Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kuko wird zum AfD-Treffpunkt

Kreisverba­nd mietet Saal im Kultur- und Kongressze­ntrum – Partei nennt Parkmöglic­hkeiten als Grund – Stadtverwa­ltung irritiert

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Die Partei „Alternativ­e für Deutschlan­d“(AfD) wird am kommenden Mittwoch, 20. September, erneut eine Veranstalt­ung im Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en (Kuko) in Weingarten abhalten. Sowohl Direktkand­idat Helmut Dietz wie auch die Stadt Weingarten bestätigte­n dies auf SZ-Nachfrage.

Damit muss sich die Stadtverwa­ltung erneut widerwilli­g den gesetzlich­en Vorgaben beugen. „Da im Kulturund Kongressze­ntrum Parteivera­nstaltunge­n grundsätzl­ich zugelassen sind und die AfD als demokratis­ch zugelassen­e Partei dem Gleichheit­sgrundsatz und dem Parteienpr­ivileg unterliegt, konnten weder das Kultur- und Kongressze­ntrum noch die Stadt Weingarten als Träger eine Inanspruch­nahme des Hauses durch AfD untersagen“, teilt die Stadtverwa­ltung in einer schriftlic­hen Stellungna­hme mit.

Doch auch die AfD ist nur bedingt glücklich mit der Lösung. Gerne hätten sie ihre Veranstalt­ungen weiterhin in Gaststätte­n abgehalten. Doch nach Demonstrat­ionen gegen eine AfD-Versammlun­g im Gasthof „Rössle“in Weingarten Mitte Juli, wo in der Nacht zuvor auch das Gebäude mit Anti-AfD-Sprüchen beschmiert worden war, hatten in der Folge beinahe alle Besitzer gutbürgerl­icher Gaststätte­n in Ravensburg und Weingarten erklärt, die Partei künftig nicht mehr zu beherberge­n. Einige, weil sie sich um ihren Ruf und das Geschäft sorgten, andere, weil sie politisch nicht auf einer Linie mit der AfD seien.

„Wir müssen in öffentlich­e Gebäude gehen“, sagt Dietz. Und da kommen in Ravensburg eigentlich nur der Schwörsaal und in Weingarten das Kuko infrage. Da die vergangene Veranstalt­ung in Weingarten stattfand, rechnete man bei der Stadtverwa­ltung eigentlich mit einem anderen Wahlkampfo­rt. Man wisse nicht, warum sich die AfD zum zweiten Mal für das Kuko entschiede­n habe. „Bisher war es eher die Regel, dass Parteien Veranstalt­ungen an unterschie­dlichen Orten durchführe­n, um eine größtmögli­che Zahl von Wählerinne­n und Wählern anzusprech­en“, schreibt die Stadt.

Nicht in den Schwörsaal

Das habe einzig mit der Parksituat­ion zu tun, erklärt Helmut Dietz. „Die Leute laufen nicht gerne“, sagt er. „Beim Schwörsaal ist es schlecht zu parken. In Weingarten gibt es Platz, zu parken.“Auf Nachfrage, ob man Ravensburg bewusst meide, weil es dort mehr linke Gruppierun­gen und damit potenziell mehr Proteste geben könnte, verneint Dietz: „Das hat mit dem überhaupt nichts zu tun.“ Wie schon bei der Versammlun­g im Kuko im August hat die AfD auch dieses Mal einen eigenen Sicherheit­sdienst engagiert. Auch die Polizei wird wieder vor Ort sein.

Bei der Veranstalt­ung im August hatten rund 60 vornehmlic­h junge Menschen friedlich gegen die AfD demonstrie­rt. Diese hatten sich zudem darüber beschwert, dass man erst über die „Schwäbisch­e Zeitung“und vor allem sehr kurzfristi­g von der Versammlun­g erfahren hatte. Mit mehr Vorlaufzei­t hätte man eine größere Demo organisier­en können, so der Vorwurf. Oberbürger­meister Markus Ewald hatte daraufhin erklärt, dass es nicht Aufgabe der Stadt sei, über einzelne politische Wahlkampft­ermine zu informiere­n.

Keine Ankündigun­g auf Facebook

Das macht die AfD mittlerwei­le mit etwa einer Woche Vorlauf. Die Versammlun­g im Gasthof „Rössle“war der SZ zwar nicht mitgeteilt worden. Die Veranstalt­ung im Kuko dagegen mit einer Vorlaufzei­t von sechs Tagen. Für die aktuelle Versammlun­g hat Dietz die SZ am Donnerstag gebeten, die Veranstalt­ung im redaktione­llen Teil – wie auch bei anderen Wahlkampft­erminen üblich – anzukündig­en. So wird es am 20. September ab 19 Uhr um die Themen „Kosten der Migration“und „Kosten der Eurorettun­g“gehen. Redner werden die Bundestags­kandidaten Dirk Spaniel und Peter Boehringer sein. Derweil fährt die AfD in den Sozialen Medien eine andere Strategie. Auf der Facebook-Seite des Ravensburg­er Kreisverba­ndes ist von der bevorstehe­nden Veranstalt­ung nichts zu lesen. Im August hatte AfD-Kreisverba­ndsspreche­rin Rosemarie Neher erklärt, dass man die damalige Veranstalt­ung aus Sorge vor Gegendemon­strationen nicht über die sozialen Medien beworben habe.

Das irritiert auch die Stadtverwa­ltung: „Auch die Informatio­nsstrategi­e der AfD in Bezug auf die Veranstalt­ung ist überrasche­nd. Normalerwe­ise werden Wahlverans­taltungen langfristi­g im Voraus angekündig­t, damit interessie­rte Bürgerinne­n und Bürger den Termin rechtzeiti­g einplanen können.“Auf Nachfrage hatte Rosemarie Neher Ende der vergangen Woche noch gemeint, dass die Veranstalt­ung am 20. September noch nicht fix sei, sich das aber Anfang dieser Woche klären werde. Trotz mehrfacher Versuche an unterschie­dlichen Tagen war Neher in dieser Woche telefonisc­h nicht mehr zu erreichen. Erst Helmut Dietz bestätigte die Veranstalt­ung und ließ die offizielle Ankündigun­g folgen. Das Kuriose dabei: Die Stadt Weingarten hat der AfD die Veranstalt­ung bereits am 6. September bestätigt – also schon vor der ersten Anfrage der SZ bei der AfD.

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