Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auch kurvige Karrierewe­ge können zum Ziel führen

Sogenannte Bumerang-Mitarbeite­r werden in vielen Firmen mit offenen Armen wieder empfangen

- Von Tobias Hanraths

MANNHEIM/HAMBURG (dpa) - Abschiedsu­mtrunk, Abschlussz­eugnis – und dann auf Nimmerwied­ersehen. Eine Trennung von Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er war früher oft eine Trennung für immer. Doch immer häufiger kehren Berufstäti­ge heute an ihre alte Wirkungsst­ätte zurück: als sogenannte Bumerang-Mitarbeite­r.

Bekanntes Beispiel gefällig? Am Ende gab es zu viel Streit: Über die Strategie, über Produkte, über Umgangsfor­men. Der Gründer des Unternehme­ns warf die Brocken hin und gründete eine neue Firma. Doch weder für das neue noch für das alte Unternehme­n lief es gut – und so kehrte er nach zwölf Jahren im Berufsexil zurück in die alte Heimat. Zehn Jahre später präsentier­te Steve Jobs in San Francisco das iPhone. Der Rest dieser Erfolgsges­chichte ist wohl bekannt.

Der verstorben­e Apple-Gründer ist vermutlich der bekanntest­e Bumerang-Mitarbeite­r. Ein Einzelfall ist sein kurviger Karrierewe­g aber keineswegs: 2015 veröffentl­ichte die amerikanis­che Denkfabrik The Workforce Institute eine Studie, nach der viele Unternehme­n ehemalige Mitarbeite­r inzwischen mit offenen Armen begrüßen – selbst solche, die früher ausdrückli­che Regeln gegen Rückkehrer hatten. Und auch Berufstäti­ge können sich oft sehr gut vorstellen, später noch einmal an einer alten Wirkungsst­ätte zu arbeiten, allen voran die junge Generation der Millenials.

Vorteile für beide Seiten

In Deutschlan­d ist der BumerangMi­tarbeiter ebenfalls kein Unbekannte­r. „Das ist ein Dauerthema“, sagt Frank Schabel von der Personalbe­ratung Hays. Ein Grund dafür sei die angespannt­e Lage auf dem Arbeitsmar­kt. „Ich kann mir vorstellen, dass der Fachkräfte­mangel bei manchen Unternehme­n dafür sorgt, dass diese eher auch ehemalige Kollegen ansprechen“, so der Experte. „Deshalb gibt es auch Berufsgrup­pen, wo das vielleicht mehr Sinn macht – ITFachkräf­te oder Ingenieure etwa.“

Für den Arbeitgebe­r hat die Rückkehr ehemaliger Fachkräfte mehrere Vorteile: Erstens entfällt die oft kostenund zeitintens­ive Einarbeitu­ng. Und zweitens weiß er meistens ziemlich genau, welche Leistung und Qualität er vom neuen alten Kollegen erwarten kann. Das gilt umgekehrt auch für den Rückkehrer: Missverstä­ndnisse sind bei einem Comeback in der Regel ausgeschlo­ssen.

Keine Brücken abbrechen

Es gibt aber noch weitere Vorteile: „Manche stellen vielleicht erst fest, wenn sie woanders sind, dass es auf der alten Position doch nicht so schlimm war“, sagt die Hamburger Karrierebe­raterin Svenja Hofert. Der Abstecher zu einem neuen Arbeitgebe­r kann so dabei helfen, neue Gelassenhe­it und neue Perspektiv­en zu finden. Und in der Zwischenze­it sind vielleicht auch die alten Gründe für den Weggang verschwund­en – schwierige Kollegen etwa, schlechte Stimmung oder ein Stau auf der Karrierele­iter. Größter Vorteil ist aber, dass die Rückkehr in den alten Job häufig nicht über reguläre Bewerbungs­verfahren läuft. Stattdesse­n sprechen Personaler oder Mitarbeite­r ehemalige Kollegen meist direkt an. „Da bin ich dann schon in einer lukrativen Verhandlun­gsposition“, sagt Hofert. So sieht es auch Frank Schabel: „Sie werden ja gewollt, und das ist für Verhandlun­gen einfach immer eine bessere Position.“

Rückkehr also nur dann, wenn es mehr Geld oder eine bessere Position als vorher gibt? Teilweise schon, sagt Svenja Hofert – vor allem, wenn der Wunsch nach einem Aufstieg damals der Grund für einen Abgang war. Und gerade in etwas konservati­veren Branchen oder Unternehme­n sind gradlinige Karrierewe­ge oft gerne gesehen. Wer sich dort mit einem Lebenslauf voller Kurven bewirbt, gerät eventuell in Erklärungs­not. „Die Arbeitswel­ten sind aber verschiede­n“, sagt die Beraterin. „Es gibt auch Jobs und Branchen, wo Positionen und Titel gar nicht mehr so wichtig sind.“

„Wenn jemand eine Rückkehr in seinem Lebenslauf stehen hat, würde ich das nicht als negativ bewerten“, sagt Frank Schabel. Nachfragen würde er aber schon. „Denn die Antwort verrät ja auch, wie viel Reflexion bei jemandem dahinterst­eckt.“Und ein Hinweis auf gute Umgangsfor­men ist eine erfolgreic­he Rückkehr auch: Denn sie zeigt, dass jemand bei seinem ersten Abgang keine Brücken hinter sich abgebroche­n hat. „Ein guter Wiedereins­tieg beginnt mit einem guten Abschied, das ist eine absolute Grundvorau­ssetzung“, sagt Schabel. Der Satz„Man sieht sich immer zweimal“stimmt oft tatsächlic­h. Selbst wer nicht zurückkehr­t, begegnet den ehemaligen Kollegen oder Chefs vielleicht anderweiti­g wieder, als Kunde oder Kooperatio­nspartner. Vor allem, wenn man der Branche treu geblieben ist.

Deshalb lohnt es sich, an eine mögliche Rückkehr zumindest zu denken – auch und gerade dann, wenn man sie sich aktuell gar nicht vorstellen kann. „Sinnvoll ist auf jeden Fall, in Kontakt mit dem alten Arbeitgebe­r zu bleiben“, sagt Schabel.

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FOTO: DPA Als Bumerang-Mitarbeite­r wird jener Kollege bezeichnet, der nach ein paar Jahren zu seinem alten Arbeitgebe­r zurückkehr­t.

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