Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die documenta geht in eine ungewisse Zukunft
In den vergangenen 100 Tagen wurden 850 000 Besucher gezählt
KASSEL (dpa/epd) - Die documenta 14 in Kassel ist am Sonntag zu Ende gegangen. Stadt und Organisatoren verzichteten auf eine gemeinsame Veranstaltung zum Abschluss. Denn der weltweit bedeutendsten Ausstellung für zeitgenössische Kunst in Kassel droht ein Millionendefizit. In den vergangenen 100 Tagen besuchten laut documenta 850 000 Besucher die Ausstellung in Nordhessen.
Rund 160 Künstler hatten an mehr als 30 Orten in Kassel ihre Werke präsentiert. Ein Novum war, dass ein Teil der documenta vom 8. April bis 16. Juli auch in Athen zu sehen war. Die Ausweitung der documenta auf zwei Standorte war vermutlich auch Ursache für die kurz vor Ende der Kunstschau bekanntgewordenen finanzielle Schieflage. Nach einem Bericht der „Hessischen-Niedersächsischen Allgemeinen“mussten die Gesellschafter der documenta gGmbH, die Stadt Kassel und das Land Hessen, mit Bürgschaften von je 3,5 Millionen Euro in die Bresche bringen, um eine Insolvenz zu verhindern. Am 21. September soll dem Aufsichtsrat der documenta der Bericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor-gelegt werden, die sich derzeit ein Bild von den Finanzen macht. Die Gesellschafter wollen dann auch über Konsequenzen entscheiden. Der Gesamtetat der documenta 14 belief sich auf 37 Millionen Euro. Touristisch dürfte die documenta trotzdem ein Erfolg für Kassel werden: Die Stadt rechnet bis Ende des Jahres erstmals mit über einer Million Übernachtungen.
Schwerpunktthemen der von ihrem Leiter Adam Szymczyk selbst als „politisch“bezeichneten documenta, die sich dem Kampf gegen den Neoliberalismus verschrieben hatte, waren Flucht und Vertreibung, indigene Kulturen und Kolonialismus. Einen zentralen und zudem sehr populären Mittelpunkt stellte allerdings der von der argentinischen Künstlerin Marta Minujin auf dem Friedrichsplatz errichtete „Parthenon der Bücher“dar. Das Gerüst, das die Akropolis in Athen im originalgetreuen Maßstab darstellte, füllte sich im Verlauf der Ausstellung mit rund 67 000 Büchern, die irgendwo auf der Welt einmal verboten waren oder es noch sind. In der letzten documentaWoche wurden die Bücher abgenommen und an die Besucher verschenkt.