Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kettenreaktion in Weingarten
Die Wahl Axel Müllers in den Bundestag könnte für die CDU lokalpolitisch bedeutende Auswirkungen haben
WEINGARTEN - Die Wahl von Axel Müller in den Deutschen Bundestag wird die Lokalpolitik in Weingarten wohl merklich verändern. Schließlich ist Müller nicht nur Mitglied des Gemeinderates. Er hat auch den Fraktionsvorsitz der CDU inne und besitzt noch ein Mandat für den Kreistag. Während er Letzteres auch nach der Wahl weiter ausüben wird, will sich Müller eigentlich aus dem Weingartener Gemeinderat zurückziehen und dann auch den Fraktionsvorsitz abgeben. So würde nicht nur Oberbürgermeister Markus Ewald seinen härtesten Widersacher im Gemeinderat verlieren. Auch parteiintern könnte diese Entscheidung eine Kettenreaktion bei der CDU auslösen. Doch die Entscheidung will Müller nicht alleine treffen. „Wir müssen sehen, wer nachrücken kann und will. Eine Nachrückerin hat mir bereits signalisiert, dass sie nicht unbedingt bereit ist“, sagt der künftige Bundestagsabgeordnete.
Dabei dürfte es sich um Marieluise Kliegel handeln. Schließlich hat sie bei den vergangenen Kommunalwahlen im Jahr 2014 den Einzug in den Gemeinderat knapp verpasst. Mit damals 2196 erhaltenen Stimmen führt sie aber die Nachrückerliste, die theoretisch 19 Plätze umfasst, an. Denn die Weingartener CDU war 2014 mit 26 Kandidaten angetreten. Sieben schafften den Sprung in den Gemeinderat. Mit der Kandidatur hatte jeder der Kandidaten theoretisch auch die Bereitschaft erklärt, im Zweifel nachzurücken. Doch natürlich hat jede Person auch die Möglichkeit, das aus persönlichen Gründen abzulehnen.
Und genau das scheint bei Marieluise Klingel aktuell die Tendenz zu sein. Müller möchte aber auf jeden Fall zeitnah Gespräche führen, um das abzuklären. Natürlich gäbe es jede Menge potenzielle weitere Nachrücker, doch Müller ist es wichtig, dass der oder die Nachfolger das Mandat mit voller Überzeugung antritt. Es mache keinen Sinn, wenn der Nachrücker die Zeit nur absitzen wolle. „Dann wird es schwierig“, sagt Weingartens bisheriger Stimmenkönig. „Wenn jemand nachrückt, muss er sich etablieren und bekannt machen, um die Wahlchancen zu erhöhen“, blickt Müller schon auf die Kommunalwahlen 2019 voraus.
„Organisatorisch kaum machbar“
Sollte sich kein überzeugender Nachrücker finden, würde Müller auch nicht ausschließen, sein Mandat in Weingarten bis 2019 weiter auszuüben. Ein anderes Szenario wäre ihm aber eigentlich lieber. Denn: „Ich bin der Meinung, dass man ein Gemeinderatsmandat nicht mehr in erforderlichem Maße ausfüllen kann.“Da der Rat teilweise alle drei Wochen tage, sei es schwierig, das mit den Sitzungen im Bundestag in Einklang zu bringen. „Der Gemeinderat kann sich ja nicht nach mir richten“, sagt Müller, der weiß, wie viel Arbeit es ist, eine Sitzung vorzubereiten und auch nicht immer wieder fehlen möchte. „Das ist organisatorisch kaum machbar“, sagt er.
Daher würde Müller, sollte er sein seinen Sitz im Weingartener Gemeinderat räumen, auch den Fraktionsvorsitz der CDU abgeben. „Der Fraktionsvorsitz hängt mit Anwesenheit zusammen“, mein Müller. Logischerweise würde Markus Brunnbauer, bislang stellvertretender Fraktionsvorsitzender, aufrücken. Diesbezüglich habe es auch schon positive Signale gegeben, so Müller, der sich nicht um die Zukunft der CDU in Weingarten sorgt. „Wenn man sich äußert und positioniert, besetzt man einen Platz, den sonst andere eingenommen hätten. Daher schafft meine Wahl auch Raum. Die CDU in Weingarten ist stark genug, die Lücke zu füllen“, sagt Müller.
Eine Tube Sonnencreme vom OB
Bei der Frage, ob er nicht die teils heftigen Auseinandersetzungen mit Oberbürgermeister Markus Ewald vermissen werde, muss Müller lachen. Bei all den Unterschiedlichkeiten und verschiedenen Meinungen habe man sich stets bemüht, einen Kompromiss zu finden, um die Sache voran zu bringen. Persönlich habe er mit Ewald ohnehin keine Differenzen, sagt Müller und erzählt von einer netten Begegnung zu Beginn seines Wahlkampfes. Als er bei hochsommerlichen Temperaturen auf dem Markt das Gespräch mit den Wählern gesucht habe, sei der OB vorbeigekommen und habe ihm eine Tube Sonnencreme gebracht. „Das zeigt, dass es auf persönlicher Ebene sehr gut funktioniert hat“, sagt der künftige Bundestagsabgeordnete.