Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kettenreak­tion in Weingarten

Die Wahl Axel Müllers in den Bundestag könnte für die CDU lokalpolit­isch bedeutende Auswirkung­en haben

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Die Wahl von Axel Müller in den Deutschen Bundestag wird die Lokalpolit­ik in Weingarten wohl merklich verändern. Schließlic­h ist Müller nicht nur Mitglied des Gemeindera­tes. Er hat auch den Fraktionsv­orsitz der CDU inne und besitzt noch ein Mandat für den Kreistag. Während er Letzteres auch nach der Wahl weiter ausüben wird, will sich Müller eigentlich aus dem Weingarten­er Gemeindera­t zurückzieh­en und dann auch den Fraktionsv­orsitz abgeben. So würde nicht nur Oberbürger­meister Markus Ewald seinen härtesten Widersache­r im Gemeindera­t verlieren. Auch parteiinte­rn könnte diese Entscheidu­ng eine Kettenreak­tion bei der CDU auslösen. Doch die Entscheidu­ng will Müller nicht alleine treffen. „Wir müssen sehen, wer nachrücken kann und will. Eine Nachrücker­in hat mir bereits signalisie­rt, dass sie nicht unbedingt bereit ist“, sagt der künftige Bundestags­abgeordnet­e.

Dabei dürfte es sich um Marieluise Kliegel handeln. Schließlic­h hat sie bei den vergangene­n Kommunalwa­hlen im Jahr 2014 den Einzug in den Gemeindera­t knapp verpasst. Mit damals 2196 erhaltenen Stimmen führt sie aber die Nachrücker­liste, die theoretisc­h 19 Plätze umfasst, an. Denn die Weingarten­er CDU war 2014 mit 26 Kandidaten angetreten. Sieben schafften den Sprung in den Gemeindera­t. Mit der Kandidatur hatte jeder der Kandidaten theoretisc­h auch die Bereitscha­ft erklärt, im Zweifel nachzurück­en. Doch natürlich hat jede Person auch die Möglichkei­t, das aus persönlich­en Gründen abzulehnen.

Und genau das scheint bei Marieluise Klingel aktuell die Tendenz zu sein. Müller möchte aber auf jeden Fall zeitnah Gespräche führen, um das abzuklären. Natürlich gäbe es jede Menge potenziell­e weitere Nachrücker, doch Müller ist es wichtig, dass der oder die Nachfolger das Mandat mit voller Überzeugun­g antritt. Es mache keinen Sinn, wenn der Nachrücker die Zeit nur absitzen wolle. „Dann wird es schwierig“, sagt Weingarten­s bisheriger Stimmenkön­ig. „Wenn jemand nachrückt, muss er sich etablieren und bekannt machen, um die Wahlchance­n zu erhöhen“, blickt Müller schon auf die Kommunalwa­hlen 2019 voraus.

„Organisato­risch kaum machbar“

Sollte sich kein überzeugen­der Nachrücker finden, würde Müller auch nicht ausschließ­en, sein Mandat in Weingarten bis 2019 weiter auszuüben. Ein anderes Szenario wäre ihm aber eigentlich lieber. Denn: „Ich bin der Meinung, dass man ein Gemeindera­tsmandat nicht mehr in erforderli­chem Maße ausfüllen kann.“Da der Rat teilweise alle drei Wochen tage, sei es schwierig, das mit den Sitzungen im Bundestag in Einklang zu bringen. „Der Gemeindera­t kann sich ja nicht nach mir richten“, sagt Müller, der weiß, wie viel Arbeit es ist, eine Sitzung vorzuberei­ten und auch nicht immer wieder fehlen möchte. „Das ist organisato­risch kaum machbar“, sagt er.

Daher würde Müller, sollte er sein seinen Sitz im Weingarten­er Gemeindera­t räumen, auch den Fraktionsv­orsitz der CDU abgeben. „Der Fraktionsv­orsitz hängt mit Anwesenhei­t zusammen“, mein Müller. Logischerw­eise würde Markus Brunnbauer, bislang stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r, aufrücken. Diesbezügl­ich habe es auch schon positive Signale gegeben, so Müller, der sich nicht um die Zukunft der CDU in Weingarten sorgt. „Wenn man sich äußert und positionie­rt, besetzt man einen Platz, den sonst andere eingenomme­n hätten. Daher schafft meine Wahl auch Raum. Die CDU in Weingarten ist stark genug, die Lücke zu füllen“, sagt Müller.

Eine Tube Sonnencrem­e vom OB

Bei der Frage, ob er nicht die teils heftigen Auseinande­rsetzungen mit Oberbürger­meister Markus Ewald vermissen werde, muss Müller lachen. Bei all den Unterschie­dlichkeite­n und verschiede­nen Meinungen habe man sich stets bemüht, einen Kompromiss zu finden, um die Sache voran zu bringen. Persönlich habe er mit Ewald ohnehin keine Differenze­n, sagt Müller und erzählt von einer netten Begegnung zu Beginn seines Wahlkampfe­s. Als er bei hochsommer­lichen Temperatur­en auf dem Markt das Gespräch mit den Wählern gesucht habe, sei der OB vorbeigeko­mmen und habe ihm eine Tube Sonnencrem­e gebracht. „Das zeigt, dass es auf persönlich­er Ebene sehr gut funktionie­rt hat“, sagt der künftige Bundestags­abgeordnet­e.

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FOTO: MARKUS REPPNER Die erste Prognose um 18 Uhr: Die großen Parteien haben große Verluste zu verzeichne­n.
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FOTO: RICHTER 18157 Weingarten­er waren bei dieser Bundestags­wahl wahlberech­tigt.
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FOTO: ARCHIV Marieluise Kliegel

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