Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
CDU auf Land stärker als im Bund, AfD schwächer
Grüne gewinnen in den Gemeinden leicht dazu – FDP erstarkt ebenfalls – SPD rutscht ab
KREIS RAVENSBURG - Spannung um 18 Uhr in den Wahllokalen auf den Landgemeinden. Wahlhelfer zücken ihre Smartphones schauen auf die ersten Hochrechnungen, gespannt darauf, wie ihr Wahlbezirk abgestimmt hat. Tatsächlich unterscheiden sich die Ergebnisse in den Landkreisgemeinden von denen im Bund, wenngleich ein Trend deutlich wird: Die Alternative für Deutschland (AfD) schneidet in Oberschwaben schlechter ab, die Grünen besser als im Rest der Republik. Wie in ganz Deutschland verlieren die Sozialdemokraten deutlich – besonders zeigt sich das bei den Erststimmen für die Kandidatin Heike Engelhardt –, die FDP gewinnt deutlich dazu.
Bei den Erststimmen für die jeweiligen Direktkandidaten stach besonders hervor, dass der CDU-Direktkandidat Axel Müller gegenüber der Bundestagswahl 2013 stark verloren hat. Damals trat Andreas Schockenhoff an und holte teilweise mehr als 60 Prozent, oft über 50 Prozent. Das gelang Müller nicht, auch wenn er in jeder Gemeinde an der Spitze liegt. In Altshausen holte Schockenhoff 2013 exakt 60,9 Prozent, bei der Zweitstimme kam die CDU auf 57,9 Prozent. Das war das stärkste Ergebnis der Christdemokraten im Wahlkreis. Bei den Erststimmen verlor die CDU 9,3 Prozent, bei den Zweitstimmen 7,5 Prozent. Auch in der Gemeinde Horgenzell hat die CDU 2013 um die 60 Prozent geholt, jetzt sind es noch um die 45 Prozent. „Es ist sehr schade, dass die CDU das schlechteste Ergebnis seit 1949 erreichte, aber acht Jahre große Koalition machen sich jetzt bemerkbar und zeigen, dass sie nicht immer gut ist“, sagt Horgenzells Bürgermeister Volker Restle, der auch CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag ist. „Für mich war es doppelt hart, weil unser Kämmerer Ralf Meßmer die Bürgermeisterwahl in Oberteuringen gewonnen hat“, so Restle.
Das Ergebnis von der Grünen-Direktkandidatin Agnieszka Brugger sticht sofort ins Auge. Sie holte ein beachtliches Ergebnis. Die Bundestagsabgeordnete schaffte es in einigen Gemeinden über die 20-ProzentMarke und wenn nicht, oft nahe dran. Sie legte deutlich zu: im Schnitt um die sieben Prozent. Ihr stärkstes Ergebnis holte sie in Bodnegg mit 24,4 Prozent. Bei den Zweitstimmen holten die Grünen auch mehr als noch 2013, sind aber schwächer als bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr.
Größter Gewinner im Landkreis wie im Bund ist die AfD. Ihre Ergebnisse auf dem Land liegen aber tendenziell unter denen der Landtagswahl. Holte die AfD 2016 beispielsweise in Bergatreute noch 16,3 Prozent und in Baindt 16,1 Prozent, sind es jetzt noch 12,5 Prozent in Bergatreute und 11,8 in Baindt. Stärkstes Ergebnis erzielte die AfD in Baienfurt im Wahlkreis Ravensburg mit 13,3 Prozent, was Bürgermeister Günter A. Binder erstaunt: „Ich sehe in der Gemeinde Baienfurt keine Gründe bei den klassischen AfDThemen für dieses Ergebnis. Wir sind in Sachen Flüchtlingsarbeit gut aufgestellt“, sagt Binder. Größere Probleme gebe es auch nicht.
Die Linke legt auf dem Land zu
Besonders freuen darf sich die FDP, die im Wahlkreis viertstärkste Kraft geworden ist. Mit ihrem Direktkandidaten Benjamin Strasser hat die Region neben Brugger und Müller einen dritten Bundestagsabgeordneten. In Strassers Heimatgemeinde Berg fuhr er das beste Ergebnis im Kreis ein: Bei den Erststimmen schaffte er es auf 25,2 Prozent, bei den Zweitstimmen auf 18,1 Prozent. Bei der Landtagswahl, bei der er auch kandidierte, erreichte er in Berg 15,3 Prozent.
Die SPD-Ergebnisse sind wie in ganz Deutschland auf Sinkkurs. Schon bei der vergangenen Landtagswahl verlor sie stark. Jetzt erneut. Während die Ergebnisse der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl 2013 immerhin zweistellig waren und nah an die 20-ProzentMarke im Wahlkreis Ravensburg reichten, hat sie es bei der Wahl in manchen Gemeinden noch nicht mal auf zehn Prozent geschafft. Selbst in Wilhelmsdorf, wo die SPD traditionell stärker ist als in den restlichen Gemeinden kam sie nur auf 11,3 Prozent der Zweitstimmen. Interessanterweise hat die Linke in den Städten und auf dem Land zugelegt und ist bei vielen Gemeinden sogar über die Fünfprozenthürde gekommen.
Übrigens: Die Partei „Menschliche Welt“mit ihrem Bundesparteisitz in Wolfegg bekam in der Gemeinde Wolfegg 1,24 Prozent der Erst- und Zweitstimmen (28) und erreichte damit ihr stärkstes Ergebnis.