Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Britische Polizei fahndet nach weiteren Tatverdächtigen
Zwei Festnahmen nach dem Bombenanschlag in einem Londoner U-Bahnhof – Terrorwarnstufe abgesenkt
LONDON - Nach Erkenntnissen der englischen Kriminalpolizei hat der mutmaßliche Eimerbomber am Londoner U-Bahnhof Parsons Green nicht alleine gehandelt. In Großbritannien fahndete die Polizei daher am Wochenende weiter intensiv nach möglichen Helfern. „Dies war nicht die Tat eines Einzelnen“, teilte Innenministerin Amber Rudd am Sonntag in London mit. Bisher sitzen zwei Männer in Untersuchungshaft.
Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um einen 18-Jährigen; er wohnte zuletzt im lieblichen Städtchen Sudbury, einem Vorort südwestlich von London, im Haus eines älteren Paares, das sich um Kriegsflüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und Eritrea kümmert. Bereits 2010 hatten Penelope (71) und Ronald Jones (88) von Queen Elizabeth einen Orden dafür erhalten, dass sie über Jahrzehnte annähernd 300 Kinder und Jugendliche zur Pflege aufgenommen hatten. In britischen Medien wurde das Paar mit früheren Äußerungen zitiert, wonach sie die Betreuung von Asylbewerbern als besonders dankbare Aufgabe empfanden: „Die Verständigung ist gar kein großes Problem. Wir respektieren unsere unterschiedlichen kulturellen Bedürfnisse.“Einem Bericht des Boulevardblatts „Daily Mail“zufolge war der Flüchtlingsjunge vor zwei Wochen schon einmal polizeilich aufgefallen; womöglich erklärt dies den am Freitag vielkritisierten Tweet von US-Präsident Donald Trump, wonach Scotland Yard den Täter „im Blick gehabt“habe. Innenministerin Rudd bezeichnete dies am Sonntag als „pure Spekulation“. Der Festnahme des 18-Jährigen am Samstagmorgen im Hafen von Dover folgte abends in der Hauptstadt die Inhaftierung eines 21-Jährigen im westlichen Stadtteil Hounslow.
Verletzte verlassen Krankenhäuser
30 Menschen waren am Freitag früh im West-Londoner Stadtteil Fulham verletzt worden, als am oberirdisch gelegenen U-Bahnhof Parsons Green eine selbst gebaute und mit Nägeln befüllte Bombe zündete, aber nicht explodierte. Augenzeugen beschrieben einen „Feuerball“, etliche Passagiere erlitten Verbrennungen. Bei der Evakuierung des U-Bahnzugs der District Line kamen weitere Menschen zu Schaden, weil kurzzeitig Panik ausbrach. Bis Sonntagnachmittag konnten jedoch bis auf einen Schwerverletzten alle Patienten die Krankenhäuser verlassen.
Unterdessen hat die Terrormiliz „Islamischer Staat“damit geprahlt, auf der Insel seien mehrere Eimerbomben unentdeckt. Die Gefährdungslage auf der Insel wird von den Behörden weiterhin als „kritisch“beurteilt. Die am Freitagabend ausgelöste höchste Stufe des staatlichen Warnsystems wurde am Sonntag zurückgenommen. Ein Anschlag gilt demnach nicht mehr als möglicherweise „unmittelbar bevorstehend“, sondern nur noch als „hoch wahrscheinlich“. Parsons Green war bereits der fünfte Terrorangriff in diesem Jahr; sechs weitere konnten nach Rudds Angaben von Polizei und Geheimdienst vereitelt werden.