Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kaufland nimmt einen neuen Anlauf

Unternehme­n stellt erneute Bauvoranfr­age – Stadt Wangen setzt jetzt auf Bebauungsp­lan

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Nächste Runde im Kaufland-Streit: Der Einzelhand­elskonzern hat eine neue Bauvoranfr­age bei der Stadt eingereich­t und darin die Verkaufsfl­äche eines geplanten Marktes am Wangener Bahndamm um zehn Prozent reduziert. Entspreche­nde Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigte das Unternehme­n. Auch, dass das neuerliche Baugesuch bereits im August abgegeben wurde – und damit offenbar vor der jüngsten Verhandlun­g vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH).

Kaufland begründet seinen erneuten Anlauf mit folgenden Worten: „Wangen ist aufgrund seiner Größe und Bedeutung für die Ansiedlung von Kaufland interessan­t. Es gibt eine große Nachfrage nach einer guten und modernen Einkaufsmö­glichkeit mit attraktive­m Lebensmitt­elsortimen­t und Frischepro­dukten.“Diese wolle man den Wangenern „vor Ort in ihrer Nähe“bieten. Entspreche­nden Bedarf schätzt der Konzern positiv ein. Immer wieder erreichten das Unternehme­n Anfragen von Bürgern: „Wann kommt Kaufland nach Wangen?“

Weniger Verkaufsfl­äche geplant

Konkret erklärt Kaufland zum aktuellen Baugesuch: Die avisierte Verkaufsfl­äche innerhalb des Marktes soll um zehn Prozent unter der bisher angestrebt­en liegen. Bis dato war hierbei immer von rund 3000 Quadratmet­ern die Rede, jetzt wären es demnach 2700. Überdies will der Konzern die Flächenkap­azitäten für die meist innerhalb der KauflandGe­bäude mit angesiedel­ten, zusätzlich­en Ladenlokal­e um 60 Prozent kleiner fassen.

Ungeachtet zweier juristisch­er Niederlage­n vor dem Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n im Jahr 2015 und jüngst in der Berufung vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of widerspric­ht das Unternehme­n nach wie vor der städtische­n Argumentat­ion, ein Kauflandma­rkt auf dem Gelände zwischen Zeppelinst­raße, Ravensburg­er Straße, Bahnlinie und Gemeinscha­ftsunterkü­nften schade dem innerstädt­ischen Einzelhand­el. „Wir sind davon überzeugt, dass die Stadt Wangen von einer KauflandAn­siedlung profitiert. Aufgrund unserer Erfahrunge­n und der bekannten Einzelhand­elsanalyse­n wissen wir, dass noch mehr Wangener in Wangen einkaufen würden, wenn Kaufland sich dort ansiedelt.“Zudem argumentie­rt Kaufland mit gestalteri­schen Gesichtspu­nkten: „Außerdem würde die Brachfläch­e an einer stark frequentie­rten Hauptstraß­e durch ein baulich attraktive­s Gebäude aufgewerte­t.“

Die Stadt will in dem seit fünf Jahren andauernde­n Streit ebenfalls nicht nachgeben. Laut Oberbürger­meister Michael Lang werde die Bauvoranfr­age in der Verwaltung bearbeitet. Dafür seien zuvor allerdings weitere, „ergänzende Unterlagen“nötig. Diese habe die Stadt bei Kaufland angeforder­t.

Konkret besteht die Stadt unter anderem auf einem neuen Gutachten, das auf der reduzierte­n Verkaufsfl­äche basiert. In diesem müsse Kaufland die aus seiner Sicht möglichen Auswirkung­en auf den zentralen Einzelhand­el nochmals darlegen. Außerdem baut die Stadt auf den in den vergangene­n Jahren erarbeitet­en und jetzt beschlussr­eifen Bebauungsp­lan „Zeppelinst­raße“. Der Rathausche­f kündigt an, dass der Plan im Herbst dem Gemeindera­t zur Entscheidu­ng vorgelegt werden soll. Lang lässt zudem durchblick­en, dass es – angesichts der aus Sicht der Stadt fehlenden Unterlagen – vorher nichts mit einer Prüfung und Entscheidu­ng über die Bauvoranfr­age werden dürfte. Und mit dem angepeilte­n Satzungsbe­schluss zum Bebauungsp­lan gebe es nach städtische­r Lesart eine neue Rechtsgrun­dlage. Diese schlösse, gemäß der Inhalte des Bebauungsp­lans, großflächi­gen Einzelhand­el in dem Bereich aus.

Dass der seit Jahren vorbereite­te Bebauungsp­lan Zeppelinst­raße erst jetzt – nach den beiden Prozessen – beschlosse­n werden soll, begründet der Rathausche­f mit zwei Aspekten: „Das war auch ein Stück weit Fairplay unserersei­ts gegenüber Kaufland.“Und: Obwohl man stets sicher gewesen sei, rechtlich richtig zu liegen, wollte die Stadt das mögliche Risiko von Schadeners­atzforderu­ngen des Konzerns ausschließ­en. Diese Gefahr hätte laut Lang bestanden, wenn der Bebauungsp­lan während der laufenden Prozesse Rechtskraf­t erlangt und der Konzern anschließe­nd den Rechtsstre­it gewonnen hätte – aber wegen des Bebauungsp­lans doch nicht hätte bauen dürfen.

Kaufland begründet seinen aktuellen Vorstoß rechtlich mit dem Paragrafen 34 des Baugesetzb­uchs – und stützt sich damit genau auf jenen Passus, mit dem die Stadt juristisch zweimal erfolgreic­h war. Er behandelt die „Zulässigke­it von Vorhaben innerhalb der im Zusammenha­ng bebauten Ortsteile“. Konkret heißt es in Absatz 3: „Von Vorhaben (...) dürfen keine schädliche­n Auswirkung­en auf zentrale Versorgung­sbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.“

Kaufland beruft sich auf Baugesetz

Dass sie dies im Fall Kaufland doch sind, bestätigte­n sowohl Sigmaringe­r als auch Mannheimer Richter. Jetzt sagt das Unternehme­n: „Durch die Reduzierun­g der Verkaufsfl­ächen sehen wir in jedem Fall auch die Bedingunge­n des § 34 Abs. 3 BauGB als erfüllt an.“Zumal das Sortiment „in Breite und Tiefe“angepasst werde.

OB Lang glaubt indes, dass der Paragraf 34 bei der weiteren Auseinande­rsetzung nicht weiter wesentlich sei: Er käme nur zum Zuge, wenn es keinen Bebauungsp­lan gebe. Aber genau diesen will die Stadt jetzt unter Dach und Fach bringen. Ungeachtet der neuen Wendung in dem Dauerstrei­t, bliebe Kaufland noch der Weg der Nichtzulas­sungsbesch­werde gegen das jüngste Urteil des Verwaltung­sgerichtsh­ofs Mannheim. Im Kern müsste diese formaljuri­stisch begründet werden. Ob das Unternehme­n dieses Rechtsmitt­el einlegen will, ließ es auf SZ-Anfrage unbeantwor­tet.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Das Interesse bleibt: Der Einzelhand­elskonzern Kaufland hat eine neue Voranfrage für den Bau eines Marktes in Wangen gestellt.

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