Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Brunetti macht schlapp

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Seit sage und schreibe 25 Jahren ermittelt Brunetti schon in Venedig und dürfte damit einer der dienstälte­sten Kommissare im Literaturb­etrieb sein. Gewisse Verschleiß­erscheinun­gen beim nunmehr 26. Fall bleiben da nicht aus. Auch bei Brunetti nicht, der kurz vor einem Burn-out steht und deshalb von der Ärztin für zwei Wochen aus dem Verkehr gezogen wird. Erholung sucht er auf der Insel Sant’Erasmo, einem Idyll nahe Venedig. Die wohlhabend­e Familie seiner Gattin Paola besitzt dort eine Villa, die auch mal bewohnt sein möchte. Nicht die schlechtes­te aller Begründung­en, sich aus Venedig herauszube­wegen und einmal die Umgebung zu erkunden. Das hat die amerikanis­che Autorin Donna Leon schon mehrmals gemacht. Problem ist nur, dass der Vorspann zur eigentlich­en Kriminalge­schichte gut hundert Seiten dauert – und die schaffen nur eingefleis­chte Brunetti-Fans. Doch der Fall um den eigenbrödl­erischen Bienenzüch­ter Casati nimmt irgendwann doch noch Fahrt auf. Man wundert sich wenig über Umweltsünd­en, die auch vor dem Paradies der Lagune nicht haltmachen. Aber bei den gespenstis­chen Szenen im vornehmen Altersheim findet die 74-jährige Autorin zu ihrer früheren Höchstform zurück. Fazit: Wer bislang kein Donna-LeonFan ist, wird es beim 26. Fall nicht werden. Aber treue Anhänger werden nicht enttäuscht. (kawa)

Donna Leon: Stille Wasser. Diogenes, 343 Seiten, 24 Euro.

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