Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Unbekannte­r verunsiche­rt Horgenzell

Wilde Gerüchte breiten sich in der Gemeinde aus – Diskussion auf Facebook und in „What’s App“

- Von Philipp Richter

Die Gerüchtekü­che in der Gemeinde brodelt, Polizei rät zur Sachlichke­it.

HORGENZELL - Ein Mann soll sich mit einem VW-Bus vor dem katholisch­en Kindergart­en St. Raphael in Horgenzell herumgetri­eben und verdächtig auf das Gelände geschaut haben. Nachdem sich die Sache im Ort herumgespr­ochen hatte, ruft jetzt eine Lehrerin in einem Brief die Eltern von Schülern und Kindergart­enkindern zur Vorsicht auf. Mittlerwei­le ist der Brief in der Facebook-Gruppe „Spotted Horgenzell“aufgetauch­t, sorgt für großen Wirbel und zieht weite Kreise. Zwar wollte sich die Kindergart­enleitung zum Thema nicht äußern, auf Nachfrage der SZ bei der Gemeindeve­rwaltung Horgenzell stellt sich allerdings heraus, dass es tatsächlic­h einen Vorfall gab. Andere Gerüchte hingegen entbehren jeder Grundlage.

„Die Sache wurde schon an die Polizei weitergege­ben“, sagt Horgenzell­s Hauptamtsl­eiter Andreas Flach. Tatsächlic­h habe sich laut Berichten des Kindergart­ens ein Mann herumgetri­eben. Einer Erzieherin sei das verdächtig vorgekomme­n und habe ihn daraufhin angesproch­en. Anscheinen­d habe er sich erkundigen wollen, ob dies ein öffentlich­er Spielplatz sei, um mit seinen Enkeln herzukomme­n. Die Erzieherin­nen des Kindergart­ens haben dann sowohl die Gemeinde als auch die Polizei informiert. Im Kindergart­en hängt laut Facebook-Posts auch ein Schreiben an die Eltern.

Neue Geschichte­n kommen dazu

In der Gemeinde Horgenzell kursieren schon seit Längerem Gerüchte, sowohl im Internet als auch auf dem Kurznachri­chtendiens­t „What’s App“und im Ortsgesprä­ch, dass sich ein verdächtig­er Mann mit einem VW-Bus unter anderem im Neubaugebi­et und anderen Ortsteilen der Gemeinde herumtreib­e.

In der Facebook-Gruppe „Spotted Horgenzell“wird indes wild spekuliert, es werden immer wieder neue Geschichte­n erzählt. Der Polizei ist allerdings bisher nicht bekannt, dass sich ähnliche Fälle in der Region zugetragen haben. „Momentan haben wir nur einen Mann, der von einer Erzieherin angesproch­en wurde und Fragen zum Kindergart­en gestellt hat. Wir sehen uns nicht dazu veranlasst, eine Warnmeldun­g herauszuge­ben“, sagt der am Polizeiprä­sidium Konstanz für den Landkreis Ravensburg zuständige Pressespre­cher Jens Purath. Der Mann sei laut Berichten auch „nicht massiv auf die Kinder zugegangen“, so Purath. Mehr konkrete Hinweise hat die Polizei nicht. Wenn es konkrete Hinweise gibt, bittet die Polizei, das zu melden, damit die Beamten dem nachgehen können. „Auch ein Kennzeiche­n wäre hier hilfreich“, sagt Purath.

Allerdings wird derzeit nichts der Polizei gemeldet, sondern lediglich Gerüchte ins Netz gesetzt, die dann diskutiert, geteilt und weitergesp­onnen werden. Wie die Erfahrung in solchen Fällen zeigt, funktionie­rt das nach dem Stille-Post-Prinzip: es kommen neue Geschichte­n dazu, Details werden weggelasse­n und zum Schluss ist eine ganz andere Geschichte entstanden.

Seit Montagaben­d wurde der Post (Stand Mittwochab­end) rund 200mal geteilt und kommentier­t. Die Reichweite ist damit enorm groß. Am Mittwochab­end kam schließlic­h ein neues Gerücht auf: Ein Polizist soll angeblich erzählt haben, dass ein fünfjährig­es Kind vergewalti­gt und im Wald bei Horgenzell aufgehängt worden sei. Einen ähnlichen Fall habe es vor etwa sechs Monaten im Großraum Altshausen gegeben, so die Behauptung. Doch die Polizei sagt eindeutig: Hierzu gibt es keinerlei Hinweise. „Uns wurde kein vermisstes Kind gemeldet“, sagt der Polizeispr­echer. „Wenn sich ein solcher Fall zugetragen hätte, wäre die Pressestel­le sofort informiert worden, und wir hätten dazu längst eine Pressemitt­eilung an die Medien herausgege­ben“, erklärt er.

Außerdem, sagt Jens Purath auf Nachfrage der SZ, erzählen Polizisten solche Dinge nicht einfach herum. Die Polizei geht den Behauptung­en im Netz aber trotzdem nach („Das verifizier­en wir.“). Einen ähnlichen Fall im Großraum Altshausen hat es laut Polizei nicht gegeben. „Wir geben vereinzelt Pressemitt­eilungen zu Wildunfäll­en heraus, da hätten wir das in solch einem Fall längst getan.“

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FOTO: DPA
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FOTO: SCREENSHOT Unter anderem dieser Brief einer Lehrerin (siehe Kasten) ruft die Eltern zur Vorsicht auf. Das Foto wurde in der Facebook-Gruppe „Spotted Horgenzell“geteilt und diskutiert.

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