Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Pariser Postkartenidylle
Mit ihrem Charme will die Stadt der Liebe bei den Olympischen Spielen 2024 punkten
PARIS - Die Spitze des Eiffelturms hing in den Wolken, als der stellvertretende Bürgermeister am Mittwochabend um kurz vor acht das durchnässte weiße Tuch von den olympischen Ringen zog. Der Regen vermasselte Bruno Juillard den historischen Moment, auf den seine Stadt 100 Jahre lang gewartet hatte: Paris ist 2024 Austragungsort der Olympischen Spiele. „Das ist ein historischer Sieg für unser Land“, erklärte die Stadtverwaltung, nachdem das Olympische Komitee seine Entscheidung bekannt gegeben hatte. Wirklich gewonnen hat Paris die Spiele allerdings nicht. Nach dem Rückzug von Hamburg, Budapest und Rom akzeptierte der einzige Rivale Los Angeles einen Deal, der ihm das Spektakel 2028 garantierte.
Dennoch war die Freude in der Hauptstadt groß. 83 Prozent der Franzosen halten den Zuschlag zu den „Jeux“für eine gute Nachricht. „Frankreich wird die olympischen Werte von Solidarität, Freundschaft und Respekt stolz vertreten“, erklärte Präsident Emmanuel Macron, der im Juli extra nach Lausanne gereist war, um beim Internationalen Olympischen Komitee für Paris zu werben. Dreimal war die Stadt bei der Vergabe leer ausgegangen – zuletzt 2005, als sie gegen den Dauerrivalen London verlor. Eine Niederlage, die Bürgermeisterin Anne Hidalgo lange davon abhielt, es noch mal zu versuchen. Umso glücklicher war die Sozialistin dann über die Entscheidung, die sie live in Lima mitverfolgte. „Ich bin sehr stolz und sehr gerührt, die Spiele nach Paris zu bringen“, sagte sie in ihrer kurzen Ansprache.
Fast elf Milliarden Euro soll Olympia in die französischen Kassen spülen. Mit 15 bis 20 Millionen Touristen rechnet die Reisebranche. „Was gibt es für eine bessere Werbung für das Reiseland Frankreich als dieses Weltereignis?“, freute sich der Tourismusverband. „Die Magie von Paris wird den Spielen dienen. Sie wird außergewöhnliche, zauberhafte Bilder liefern“, sagte der Sportdirektor von Paris 2024, Jean-Philippe Gatien. In der Tat dürften die Touristenattraktionen eine Postkartenkulisse für die Wettkämpfe abgeben. So sollen die Beachvolleyballer auf dem Marsfeld vor dem Eiffelturm spielen und die Turmspringer vom Pont Alexandre III in die Seine springen. Die Fechtwettkämpfe sollen im monumentalen Grand Palais stattfinden, das Bogenschießen am Invalidendom. Für die Reiter ist der Park von Versailles reserviert.
95 Prozent der Sportstätten stehen den Veranstaltern zufolge bereits – nur ein Schwimmstadion und das olympische Dorf fehlen, die beide in die Problemvorstadt Saint-Denis kommen sollen. Bei den Bauarbeiten sollen Mittelständler aus Saint-Denis, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist, bevorzugt werden. Mit bis zu 250 000 Arbeitsplätzen rechnen Experten rund um Olympia. „Wir hoffen vor allem auf Vorteile, was unser Image angeht“, sagte der Vorsitzende des Kreisrates von Saint-Denis, Stéphane Troussel. Saint-Denis ist für seine hohe Kriminalitätsrate bekannt.
Die Sicherheit ist nach den Anschlägen von Paris und Nizza auch die Hauptsorge der Veranstalter. 49 000 Polizisten sind derzeit für das Ereignis eingeplant, doch die Terrorbedrohung in sieben Jahren ist heute schwer abzuschätzen. Die Sicherheitsmaßnahmen könnten deshalb auch die Kosten nach oben treiben, die die Stadtverwaltung derzeit mit 6,6 Milliarden Euro kalkuliert. Der Blick nach Rio oder Athen lehrt allerdings, dass solche Zahlen oft um ein Vielfaches überschritten werden.
Ban Ki-moon (73) ist neuer Vorsitzender der IOC-Ethikkommission. Der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen wurde von der Vollversammlung in Lima gewählt. Als weitere Mitglieder wurden die IOC-Athletensprecherin Angela Ruggiero (USA), Juristin Xue Hangin (China), der frühere Schweizer Bundesrat Samuel Schmid (Schweiz) und Mediziner und IOC-Mitglied Robin Mitchell (Fidschi) gewählt