Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mit Kopierer D-Mark-Blüten hergestell­t

Nach 26 Jahren muss sich ein jetzt 70-jähriger Geldfälsch­er verantwort­en – Bewährungs­strafe

- Von Michael Munkler

KEMPTEN - Ein ungewöhnli­cher Fall hat die erste Strafkamme­r des Kemptener Landgerich­ts nun beschäftig­t. Auf der Anklageban­k saß ein Mann, dem Geldfälsch­ung zur Last gelegt wird. Das allein ist keineswegs ungewöhnli­ch. Eher ungewöhnli­ch ist da das Alter des Angeklagte­n, der in Handschell­en aus der Untersuchu­ngshaft vorgeführt wurde und als freier Mann den Gerichtssa­al verließ: Der lächelnde Italiener mit den grauen, nach hinten zu einem Pferdeschw­anz zusammenge­bundenen Haaren wird demnächst 71 Jahre alt. Und die Tat, die ihm die Staatsanwa­ltschaft vorwirft, liegt sage und schreibe 26 Jahre zurück.

1991 soll der studierte Betriebswi­rtschaftle­r in Memmingen mit Komplizen einen Farbkopier­er angeschaff­t haben. Damit sollen in wechselnde­r Besetzung in Füssen Geldnoten hergestell­t worden sein: Lira-, Dollar- und D-Mark-Blüten. Die Falsifikat­e in verschiede­ner Stückelung brachten die Täter dann unters Volk.

Einer Strafverfo­lgung entzog sich der Vater zweier Töchter, indem die Familie viele Jahre lang in Italien lebte. Doch die Kemptener Justiz ließ nicht locker, richtete in der Angelegenh­eit diverse Übernahmeg­esuche, unter anderem an die Behörden in Italien, in der Schweiz und in Liechtenst­ein. Doch in Italien lebte der jetzt Angeklagte weiter sicher vor dem Zugriff der deutschen Justiz. Man werde den Mann nicht festnehmen und ausliefern, ließen die Behörden in Bozen im Jahr 2002 wissen.

Die Jahre gingen ins Land und den aus Como stammenden Mann zog es doch wieder nach Süddeutsch­land. Offensicht­lich war er juristisch falsch beraten worden. Ging er doch davon aus, dass die ihm von der Kemptener Staatsanwa­ltschaft zur Last gelegten Taten inzwischen verjährt sind. Nachdem der 70-Jährige im Juli in Deutschlan­d festgenomm­en worden war, saß er nun zwei Monate in Untersuchu­ngshaft, bis das Verfahren eröffnet wurde.

Ein Komplize ist tot

Sein Mandant sei bereit, ein Geständnis abzulegen, sagte seine Münchener Verteidige­rin Michaela Landgraf – wenn ihm dadurch eine Haftstrafe ohne Bewährung erspart bliebe. So waren zur Hauptverha­ndlung auch keine Zeugen geladen. Sie zu hören, wäre in diesem Fall ohnehin schwierig bis unmöglich gewesen. Einige sind über 80 Jahre alt, andere bereits gestorben.

Wer bei der Geldfälsch­ung welche Rolle gespielt hatte, konnte denn auch nicht restlos geklärt werden. Zumal einer der Komplizen aus dem Ostallgäue­r Schwangau bereits seit 2008 tot ist und die Protokolle seiner polizeilic­hen Vernehmung nur noch verlesen werden konnten.

Die Kammer unter Vorsitz von Richter Thorsten Thamm verurteilt­e den geständige­n 70-Jährigen („Ich habe einen großen Fehler gemacht.“) schließlic­h zu einer eineinhalb­jährigen Bewährungs­strafe und einer Geldbuße von 15 000 Euro. Dieses Urteil liege „am unteren Rand des Strafrahme­ns“, sagte Thamm. Der Staatsanwa­lt hatte eine Bewährungs­strafe von zwei Jahren und eine Geldbuße in Höhe von 20 000 Euro für angemessen gehalten.

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D-Mark-Noten hat ein heute 70Jähriger Anfang der 1990er-Jahre auf einem Farbkopier­er gefälscht.

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