Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Große Koalitione­n sind gefährlich für die Demokratie“

Axel Müller (CDU), der direkt gewählte Kandidat für den Wahlkreis Ravensburg, ist erleichter­t

-

RAVENSBURG - Axel Müller (CDU) hat das Direktmand­at für den Wahlkreis Ravensburg gewonnen. Der 54jährige Jurist aus Weingarten holte allerdings ein deutlich schlechter­es Ergebnis als sein Amtsvorgän­ger Andreas Schockenho­ff, der 2014 überrasche­nd starb. Mit Müller unterhielt sich Annette Vincenz über das Wahlergebn­is.

Herzlichen Glückwunsc­h zum Einzug in den Bundestag. Wie fühlen Sie sich?

Erleichter­t, weil es schon eine schwierige Aufgabe war, diesen Wahlkreis für die CDU zu verteidige­n, nachdem ich über keinen Amtsbonus verfügt habe wie beispielsw­eise meine Mitbewerbe­rin der Grünen. Insoweit ist das Ergebnis ein großer Vertrauens­vorschuss, dem ich auch gerecht werden muss.

Wie haben Sie den Tag verbracht?

Ich war heute morgen in der Basilika beim Gottesdien­st und habe für den Wahlerfolg der Union gebetet – und für meinen persönlich­en. Dann bin ich auf ein Hoffest nach Bodnegg und dann auf den Familienta­g der CDU Neuravensb­urg.

Sie haben sehr intensiv Wahlkampf betrieben und sehr früh damit begonnen. Wie haben Sie den Wahlkampf erlebt?

Er war sehr fair. Mit Grünen, SPD und FDP gab’s auch immer wieder persönlich­en Austausch, die Bewerber der Linken und der AfD waren dafür zu wenig präsent. Es gab aber während der ganzen Zeit kein einziges böses Wort, und der Wahlkampf war von großer Sachlichke­it geprägt.

Ihr persönlich­es Ergebnis ist schlechter als das von Ihrem Vorgänger Andreas Schockenho­ff vor vier Jahren. Woran könnte das liegen?

An drei Punkten. Er war 20 Jahre lang im Deutschen Bundestag, war eine herausrage­nde Persönlich­keit mit vielen Kontakten in Regierungs­kreise. Außerdem hatte meine Mitbewerbe­rin von den Grünen, Agnieszka Brugger, schon den Amtsbonus. Und drittens entspricht das Ergebnis dem bundesweit­en Trend, weil viele nicht ihre Stimmen splitten, sondern auf eine Partei und einen Kandidaten vereinigen.

Hatten Sie genug Unterstütz­ung von Ihrem parteiinte­rnen Konkurrent­en Waldemar Westermaye­r im Allgäu, dem Sie ja das Direktmand­at bei der Nominierun­g streitig gemacht haben?

Zunächst bin ich der Direktkand­idat und war viel im Wahlkreis unterwegs, er ist für den Bezirk zuständig genau wie Christian Natterer. Es gab zwei Begegnunge­n an Wahlstände­n, an denen jeder seine Arbeit gemacht hat.

Welches ist Ihre Wunsch-Konstellat­ion beziehungs­weise -Koalition nach diesem Wahlergebn­is?

Der Wähler hat nun eben diese Wahl getroffen, und der Wählerwill­en ist zu respektier­en. Die SPD hat in einem ersten Anflug von Enttäuschu­ng bekanntgeg­eben, dass sie in die Opposition gehen wird. Damit reicht es rein rechnerisc­h nur für eine Jamaika-Koalition. Große Koalitione­n sind auch gefährlich für die Demokratie. Das sieht man in Österreich und man sah es auch jetzt in Deutschlan­d, wo beide großen Parteien verloren haben. Auf Dauer läuft man mit großen Koalitione­n immer Gefahr, dass Protestpar­teien gestärkt werden.

Wie müssen die etablierte­n Parteien und besonders die Union jetzt mit der AfD umgehen?

Es geht nicht darum, die Partei zu be- kämpfen, sondern darum, die sechs bis sieben Millionen Menschen, die sie gewählt haben, wieder einzufange­n. Man muss diesen Menschen Angebote machen, die attraktiv für sie sind.

Zum Beispiel in der Flüchtling­spolitik?

Zwischen allen drei Parteien, die jetzt wahrschein­lich die Regierung stellen werden, herrscht Konsens, dass es keine unkontroll­ierte Einwanderu­ng geben darf. Grüne und FDP sprechen von einem Einwanderu­ngsgesetz, wir von einem Fachkräfte­zuwanderun­gsgesetz. Die Menschen, die künftig zu uns kommen, müssen welche sein, die unsere Gesellscha­ft brauchen kann.

Aber das Recht auf Asyl bleibt bestehen?

Natürlich. Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht. Es muss aber zu einer gerechtere­n Verteilung der Menschen auf europäisch­e Länder geben, die als Flüchtling­e im Rahmen der Genfer Konvention zu uns kommen. Zudem sollten die Bedingunge­n in Afrika so verbessert werden, dass Fluchtursa­chen gar nicht entstehen.

Auf welche Aufgaben/Themenfeld­er wollen Sie sich bei Ihrer Arbeit im Bundestag konzentrie­ren? Für welche Ausschüsse interessie­ren Sie sich?

Mein Interesse gilt der Innenpolit­ik und der Arbeit im Wahlkreis. Ich will als Abgeordnet­er möglichst viel hier vor Ort sein und die Interessen der Menschen in Berlin vertreten.

Angesichts des sich dramatisch zuspitzend­en Konfliktes in Nordkorea: Was kann die Bundesregi­erung tun, um den Weltfriede­n zu bewahren?

Deutschlan­d hat da keinen großen Handlungss­pielraum. Das ist eine Aufgabe, die die Vereinten Nationen leisten müssen.

 ?? FOTO: ANNETTE VINCENZ ?? Axel Müller verfolgte die Wahl daheim in Weingarten an seinem PC.
FOTO: ANNETTE VINCENZ Axel Müller verfolgte die Wahl daheim in Weingarten an seinem PC.

Newspapers in German

Newspapers from Germany