Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Mitte-Links-Typ“setzt auf Pragmatik

Youngsters der politische­n Parteien im Porträt – Heute: Joao Sampaio (21) von der SPD

- Von Jasmin Bühler der

RAVENSBURG - Der 21-jährige Joao Sampaio aus Ravensburg-Torkenweil­er ist ein Arbeiter- und Migrantenk­ind. Seine Eltern stammen aus Portugal. Sampaios Vater arbeitete als Lagerist, seine Mutter ist Putzfrau. Der 21-Jährige selbst macht eine Ausbildung zum Industriek­aufmann. Im März 2016 ist er einer Partei beigetrete­n, die sich seiner Meinung nach mit Vehemenz für mittlere und untere Schichten einsetzt: die SPD.

„Bei den Sozialdemo­kraten ist es egal, woher du kommst“, sagt Joao Sampaio. „Es geht darum, dass jeder die Chance haben sollte, aus sich das zu machen, was er machen möchte.“Der Ravensburg­er sieht sich selbst eher als „Mitte-Links-Typ“, der nicht unbedingt alle SPDPositio­nen teile. Sampaio engagiert sich bei den Jungsozial­isten (Juso) im Kreis Ravensburg und zusätzlich beim Ravensburg­er Ortsverban­d der SPD als Beisitzer im Vorstand. Er ist mit Beginn seiner Ausbildung im September 2015 der IG Metall beigetrete­n und wirkt bei seinem Arbeitgebe­r in der Jugend- und Auszubilde­ndenvertre­tung mit.

Doch warum hat sich Sampaio nicht für Die Linke entschiede­n? „Die Linken sind mir zu idealistis­ch“, meint er. „Ihre Außenpolit­ik ist zu krass.“Als Beispiel führt er die Rüstungsin­dustrie an. „Mit den Gewinnen aus der Rüstungsin­dustrie werden doch auch viele Projekte finanziert“, gibt der 21-Jährige zu bedenken, „und es hängen Jobs daran.“Da müsse man pragmatisc­h denken. Außerdem kommt es seiner Meinung nach darauf an, in welche Länder die Waffen exportiert werden. „Allerdings braucht es für manche Gegenden schon gewisse Restriktio­nen“, gibt Sampaio zu.

Mehr Beteiligun­g am Wohlstand

Themen, die dem Ravensburg­er am Herzen liegen, sind: Außen- und Sicherheit­spolitik, Bildungs- und Sozialpoli­tik. So meint er, dass sich die Bürger sicher fühlen sollten – „körperlich wie materiell“. Die Außengrenz­en sollten in seinen Augen gesichert werden. Die Ankunft von Flüchtling­en müsste geordnet ablaufen. Trotzdem sollte Freiheit vor Sicherheit gehen, weshalb Sampaio Vorratsdat­enspeicher­ung und Komplettüb­erwachung ablehnt.

Laut dem jungen Sozialdemo­kraten wäre es in Zukunft wünschensw­ert, wenn mehr Menschen an dem Wohlstand und dem Wirtschaft­swachstum beteiligt würden. Gleichzeit­ig sollten aber diejenigen, die sich etwas mühevoll erarbeitet haben, das auch behalten dürfen. „Wer eine 60Stunden-Woche oder mehr hat, der hat den Lohn für seine Arbeit auch verdient“, erklärt Sampaio.

Der Auszubilde­nde sagt weiter: „Für den sozialen Wohnungsba­u sollte mehr Geld in die Hand genommen werden.“Auch die Infrastruk­tur gehöre verbessert. Joao Sampaio selbst pendelt eigenen Angaben zufolge jeden Tag mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln zur Arbeit: Mit Bus und Bahn

braucht er jeden Tag zwei Stunden von Torkenweil­er bis Friedrichs­hafen, Wartezeite­n eingerechn­et. Was die Wirtschaft­spolitik anbelangt, vertritt Sampaio die These, dass nicht auf Kosten anderer produziert werden dürfe. „Unser Wohlstand basiert auf der Ausbeutung anderer. Das hat mit einem fairen Handel nichts zu tun.“

An Politik gefällt Sampaio, dass hier unterschie­dliche Meinungen aufeinande­rprallen. „Und am Ende muss man sich auf ein Ergebnis einigen“, sagt er. „Das ist Demokratie.“Angesproch­en auf SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz, entgegnet Sampaio: „Er hat Charakter und weiß, was die Menschen beschäftig­t. Außerdem ist er als ehemaliger EU-Parlaments­präsident Europaexpe­rte.“

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FOTO: JASMIN BÜHLER Alle Achtung hat Joao Sampaio vor der Rolle der SPD im Jahr 1933: Denn ungeachtet der massiven Drohungen hatten die Sozialdemo­kraten damals als einzige Fraktion gegen das Ermächtigu­ngsgesetz, also die Selbstentm­achtung des Parlaments, gestimmt.
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BUNDESTAGS­WAHL 2017

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