Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Bereicherung für unsere Region“
Ein voller Erfolg: Zwei Tage U&D-Festival auf dem Hofgut Nessenreben
WEINGARTEN - Das fünfte „Umsonst&Draussen-Festival“(U&D) in Weingarten ist am Wochenende mit einer großen Sause über die Bühne gegangen. Eines der Highlights war der Familienmittag am Samstag, aber auch auf und abseits der Bühne war so einiges geboten. Fazit der Besucher: Tolles Event. Fazit der Organisatoren: Euphorisierend.
Während Samuel, ein Steppke, so hoch wie eine halbe Schwimmnudel, behände über die Holzsprossen auf der Himmelsleiter nach oben kraxelt, lassen es einige seiner Altersgenossen gemütlicher angehen: Als Kleinkind chillt man auf Mamas mitgebrachter Campingdecke und lässt sich zwischendurch vom LuftballonMagier ein Fahrrad knoten. Als Kindergarten-Zwerg mischt man gehörig am Ball-Labyrinth mit und die Schulkinder heizen mit heißen Offroad-Dreirädern über den Kies. Auf jeden Fall ist für alle Altersklassen etwas dabei, am Familienmittag auf dem Festival. Gut gelaunte Kindergesichter und entspannte Elternminen sprechen eine eindeutige Sprache.
Immerhin hat das Wetter in diesem Jahr mitgespielt – sieht man von einem derben Regenguss am Samstagabend ab. „Aber nicht einmal davon haben sich die Leute abhalten lassen“, lobt Simon, einer der Organisatoren, die Besucher. Überhaupt ist für ihn das Festival, das rund 1200 Menschen am Freitag und mehr als 2500 Besucher am Samstag angelockt hat, ausgesprochen „friedlich“verlaufen. Kamala, Mitstreiterin im kleinen, zehnköpfigen Orga-Team, beschreibt das bunte Publikum als „äusserst entspannt“und empfindet die U&D-Fangemeinde „wie eine große Familie“. Überhaupt haben die Beiden nur positive Rückmeldungen erfahren. Diese Resonanz, gepaart mit einem Haufen Idealismus lässt sie immer wieder und immer noch an der Idee eines kostenlosen MusikFestivals festhalten. Zum fünften Mal haben die Macher heuer das Festival auf dem Gelände des Hofguts Nessenreben organisiert und mit Hilfe von etwa 100 Ehrenamtlichen auch gestemmt.
Heimelige Stimmung
Als gegen halb zwölf am Samstagabend auf der großen Bühne die „Ohrbooten“ihren Soundcheck machen, da haben sich die meisten der Familien, die sich noch am Nachmittag auf dem Festivalgelände tummelten, längst in die trockenen Wohnzimmer zurückgezogen. Nur ein paar wenige, sehr unerschrockene Eltern behauben ihre Kinderwagen mit Plastiküberziehern und stellen sich selbst unter: Unter flugs improvisierten Unterständen. Aus vier Biertischen mit zwei Bierbänken dazwischen entsteht ein provisorischer Unterstand, sobald oben noch eine Plane aufgelegt wird. Am Event-Catering-Stand lodert ein heimeliges Tischfeuer, um das sich dick bejackte Menschen scharen. Im Chillzelt haben sich Menschen zu kleinen Trauben zusammengefunden, um sich Decken zu teilen und gegenseitig zu wärmen.
Um jedoch so richtig warm zu werden tanzt man natürlich auf einem Musikfestival am besten: Entweder im trockenen DJ-Zirkuszelt, in dem die Stroposkop-Blitze so rasch wie die Beats von „DJ Stamina Takeover“und „Fx Farmer“über die Köpfe zucken. Oder zur Not auch mal im Matsch, vor der großen LiveBühne, auf der sich so große Namen wie „The Kiss’n’Kills“, die Italienischen Ska-Punker von „NH3“oder die „Ohrbooten“das Mikrofon weiterreichen.
Besucher trotzen dem Regen
Jedenfalls sind die Fans, die wahren Musikliebhaber, nicht vom Regen einzuschüchtern: Da werden Jamaica-Wollmützen aktiviert, um die Dreadlocks zu schützen, junge Frauen drängen sich unter einem Marienkäfer-Schirm zusammen. Coole Jungs schlüpfen in transparente Regencapes oder ziehen die nass gewordenen Jacke gleich ganz aus. Ganz getreu dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter. Nur schlechte Kleidung. Und wer auf gute Mucke steht, der nimmt sowieso fast alles in Kauf. Fun rules. Der Spaß geht vor.
Spaß haben auch die Skater. So wie der Familien-Mittag die Kleinen glücklich macht, so sind auf der Miniramp vom Team Jugendarbeit Weingarten die Cracks auf ihren Boards im Skaterglück: „Immer drauf bleiben“feuert Moderator Raphael die Skater an, die in einer „open session“nacheinander Figuren wie den „Kick Flip Out“oder den „Blunt“zeigen – und schließlich bei einem kleinen Wettkampf ihre kniffligsten Tricks zeigen.
Währenddessen harren an der Bushaltestelle beim Freibad Bruno und seine kleine Mannschaft vom Orga-Team aus, um jene Festivalbesucher zu empfangen, die das Park&Ride-Angebot in Anspruch nehmen und mit dem Shuttlebus nach Nessenreben kommen. Auch das ist Teil des Konzepts der Macher vom U&D: „Wir sind nachhaltig, ökologisch und familienfreundlich“sagt Bruno. Denn der Shuttlebus steuert stündlich das Festivalgelände an und kostet pro Fahrt einen Euro, für Familien zwei.
Vielleicht eines der größten Komplimente für die Veranstalter kommt von Fritz Erb. Der ist Mit-Organisator der legendären Jazztime in TownVeranstaltungen in Ravensburg und besucht am späten Samstagnachmittag auf einen Sprung das Festival. „Da geht mir das Herz auf“, sagt Erb, der natürlich weiß, was es bedeutet, ein Event wie das U&D auf die Beine zu stellen. Erb lobt den Enthusiasmus und das Durchhaltevermögen der jungen U&D-Crew, die eisern an der Idee des „Umsonst“Festivals festhalten will. Wie das geht? „Mit viel Idealismus“, sagt Kamala am späten Samstagabend lachend. „Und nicht ohne unseren Hauptsponsor, die Brauerei Härle“, ergänzt Simon. „Denn der glaubt wie wir fest daran, dass das U&D eine Bereicherung unserer Region ist“.