Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mit Kopierer D-Mark-Blüten hergestellt
Nach 26 Jahren muss sich ein jetzt 70-jähriger Geldfälscher verantworten – Bewährungsstrafe
KEMPTEN - Ein ungewöhnlicher Fall hat die erste Strafkammer des Kemptener Landgerichts nun beschäftigt. Auf der Anklagebank saß ein Mann, dem Geldfälschung zur Last gelegt wird. Das allein ist keineswegs ungewöhnlich. Eher ungewöhnlich ist da das Alter des Angeklagten, der in Handschellen aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde und als freier Mann den Gerichtssaal verließ: Der lächelnde Italiener mit den grauen, nach hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren wird demnächst 71 Jahre alt. Und die Tat, die ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft, liegt sage und schreibe 26 Jahre zurück.
1991 soll der studierte Betriebswirtschaftler in Memmingen mit Komplizen einen Farbkopierer angeschafft haben. Damit sollen in wechselnder Besetzung in Füssen Geldnoten hergestellt worden sein: Lira-, Dollar- und D-Mark-Blüten. Die Falsifikate in verschiedener Stückelung brachten die Täter dann unters Volk.
Einer Strafverfolgung entzog sich der Vater zweier Töchter, indem die Familie viele Jahre lang in Italien lebte. Doch die Kemptener Justiz ließ nicht locker, richtete in der Angelegenheit diverse Übernahmegesuche, unter anderem an die Behörden in Italien, in der Schweiz und in Liechtenstein. Doch in Italien lebte der jetzt Angeklagte weiter sicher vor dem Zugriff der deutschen Justiz. Man werde den Mann nicht festnehmen und ausliefern, ließen die Behörden in Bozen im Jahr 2002 wissen.
Die Jahre gingen ins Land und den aus Como stammenden Mann zog es doch wieder nach Süddeutschland. Offensichtlich war er juristisch falsch beraten worden. Ging er doch davon aus, dass die ihm von der Kemptener Staatsanwaltschaft zur Last gelegten Taten inzwischen verjährt sind. Nachdem der 70-Jährige im Juli in Deutschland festgenommen worden war, saß er nun zwei Monate in Untersuchungshaft, bis das Verfahren eröffnet wurde.
Ein Komplize ist tot
Sein Mandant sei bereit, ein Geständnis abzulegen, sagte seine Münchener Verteidigerin Michaela Landgraf – wenn ihm dadurch eine Haftstrafe ohne Bewährung erspart bliebe. So waren zur Hauptverhandlung auch keine Zeugen geladen. Sie zu hören, wäre in diesem Fall ohnehin schwierig bis unmöglich gewesen. Einige sind über 80 Jahre alt, andere bereits gestorben.
Wer bei der Geldfälschung welche Rolle gespielt hatte, konnte denn auch nicht restlos geklärt werden. Zumal einer der Komplizen aus dem Ostallgäuer Schwangau bereits seit 2008 tot ist und die Protokolle seiner polizeilichen Vernehmung nur noch verlesen werden konnten.
Die Kammer unter Vorsitz von Richter Thorsten Thamm verurteilte den geständigen 70-Jährigen („Ich habe einen großen Fehler gemacht.“) schließlich zu einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe und einer Geldbuße von 15 000 Euro. Dieses Urteil liege „am unteren Rand des Strafrahmens“, sagte Thamm. Der Staatsanwalt hatte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren und eine Geldbuße in Höhe von 20 000 Euro für angemessen gehalten.