Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Landtag verursacht deutlich höhere Kosten

Neuregelun­gen verteuern das Parlament um fast eine halbe Million Euro pro Monat

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Der Landtag von Baden-Württember­g ist deutlich teurer geworden. Seit Mai bekommen die Parlamenta­rier mehr Geld für Sachkosten. Nach Informatio­n der Landtagsve­rwaltung nutzen zudem fast alle Abgeordnet­en die Möglichkei­t, mehr Geld für Mitarbeite­r abzurufen. Die Ausgaben des Parlaments haben sich dadurch im August im Vergleich zum April um fast eine halbe Million Euro erhöht.

Anfang Februar hatte das Landesparl­ament im Schnellver­fahren ein Bündel an Reformen beschlosse­n – darunter die Option für Abgeordnet­e, künftig die staatliche statt einer privaten Altersvors­orge zu wählen. Wegen einer Welle des Protests gegen diese Neuerung ruderten Grüne, CDU und SPD zurück. FDP und AfD hatten ohnehin dagegen gestimmt. Eine unabhängig­e Kommission will nun bis März kommenden Jahres Vorschläge zur Vorsorge für Abgeordnet­e erarbeiten. Die Kommission nimmt am 22. September ihre Arbeit auf.

Unveränder­t traten indes zum Mai die Reformen in Kraft, die auch die FDP mit unterstütz­t hatte. Statt 1548 Euro bekommen die Abgeordnet­en nun monatlich 2160 Euro als Pauschale für Bürokosten. Der höhere Betrag ist allerdings nicht für alle 143 Parlamenta­rier gleich. Abgeordnet­e, die als Minister oder Staatssekr­etäre der Regierung angehören, bekommen weniger. Dafür ist der Betrag für diejenigen höher, die im Landtag eine besondere Funktion haben – darunter die Fraktionsv­orsitzende­n und die Landtagspr­äsidentin. Laut Landtagsve­rwaltung ist die Kostenpaus­chale nun um rund 92 500 Euro pro Monat höher als vor der Reform.

Neben der Pauschale haben sich die Abgeordnet­en das Budget zur Beschäftig­ung von Mitarbeite­rn erhöht. Vor der Neuregelun­g stand ihnen hierfür bis zu 5409 Euro monatlich zur Verfügung. Seit Mai liegt der Maximalbet­rag bei 10 438 Euro. Dieses Geld bekommen die Abgeordnet­en jedoch nicht pauschal überwiesen. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung erstattet nur die tatsächlic­hen Kosten für Mitarbeite­r sowie für Dienstleis­tungen von außen, die der Abgeordnet­e für seine Arbeit in Anspruch genommen hat.

Welche Abgeordnet­en welcher Fraktionen das zusätzlich­e Budget besonders stark nutzen, kann die Landtagsve­rwaltung nicht sagen. Derlei statistisc­he Auswertung­en gebe es nicht, erklärt eine Sprecherin. Eine solche Auswertung bedeute einen „extrem hohen Verwaltung­saufwand“, den das Personal der Landtagsve­rwaltung nicht leisten könne. „Allgemein lässt sich aber feststelle­n, dass nahezu alle Abgeordnet­en von sämtlichen im Landtag vertretene­n Fraktionen das erhöhte Budget zumindest teilweise in Anspruch nehmen“, so die Sprecherin. Im Schnitt beschäftig­te jeder Abgeordnet­e vor Mai 2017 drei Mitarbeite­r, nun sind es vier, Tendenz steigend.

Maximalbet­rag nicht ausgeschöp­ft

In Zahlen bedeutet das: Im April, also im Monat vor der Neuregelun­g, summierten sich die Bruttokost­en für die Mitarbeite­r der Abgeordnet­en auf rund 715 000 Euro. Im August lag der Betrag bereits bei 1,053 Millionen Euro. Die Kosten haben sich also um rund 47 Prozent erhöht – Tendenz voraussich­tlich steigend. Denn viele Abgeordnet­e haben den Maximalbet­rag längst noch nicht ausgeschöp­ft. Inklusive Arbeitgebe­ranteil an den Sozialabga­ben stehen 865 000 Euro im April rund 1,26 Millionen Euro im August gegenüber. Durch die beiden Neuerungen – die Kostenpaus­chale für Mitarbeite­r und die Sachkosten­pauschale – hat der Landtag also im August 487 500 Euro höhere Kosten verursacht als im April.

Der Bund der Steuerzahl­er hatte die geplanten Kostenstei­gerungen vorab kritisiert. Auch der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) hatte darauf gepocht, dass nicht nur die Altersvors­orge der Abgeordnet­en, sondern auch deren erhöhte Pauschalen auf den Prüfstand kommen. „Ziel muss eine ernsthafte Prüfung des gesamten Paketes und eine Korrektur der Altersvers­orgung sein“, hatte der DGB-Landesvors­itzende Martin Kunzmann gesagt.

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FOTO: DPA Die Landtagsab­geordneten dürfen neuerdings mehr Geld für Mitarbeite­r ausgeben – und sie machen davon auch Gebrauch.

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