Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Beim Einsteigen in den Zug ist Klettern angesagt

Nonnenhorn­s Bürgermeis­ter Krauß ist frustiert: Bahnsteig wird frühestens in zwei Jahren erhöht

- Von Evi Eck-Gedler

NONNENHORN - Seit neun Jahren kämpft Rainer Krauß um einen deutlich höheren Bahnsteig in seiner Gemeinde. Denn je nach Zugart beträgt der Abstand von der Bahnsteigk­ante in den Waggon bis zu einem halben Meter – für ältere Bahnreisen­de oder Familien mit Kinderwage­n einfach zu hoch. Doch der Nonnenhorn­er Bürgermeis­ter ist frustriert: Es ändert sich einfach nichts. Trotz vieler Brief und E-Mails, trotz Ortstermin­en mit DB-Vertretern am Nonnenhorn­er Bahnhof. Und die jüngste Auskunft ist mehr als ernüchtern­d: Die Reise mit der Bahn wird für Bürger und Gäste mindestens bis Ende 2019 mit einer Kletterpar­tie beginnen.

Als der bahnpoliti­sche Sprecher der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel, im August seinen Urlaub in der Seegemeind­e Nonnenhorn verbracht hat, traute er seinen Augen kaum: Eine ältere Frau hatte sich extra einen kleinen Schemel mitgenomme­n, damit sie am Bahnhof Nonnenhorn in den Zug steigen konnte. Denn ansonsten wäre der Abstand von der Bahnsteigk­ante bis zu ersten Stufe der Waggontür einfach zu hoch für sie gewesen. „Das kann doch nicht wahr sein“, hatte Gastel diesen Zustand seinerzeit kopfschütt­elnd kommentier­t.

Und doch ist das für Bahnreisen­de in Nonnenhorn seit Jahren Alltag. „Seit meiner Wahl im Jahr 2008 bin ich an dem Thema dran“, schildert Bürgermeis­ter Rainer Krauß im Gespräch mit der LZ. Vielfach habe er mit unterschie­dlichen Vertretern der Bahn verhandelt: Er wollte zumindest ein Provisoriu­m erreichen, bis nach dem Bau des neuen elektronis­chen Stellwerks die endgültige­n Arbeiten im Nonnenhorn­er Bahnhof anstehen. Doch fast immer bekommt Krauß letztlich einen Satz zu hören: „Das geht net.“Vor fünf Jahren hatte sich für den Nonnenhorn­er Bürgermeis­ter ein Lichtblick gezeigt: Damals war auf Vermittlun­g des Lindauer Landtagsab­geordneten Eberhard Rotter der oberste Ansprechpa­rtner der DB Station&Service AG zu Besuch in Nonnenhorn gewesen, hatte sich die Situation am Bahnhof angesehen und nach Krauß’ Worten „ein Provisoriu­m für denkbar“gehalten.

Das Problem: Einen Bahnsteig wie in Nonnenhorn „dürfte es heute gar nicht mehr geben“, wie Krauß jetzt im Gespräch mit der LZ sagt. Wobei der besagte zu niedrige Bahnsteig Bestandssc­hutz habe. Was die Idee einer provisoris­chen Erhöhung aber nicht leichter mache. Zwei Monate nach dem damaligen Ortstermin habe die DB der Gemeinde mitgeteilt, dass statt eines Provisoriu­ms doch gleich die Bahnhofsar­beiten starten würden – und ein weitgehend barrierefr­eier Zugang zu den Zügen dann voraussich­tlich Ende 2015 oder Anfang 2016 möglich sei.

Doch bis heute hat sich nichts geändert. Den jetzigen Zustand müssen die Nonnenhorn­er noch mindestens zwei Jahre lang weiter ertragen: Nach der jüngsten Auskunft, die Krauß vor kurzem von der Bahn erhalten hat, wird der Bahnsteig frühestens nach der Fertigstel­lung des elektronis­chen Stellwerks Ende 2019 erhöht – „als Zeitpunkt einer möglichen Fertigstel­lung wurde uns jetzt das Frühjahr 2020 in Aussicht gestellt“, was Krauß mehr als frustriert.

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ARCHIVFOTO: PHILIPP Alltag am Bahnhof Nonnenhorn: Wer dort in einen Doppelstoc­kzug einsteigen will, muss schon sehr gelenkig sein.

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