Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Opposition bemängelt Funklöcher im Südwesten
Digitalisierung läuft laut SPD, FDP und AfD „ins Leere“
STUTTGART (lsw) - Die grünschwarze Digitalisierungsstrategie geht nach Ansicht der Opposition wegen der zahlreichen Funklöcher in Baden-Württemberg vielerorts ins Leere. AfD-Landtagsfraktionschef Jörg Meuthen sagte am Mittwoch im Landtag, das Land habe es nicht geschafft, überall schnelles Internet zu schaffen. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch kritisierte, die Regierung habe nur viele geplante Einzelmaßnahmen aneinandergereiht. „Eine echte Strategie wird daraus, wenn ein roter Faden erkennbar wird. Und an dem fehlt es.“Auch FDP-Digitalisierungsexperte Timm Kern sagte, die Strategie komme viel zu spät und sei nicht zu Ende gedacht.
Bis 2012 eine Milliarde Euro
Innenminister Thomas Strobl (CDU) räumte ein, im Land seien noch zu viele weiße Flecken. Die Regierung arbeite daran, sie zu beseitigen. Nach dem Breitbandatlas der Bundesregierung (Stand Ende 2016) ist bundesweit für rund 75 Prozent der Haushalte eine Verbindung von mindestens 50 Megabit je Sekunde verfügbar. In Baden-Württemberg liegt der Anteil mit 77,3 Prozent etwas über dem Bundesdurchschnitt.
Strobl hatte vor der Sommerpause in einer Regierungserklärung im Parlament beschrieben, wie und wo das Land die Digitalisierung fördern will. Bis zum Jahr 2021 investiert das Land rund eine Milliarde Euro. Praktische Beispiele für die Bürger sind selbstfahrende Autos, Telesprechstunden beim Arzt und virtuelle Behördengänge. Welche der zahlreichen Projekte aus der Digitalisierungsstrategie konkret umgesetzt werden, ist abhängig vom Verlauf der Haushaltsberatungen. Nach Ansicht von AfD-Fraktionschef Meuthen beinhaltet die Digitalisierungsstrategie der Regierung zu viele leere Worthülsen. Auch SPD-Fraktionschef Stoch wünschte sich mehr Konkretes. Auf viele Ängste der Bürger, etwa Veränderungen am eigenen Arbeitsplatz, habe die Landesregierung keine Antworten, meinte Stoch. FDP-Experte Kern forderte ein eigenes Digitalisierungsund Innovationsministerium. Bislang ist das Thema im Innenministerium angesiedelt.
Der baden-württembergische Industrieund Handelskammertag forderte, die öffentliche Breitbandförderung neu zu gestalten. „Die bisherigen Regelungen sind zu starr und bieten zu wenige Spielräume, um schnell hochleistungsfähige Breitbandanschlüsse in die Fläche zu bringen“, sagte Vizepräsident Christian Erbe. So müsse zum Beispiel auch geprüft werden, ob Leitungen etwa durch Trinkwasser- oder Brauchwasserrohre gelegt werden könnten. „Breitband wird immer mehr zum K.o.-Thema für die wirtschaftliche Entwicklung im Land“, mahnte er.