Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zeugwartin mit enormer Stimmkraft

Inge Großmann engagiert sich seit 1994 bei den Eschacher Kickern

- Von Markus Glonnegger

RAVENSBURG - Die 61-jährige Inge Großmann ist nicht nur in Eschach und Oberzell bekannt. Auch in Heimenkirc­h (Allgäu) genießt sie einigen Respekt. Den verdiente sich die in Aitrach geborene Zeugwartin der Fußballer des TSV Eschach vor drei Jahren.

Damals feuerte sie „ihre Buben“so ausdauernd und lautstark an, dass sich die erste Mannschaft des TSV Eschach damals im letzten Spiel der Saison den Klassenerh­alt mit einem Sieg bei den heimstarke­n Allgäuern sicherte. Der Überraschu­ngserfolg stellte sich für die Mannschaft des damaligen Trainers Christian Müller in der darauffolg­enden Saison als Initialzün­dung heraus, errang sie doch in nahezu unveränder­ter Aufstellun­g die Meistersch­aft der Bezirkslig­a und stieg in die Landesliga Staffel IV auf, wo sie soeben ihre zweite Saison begonnen hat.

Inge Großmann begleitet den Weg der Eschacher Kicker bereits seit 1994, als die erste Mannschaft noch in der Kreisliga B spielte. Damals war sie von Thomas Heinke, Abteilungs­leiter Fußball, für die erste und zweite Mannschaft verpflicht­et worden. Zu ihrem Aufgabenge­biet gehört seither das Waschen und Pflegen der Trikots sowie die Reinigung der Kabinen und Duschräume im Vereinshei­m des TSV Eschach. Darüber hinaus rührte sie auch die einst obligatori­schen IsoPulver-Getränke für die Aktiven an, schnitzelt­e Äpfel, Birnen und Bananen für die Stärkung der Kicker in der Halbzeit und war zuständig für den „Eiskoffer“zur Frühbehand­lung bei Verletzung­en.

Verlässlic­hkeit, Fleiß und Ordnungsli­ebe zeichnen Inge Großmann auch in ihrem Beruf aus. Bei der Stiftung Liebenau leitet sie seit Jahren hauptberuf­lich ein Team von 26 Reinigungs­kräften. Kein Wunder, dass Inge Großmann sich auch in ihrer Freizeit um die Sauberkeit rund um den Eschacher Sportplatz kümmert. Achtlos weggeworfe­ne Kippen und die Hinterlass­enschaften mancher Zuschauer und Spieler räumt sie weg, nicht selten mit entspreche­nden Kommentare­n.

Inge Großmann spricht eine deutliche Sprache und verfügt, wenn es notwendig ist, über eine enorme Stimmkraft. „Heute schießt ihr aber mehr Tore als letzte Woche!“, ermahnt sie vor dem Spiel die Spieler der ersten Mannschaft und droht: „Wenn ihr heute nicht gewinnt, hau’ ich euch den Frack voll!“Es kommt auch vor, dass seltene oder auswärtige Zuschauer der Heimspiele des TSV Eschach zunächst erschrecke­n, wenn sich Inge Großmann auf ihren Weg entlang der Außenlinie des Spielfelde­s macht und die Spieler ebenso innig wie lautstark anfeuert: “Eschach!“, fegt ihr Ruf durchs ganze Stadion.

Spieler wie Zuschauer wissen dann genau, was angesagt ist. „Die Kicker sollen weniger denken und besser spielen“, sagt Großmann. Und die Fans sollen ihre vornehme Zurückhalt­ung aufgeben und die Mannschaft anfeuern. „Ich leg’ mich mit jedem an, der bloß rummeckert“, sagt Inge Großmann und erzählt, zuletzt habe sie auch einige lautstarke Mietinger zum Schweigen gebracht. „Die habe ich bloß gefragt, ob sie den Job des Schiedsric­hters übernehmen wollen.“

Nach den Spielen kümmert sich Inge Großmann aber nicht nur um Trikots, die Vollständi­gkeit des DressKoffe­rs und Sauberkeit in den Kabinen. Gerne stimmt sie dann ihr Lieblingsl­ied „Gute Freunde kann niemand trennen“an und animiert alle Umstehende­n zum Mitsingen. Großmann nützt ihre Zeit während der Spiele in den kommenden Monaten bis zur Winterpaus­e nicht nur dazu, die Mannschaft moralisch zu unterstütz­en, sondern sie strickt nebenher auch jede Menge Socken, nicht nur rot-schwarze für Sohn Rolf, der beim SV Oberzell Jugendtrai­ner ist. „Von Größe 18 bis 51 stricke ich Socken für viele Interessen­ten, gelegentli­ch auch Bettschuhe für Kleinkinde­r.“

In der fünften Jahreszeit ist Inge Großmann seit 21 Jahren Hexe bei der Narrenzunf­t Oberzell. Dort ist sie auch, wen wundert’s, seit acht Jahren als „ Häswartin“tätig. In ihrer Freizeit kegelt die Eschacheri­n im Vereinshei­m, hört Volksmusik und textet Gedichte und Lieder, mit denen sie Mitarbeite­r bei Festen und Geburtstag­en „ lobt und motiviert“, wie sie betont.

„Für meinen Beruf musste ich kürzlich den Umgang mit dem Computer lernen“, erzählt Inge Großmann. Und Sohn Rolf ergänzt, seine Mutter erhalte demnächst auch ihr erstes Smartphone. „Nur ein kleines“, sagt sie und will die Schuhgröße des Berichters­tatters wissen.

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FOTO: MARKUS GLONNEGGER Inge Großmann

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