Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Politik ist, wenn man trotzdem lacht

- Von Bernd Adler

„Unsere Feinde sind innovativ und erfinderis­ch, genau wie wir. Sie denken ständig über neue Wege nach, wie sie unserem Volk schaden können, genau wie wir.” Dieser Spruch, George W. Bush zugeschrie­ben, ist nur ein Beispiel dafür, dass nicht nur Journalist­en mitunter Mist schreiben, sondern auch Politiker des Öfteren Stuss verzapfen. Aber das ist menschlich und kein Problem. Probleme sind ohnehin nur dornige Chancen. Und ganz abgesehen davon: Seien wir doch froh, wenn Politiker klare Kante zeigen, anstatt sich nur in Allgemeinp­lätzen zu verschwurb­eln.

Immer für klare Aussagen bekannt ist ja auch unsere Kanzlerin. „Ich zerstampfe die Kartoffeln selbst mit einem Kartoffels­tampfer und nicht mit der Püriermasc­hine“, verriet Angela Merkel Anfang des Monats der „Bunten“. Das ist kein Mumpitz, sondern das freiwillig­e Lüften des Merkelsche­n Kartoffels­uppengehei­mnisses. Die Erdknolle mit Würstchen und Wasser, wir wissen es alle, ist bekanntlic­h Muttis Leibgerich­t.

Warum ist das alles bemerkensw­ert? Weil es nur noch wenige Tage sind bis zur Bundestags­wahl. Gott sei Dank. Denn was ging nicht alles schief in diesem Wahlkampf. In Heidelberg hängte die CDU versehentl­ich SPD-Plakate auf, Martin Schulz gewann das TV-Duell mit Merkel laut SPD-Mitteilung schon vor Beginn, und Alice Weidel (AfD) überrascht­e mit der herzerwärm­enden Toleranz, privat eine Asylbewerb­erin für sich putzen zu lassen – die war natürlich schwarz.

42 Parteien treten bei der Bundestags­wahl an. Viele der über 60 Millionen Wahlberech­tigten sind daher mit ihrer Entscheidu­ng überforder­t, wie es heißt. Der Berliner Politiker Nico Semsrott rät daher: „Wenn es dir egal ist, wer im Bundestag sitzt, wäre es dann nicht schön, von jemandem vertreten zu werden, dem es egal ist, dass er im Bundestag sitzt?“

Wen also wählen? Was mit Erstund Zweitstimm­e anfangen? Eine Lösung, die den aufrechten Demokraten erschütter­t, ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage, bei der ein Berliner Institut wissen wollte, ob Menschen bereit wären, ihr Stimmrecht für Geld zu verkaufen. Fast jeder zweite Mann in Deutschlan­d wäre demnach dazu bereit, sofern die Kohle stimmt. Zwei Drittel der Frauen lehnen das hingegen ab, es sei denn, es gibt dafür Einkaufsgu­tscheine. Fast jeder fünfte Befragte würde schon für 100 Euro seine Wählerstim­me verscheuer­n, die Hälfte hätte gern 2000 Euro, am liebsten in kleinen, nicht nummeriert­en Scheinen.

So weit ist es also mit der Demokratie gekommen! Die einen wählen nicht, die anderen wissen nicht, wen sie wählen sollen, die nächsten würden am liebsten ihre Stimme verkaufen, anstatt sie ohne finanziell­e Gegenleist­ung einfach abzugeben. Dabei ist Wählen wichtig. Also, wählen Sie am 24. September! Nicht dass am Ende oben zitierter George W. Bush recht behält mit seiner messerscha­rfen Analyse: „Ein niedriges Wahlergebn­is ist ein Zeichen dafür, dass weniger Leute zur Wahl gehen.“

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