Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Doppelte Gefahr
Was soll man davon halten: Twitter testet doppelt so lange Tweets. Dies verkündete Jack Dorsey, der Chef jenes Internet-Kurznachrichtendienstes, der vor ein paar Jahren in Übersee erfunden wurde, um künftige US-Präsidenten zu kurzen, griffigen Regierungserklärungen zu zwingen. Kurznachrichtendienst heißt Twitter nämlich, weil nur 140 Zeichen pro Nachricht erlaubt sind. Donald Trump, jeder politisch Interessierte weiß das, hat sich daran gehalten. Zur Not endete ein Tweet mit kryptischem Geblubber à la „covfefe“.
Nun also kommt die revolutionäre Variante mit 280 Zeichen. Viele Nutzer protestieren bereits. Wahrscheinlich sehen sie sich außerstande, ständig Romane zu verfassen. Auch welche Nutzer als Tester berufen werden, ist geheim. Spannend ist nun, ob @realDonaldTrump dazu zählt. Doch das dürfte die ganze Digitalwelt in naher Zukunft erfahren.
Wobei es eigentlich fies wäre, wenn der US-Präsident zur Langnachricht greifen dürfte. Schließlich stellte Twitter klar, dass in einigen Sprachen weiterhin alle mit mickrigen 140 Zeichen auskommen müssen. Dazu zählen – aufgepasst – Japanisch, Chinesisch und Koreanisch.
Ausgerechnet Koreanisch! Wenn das Kim Jong-un erfährt! Der kleine Diktator träumt doch vom Gleichgewicht. Die Twitter-Bosse wissen offenbar nicht, was sie tun. Die offizielle Rechtfertigung, dass in diesen Sprachen mehr Inhalt mit weniger Schriftzeichen vermittelt werden kann, lässt Pjöngjang niemals gelten. Schließlich muss eine Weltmacht wie Nordkorea ja entsprechend kontern – gewiss auf Englisch. (jos)
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