Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Unachtsamkeit führt zur Katastrophe
Tödlicher Verkehrsunfall bei Oberteuringen wird vor dem Amtsgericht Überlingen aufgerollt
OBERTEURINGEN (sle) - Der Schock sitzt immer n-och tief bei allen Beteiligten. Ein dreiviertel Jahr nachdem bei einem Unfall bei Oberteuringen ein 19-jähriger Ravensburger ums Leben kam, flossen im Gerichtssaal in Überlingen immer wieder Tränen. Amtsrichter Alexander von Kennel sprach am Ende ein mildes Urteil.
„Das ist eines dieser Verfahren, die wir fürchten“, sagte der Vertreter der Anklage und fand damit treffende Worte für die Stimmungslage im Gerichtssaal, die sehr vom Mitgefühl für den Vater des Opfers, aber auch für den Angeklagten, der ebenfalls aus Ravensburg kommt, geprägt war.
Es war wohl eine kleine Unachtsamkeit auf dem Heimweg nach einem Kneipenabend, die in der Katastrophe endete. Der Angeklagte, der drei Monate zuvor 18 geworden war, hatte sich in dieser Nacht vom 26. auf den 27. Dezember 2016 bereit erklärt mit seinem Auto von der Kneipe nach Hause zu fahren. Eigenen Angaben zufolge trank er Limo und Wasser. Ein Alkohol- und Drogentest nach dem Unfall war negativ.
Mit seinem besten Freund machte er sich am frühen Morgen auf den Heimweg. Vermutlich weil er kurz nicht aufpasste, soll er auf der Landstraße zwischen Fuchstobel und Oberteuringen mit dem rechten Vorderrad circa eine Hand breit ins Bankett geraten sein. Daraufhin lenkte er so stark gegen, dass das Auto ins Schleudern geriet und auf einer Wiese mit der rechten Seite gegen einen Baum prallte. Das ergaben die Ermittlungen des Verkehrsdienstes Kisslegg, die die Spuren Unfallort auswerteten. Der Angeklagte selbst konnte sich nur noch an eine kurze Sequenz erinnern, die jedoch keinen Aufschluss über die Unfallursache gab.
Er selbst erlitt eine Gehirnerschütterung und eine Lungenquetschung. Der Beifahrer starb in dem stark deformierten Autowrack. „Zwischen einem Blechschaden und dem Tod eines Menschen, zwischen einer Ordnungswidrigkeit und fahrlässiger Tötung liegt oft nur ein Wimpernschlag“, sagte der Staatsanwalt, der klarmachte, dass man dem Angeklagten keinen Vorsatz vorwerfen könne.
Dem Vater des Opfers gehe es darum, zu erfahren, was in dieser Nacht passiert sei, erklärte dessen Anwalt als Vertreter der Nebenklage. Mit Hilfe von Fotos vom Unfallort und gezielten Fragen versuchte er herauszufinden, ob neben Übermüdung möglicherweise auch die Benutzung eines Handys oder womöglich ein illegales Autorennen zu dem Unfall geführt haben könnten. Jedoch ohne Ergebnis. Dem Angeklagten ging das erneute Durchleben des Unfalls sichtlich nahe und er brach immer wieder in Tränen aus. In seinem letzten Wort sagte der Angeklagte, dass es ihm leidtue, konnte jedoch den Vater seines Freundes nicht anschauen.
„Wir haben gesehen, wie er hier sitzt. Er wird sein Leben lang unter den psychischen Folgen leiden“, sagte Richter von Kennel und riet dem Angeklagten psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Jugendgerichtshilfe bescheinigte dem jungen Mann, der eine Ausbildung macht und bei seinen Eltern wohnt, dass er einem Jugendlichen näher sei, als einem Erwachsenen. Richter von Kennel folgte dieser Einschätzung und legte seinem Urteil deshalb das Jugendstrafrecht zugrunde.
Der Angeklagte habe sich der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht. Da es sich um einen kleinen Fehler mit umso furchtbareren Folgen gehandelt habe, sehe er ein Vergehen am unteren Ende der Fahrlässigkeit. Neben einer „Verwarnung mit dem richterlichen Zeigefinger“, verurteilte er den Auszubildenden zu einer Geldauflage von 1000 Euro an die Verkehrswacht Ravensburg. Außerdem machte er ein Fahrsicherheitstraining, zu dem sich der Angeklagte schon im Vorfeld angemeldet hatte, zur Auflage. Er muss zudem seine eigenen und die Kosten des Nebenklägers tragen. Da alle Seiten auf Rechtsmittel verzichteten, ist das Urteil rechtskräftig.