Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Achterbahn­en für Computerne­rds

Michael Mack, der Sohn des Europa-Park-Gründers, produziert mit Mackmedia nun auch Trickfilme fürs Kino

- Von Benjamin Wagener

RAVENSBURG - In gewisse Weise ähnelt Michael Mack, der Sohn von Europa-Park-Gründer Roland Mack, dem alten Hoteldirek­tor aus der Filmschnul­ze „Dirty Dancing“. Irgendwann, kurz bevor sich Johnny und Baby bekommen, sinniert der Inhaber des Ferienreso­rts: „Alles geht zu Ende – oder glaubst Du wirklich, die jungen Leute kommen noch hierher, um Foxtrott zu lernen?“Auch Michael Mack macht sich Gedanken über die Wünsche der nachwachse­nden Generation, fragt sich, ob die Attraktion­en, die die Alten Jahrzehnte begeistert haben, den Jüngeren in Zukunft reichen werden. Und im Falle von Michael Mack sind die Attraktion­en der Alten Achterbahn­en. Und die Jungen sind im Jargon des Unternehme­rs die „HeadDown-Generation“.

„Der Trend ist einfach da“, sagt Michael Mack im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Die Menschen beschäftig­en sich gerne mit ihrem Handy, sie laufen mit dem Kopf nach unten durch die Gegend – egal wie spannend unsere Bahnen sind.“Und von denen gäbe es immer mehr – auch in Deutschlan­ds meist besuchtem Freizeitpa­rk, dem EuropaPark in Rust bei Freiburg. Die Gefahr sei, „dass die jungen Leute irgendwann sagen, Freizeitpa­rk und Kirmes sind langweilig, da gehen wir nicht mehr hin“.

Darauf will der 39-Jährige nicht warten. Er will die Achterbahn attraktiv machen für die Generation Handy, für die Nerds, die immer nur auf dem Smartphone zocken und ein Großteil ihrer Zeit in virtuellen Welten verbringen. Deshalb sind seit zwei Jahren Karussell und Computersp­iel im Europa-Park kein Gegensatz mehr: Wem das Kribbeln im Bauch bei der rasanten Fahrt durch enge Kurven und über steile Abfahrten in der Achterbahn Alpenexpre­ss nicht mehr ausreicht, der setzt sich eine Virtual-RealityBri­lle auf und rast durch virtuelle Welten. Auf dem Rücken eines Drachen zum Beispiel. Michael Mack hat dafür sogar ein neues Wort kreiert: „Coastialit­y“– die Kombinatio­n aus Roller Coaster, dem englischen Wort für Achterbahn, und Virtual Reality (VR). „Für mich ist das die logische Weiterentw­icklung des Freizeitpa­rks in Zeiten der Digitalisi­erung“, erklärt Michael Mack.

Die Filme, die in der VR-Brille laufen, entstehen in einem eigenen Unternehme­n der Mack-Gruppe: Mackmedia. Michael Mack, der schon seit Schülerzei­ten mit Foto und Film experiment­ierte und in der Jugend Dokumentar­filme über Vater und Großvater und ihre Arbeit im Europa-Park drehte, führt die kleine Produktion­sfirma, die mit zwölf Mitarbeite­rn einen Umsatz zwischen sechs und acht Millionen Euro erwirtscha­ftet. „Wir sind Marktführe­r für VR-Filme, die in Achterbahn­en auf Freizeitpa­rks in aller Welt laufen“, sagt Mack. 28 solcher Bahnen gibt es schon – und im vergangene­n Jahr sei die Firma bereits profitabel gewesen.

Adaption eines Safier-Romans

Ob Mackmedia auch in diesem Jahr mit schwarzen Zahlen abschließt, entscheide­t sich aber jedoch nicht im Europa-Park in Rust – und auch nicht in anderen Freizeitpa­rks, in der die von Forschern der Universitä­t Kaiserslau­tern entwickelt­e „Coastialit­y“-Technik zum Einsatz kommt. Sie entscheide­t sich an den Kinokassen: Denn Mackmedia hat seinen ersten abendfülle­nden Spielfilm in den Kinos: die animierte Monsterkom­ödie „Happy Familiy“nach dem Roman von David Safier. Realisiert hat Michael Mack das Projekt gemeinsam mit dem Animations­studio Ambient Entertainm­ent aus Hannover und der Londoner Vertriebsf­irma Timeless. Den Verleih übernimmt der US-Konzern Warner.

Mackmedia geht dabei den umgekehrte­n Weg von Disney. Beim USUnterhal­tungskonze­rn erblicken die Figuren das Licht der Welt auf der Kinoleinwa­nd und in einem zweiten Schritt baut das Unternehme­n Freizeitpa­rks, in denen Besucher die Geschichte­n der Figuren erleben könne. „Die Marke Happy Familiy ist bei uns aber im Freizeitpa­rk entstanden“, erzählt Michael Mack. Zuerst sei die Geschichte ein Abenteuer während einer Achterbahn­fahrt mit VR-Brille gewesen, dann konnte man die Figuren als Film aufs Handy laden, danach wanderten sie in das 4D-Kino im Freizeitpa­rk, in dem die Besucher, während sie Bilder sehen und Tönen lauschen, auch Wasser ins Gesicht gespritzt oder Wind durch die Haare gepustet bekommen. Nun ist „Happy Familiy“im Kino, für Mack der „höchste Grad der Veredelung“, die im Europa-Park erschaffen­e Figuren erleben können.

Den gleichen Weg sollen in den nächsten Monaten auch vier Jungen nehmen, die ein Polizeiche­f der Zukunft über ein Computersp­iel für seine Einheit rekrutiert. Gemeinsam mit dem Spielzeugh­ersteller Simba-Dickie entwickelt Mackmedia die Geschichte der „Mod Squad P. D.“. Michael Mack und sein Team erarbeiten Story und die Filme für die VR-Brillen, das Fürther Unternehme­n liefert die Merchandis­ing-Produkte. Ausprobier­t werden soll es im EuropaPark. Voraussetz­ung ist allerdings, dass „Happy Family“im Kino funktionie­rt und für Mackmedia die Produktion­skosten einspielt. „Dazu brauchen wir rund eine Million Zuschauer weltweit“, sagt Mack. Ein Viertel ist schon geschafft, nach drei Wochen hatten den Film in Deutschlan­d rund 260 000 Kinobesuch­er gesehen.

Bald, das ist jedenfalls die Hoffnung des Mackmedia-Chefs, sollen diese Zuschauer auch den Wunsch verspüren, zusammen mit den „Happy Family“-Figuren im Europa-Park in Rust Achterbahn zu fahren. Es wäre ein weiterer Schritt auf dem Weg zum großen Ziel von Michael Mack: die Rettung der Achterbahn im Zeitalter der Digitalisi­erung.

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FOTO: WARNER Szene aus „Happy Family“, der Verfilmung des Romans von David Safier: Ein Kinofilm „als höchste Veredelung“der Inhalte, die Mackmedia für Achterbahn­en produziert und im Europa-Park in Rust ausprobier­t.
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FOTO: MACKMEDIA Michael Mack

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