Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bürgerbegehren fürs E-Center
Edeka-Mitarbeiter in Lindau wollen Abstimmung zum Neubau
LINDAU - Bald müssen die Lindauer womöglich schon wieder für einen Bürgerentscheid an die Wahlurnen. Edeka-Mitarbeiter des E-Center im Heuriedweg haben eine Bürgerinitiative gegründet und sammeln Unterschriften, damit die Stadt doch Baurecht für einen Neubau des Supermarkts auf dem früheren Bahlsengelände schafft. Die Stadt will sich dazu vorerst nicht äußern.
Barbara Ganshorn arbeitet seit 25 Jahren bei Edeka in Lindau, seit elf Jahren ist sie im E-Center am Heuriedweg, wo sie vor allem an der Kasse arbeitet. Mit 51 Jahren hat sie Angst, ob sie woanders Arbeit findet, wenn das E-Center im kommenden Jahr schließen muss und nicht an anderer Stelle neu eröffnen kann. Denn wie berichtet: Der Mietvertrag ist gekündigt, im Heuriedweg wird Kaufland einen neuen Supermarkt bauen. Für Edeka ist dort nach mehr als 50 Jahren zu Beginn des neuen Jahres Schluss.
Edeka hat im Winter bereits 10 000 Unterschriften gesammelt
Seit einem Jahr streitet Edeka öffentlich mit der Stadt über den Neubau mit knapp 2900 Quadratmetern Verkaufsfläche, den der Konzern unbedingt auf dem früheren Bahlsengelände will. Die Stadt verweist auf den Bebauungsplan, der die wenige Gewerbegrundstücke für produzierende Firmen reserviert. Einzelhandel ist dort ebenso ausgeschlossen wie Gastronomie. Die Stadt stützt sich dabei unter anderem auf das Einzelhandelsgutachten. Christian Hörmann von der Agentur Cima hatte den Stadträten geraten, Edeka nicht nachzugeben, weil das Gewerbegebiet weitab jeder Wohnbebauung liegt. Der Standort sei fast ideal für Kunden aus Österreich und der Schweiz, für Lindauer aber gebe es bessere Standorte.
Doch – wie mehrfach berichtet – hält Edeka mit einem eigenen Gutachten entgegen, das die Bahlsenfläche für geeignet hält, damit sich Lindauer dort mit Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs versorgen können. Zu Jahresbeginn hatte der Konzern mit großem Werbeaufwand unter dem Motto „Manches vermisst man erst, wenn es weg ist“10 000 Unterschriften für den Umzug aufs Bahlsengelände geworben. Andere Standorte kamen für Firmenvertreter nie in Frage.
Nachdem die Kampagne den Stadtrat nicht zum Umdenken gebracht, sondern die Fronten eher verhärtet hat, hat die Fülle der Bürgerbegehren in Lindau die Mitarbeiter um Barbara Ganshorn auf die Idee gebracht, selbst auch ein solches auf den Weg zu bringen. So sammeln sie seit Donnerstagmorgen im Eingangsbereich des Marktes am Heuriedweg Unterschriften. Und das durchaus erfolgreich, wie ein Ortstermin der Lindauer Zeitung zeigt: Jeder Kunde, der an Ganshorns Stand vorbeikommt, unterschreibt.
Darunter sind allerdings auch Kunden aus Vorarlberg, Weißensberg oder Kressbronn, deren Unterschrift für ein Bürgerbegehren ungültig ist. Denn da zählen nur Bürger, die ihren ersten Wohnsitz in der Stadt Lindau haben. Wie bei den anderen Bürgerbegehren müssen mehr als 1600 wahlberechtigte Lindauer unterschreiben. Dann muss die Verwaltung die Unterschriften ebenso prüfen wie die Frage, ob das Bürgerbegehren laut Gesetz zulässig ist. Darüber muss der Stadtrat abstimmen. Dann müsste innerhalb von drei Monaten der Bürgerentscheid stattfinden.
Wenn die Kunden weiter so zahlreich unterschreiben, kann sich Ganshorn vorstellen, dass die Abstimmung am Tag der Oberbürgermeisterwahl stattfindet. Dann wäre der Wahlgang für die Stadt billiger, zudem gäbe es eine größere Chance, viele Menschen zur Abstimmung zu bewegen. Doch genau hat sie über solche Fragen bisher nicht nachgedacht.
Die Stadt will vorerst nichts zu der Aktion sagen
Ganshorn betont, dass dies keine Aktion des Edeka-Konzerns sei, vielmehr hätten sich die Mitarbeiter aus eigenem Antrieb dazu entschlossen. Deshalb steht sie auch nicht während ihrer Arbeitszeit, sondern in der Friezeit im Eingangsbereich ihres Marktes und spricht mit Kunden. Edeka unterstützt die Aktion, indem es diese auf dem Firmengelände zulässt. Außerdem stellt die Pressestelle der LZ den Kontakt zu Ganshorn her.
Die Stadt will auf Anfrage der Lindauer Zeitung noch nichts zu der Aktion sagen. Wenn die Unterschriften eingehen, werde man die Unterschriften und die rechtliche Zulässigkeit prüfen, sagt Pressesprecher Jürgen Widmer: „Wir werden mit diesem Bürgerbegehren verfahren, wie mit allen anderen auch.“