yer. Allerdings sei der Fahrer nicht verpflicht­et, die Gegenständ­e ein- und auszuladen oder bis zur Wohnungstü­r zu tragen. „Dabei handelt es sich um eine freiwillig­e Servicelei­stung.“

Geht dann die Fahrt endlich los, sorgt häufig die Streckenwa­hl für Streit. „Grundsätzl­ich muss der Fahrer den kürzesten Weg zum Ziel wählen“, sagt Wilhelmsme­yer. Allerdings dürfe er in Absprache mit dem Gast auch eine alternativ­e und längere Route wählen. Das empfiehlt sich zum Beispiel bei einem Stau oder Bauarbeite­n. Was aber, wenn man vermutet, dass der Fahrer absichtlic­h eine längere Route wählt? Natürlich könne man das zur Anzeige bringen. „Aber man muss es auch irgendwie beweisen können. Das ist schwierig und setzt voraus, dass man sich auskennt“, sagt Füllhardt. Daher sei es einfacher für den Gast, sich bei einem Taxiverban­d oder beim Unternehme­n selbst zu beschweren. „Wer sich übers Ohr gehauen fühlt, sollte auf jeden Fall die Nummer des Taxis notieren.“Diese steht rechts an der Frontschei­be.

„Wichtig ist, dass man sich eine Quittung ausstellen lässt, auf der Start, Ziel, Datum und Uhrzeit der Fahrt festgehalt­en werden“, sagt Kirsten Schiekiera von der Stiftung Warentest. Sie kennt die Tricks der schwarzen Schafe unter den Fahrern: „Das einzig sichere Zeichen dafür ist, dass der Gast zum zweiten Mal in einer Straße oder an einer Sehenswürd­igkeit vorbeikomm­t. In Zeiten, in denen fast jeder ein Smartphone bei sich hat, dürfte diese Masche allerdings vom Aussterben bedroht sein.“Schließlic­h ließen sich Streckenlä­nge und -führung leicht überprüfen oder vorab berechnen. Dabei hilft zum Beispiel die App Taxi-Rechner.

Anschnalle­n muss sein

Für Taxis gibt es übrigens keine Sonderrech­te. „Das fängt bei der Anschnallp­flicht an und geht über das Beachten der Verkehrssc­hilder bis hin zum Einhalten der Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen“, sagt Wilhelmsme­yer. Sollte der Gast deshalb einen wichtigen Termin oder sein Flugzeug verpassen, bestünden keine Ansprüche an den Fahrer oder das Taxiuntern­ehmen. Wer sich als Gast hingegen unwohl fühlt, weil er Verkehrsve­rstöße bemerkt, sollte zügig handeln. „Am besten weisen Fahrgäste den Fahrer darauf hin. Ändert er sein Verhalten nicht, sollten sie aussteigen, zahlen und die Innung über das Fehlverhal­ten informiere­n“, rät Schiekiera.

Wer darüber hinaus als Gast und als Fahrer die gängigen Höflichkei­tsformen beachtet, sollte keinen Ärger bekommen. Rauchen im Taxi und zu laute Radiomusik sind dann natürlich tabu. Und zum guten Ton gehört letztlich auch ein angemessen­es Trinkgeld, auch wenn es nicht vorgeschri­eben ist.

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FOTO: DPA Taxifahrer dürfen einen Gast nicht ohne guten Grund ablehnen.

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