Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Türkei bestellt den deutschen Botschafter ein
Ankara empört über kurdisches Kulturfestival eines PKK-nahen Vereins in Köln – Berlin schweigt
ISTANBUL/KÖLN/BERLIN (dpa/sz) - Neue Spannungen im ohnehin schon extrem gereizten deutsch-türkischen Verhältnis: Aus Protest gegen ein kurdisches Kulturfestival in Köln hat Ankara am Samstag den deutschen Botschafter ins Außenministerium zitiert. Bei der Veranstaltung sei „Terrorpropaganda“betrieben worden, kritisierte das Ministerium. Das Auswärtige Amt wollte sich auch am Sonntag nicht zu dem Vorfall äußern. Bereits zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“angekündigt, den wirtschaftlichen Druck auf die Türkei zu erhöhen, um eine Freilassung inhaftierter Deutscher zu erreichen.
An dem Kulturfestival nahmen nach Polizeiangaben rund 14 000 Menschen teil. Gefordert wurde unter anderem die Freilassung des zu lebenslanger Haft verurteilten Anführers der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan. Organisator des Festes war der Verein Navden (Demokratisches Gesellschaftszentrum der Kurden in Deutschland), der laut Bundesamt für Verfassungsschutz der PKK nahe steht. Die halbe Rückwand der Bühne war von einem Öcalan-Foto bedeckt, zahlreiche Demonstranten trugen Fahnen mit seinem Konterfei. Die PKK ist in Deutschland seit 1993 als Terrororganisation verboten. Seit Kurzem ist das öffentliche Zeigen von Öcalan-Porträts untersagt.
In Ankara wurde dem deutschen Botschafter der türkische Protest gegen das Fest übermittelt. Die Türkei verurteile „nachdrücklich“, dass die Veranstaltung erlaubt und es geduldet worden sei, „dass dort Terrorpropaganda betrieben wurde“.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind seit Monaten angespannt. Grund sind auch die Inhaftierungen deutscher Staatsbürger aus politischen Gründen.
GAZA/TEL AVIV (dpa) - Zehn Jahre nach der gewaltsamen Machtübernahme im Gazastreifen hat sich die radikal-islamische Hamas bereit erklärt, die Verwaltung des Küstenstreifens am Mittelmeer abzugeben. Die zweitgrößte Palästinenserorganisation teilte am Sonntag mit, sie lade die Regierung des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas im Westjordanland dazu ein, „in den Gazastreifen zu kommen und ihre Aufgaben sofort zu übernehmen“.
Die rivalisierende Fatah-Organisation von Abbas und die Vereinten Nationen begrüßten den Schritt. Jussuf al-Mahmud, Sprecher der Regierung von Abbas, beschrieb das Versöhnungsangebot der Hamas als „historische Gelegenheit für eine Wiedervereinigung“. Aus dem Fatah-Lager war aber auch Skepsis zu hören. Die Hamas ist nach der Fatah die zweitgrößte Palästinenserorganisation. Nach einem blutigen Bruderkrieg riss die Hamas im Juni 2007 die Macht im Gazastreifen an sich. In dem Küstenstreifen leben rund zwei Millionen Menschen. Die gemäßigte Fatah kontrolliert das Westjordanland. Die Palästinenser wollen im Gazastreifen, Westjordanland und in Ost-Jerusalem einen unabhängigen Staat ausrufen.