Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zehn Parteien bauen den Bezner-Turm um
In der Ravensburger Nordstadt ist nur eine Bauherrengemeinschaft übrig geblieben – Einzug ist für 2019 anvisiert
RAVENSBURG - Im ehemaligen Direktorenzimmer der Maschinenfabrik Bezner schmückt Holztäfelung die Wände, der in den Wandschrank eingelassene Tresor steht offen, aus Löchern in Decken und Wänden quellen Kabel und Holzwolle. Aber nicht mehr lange: Spätestens im Frühjahr 2018 steigt die Bauherrengemeinschaft, die zusammen den Bezner-Turm in der Holbeinstraße 30 gekauft hat, in die Sanierung ein.
Ursprünglich hatte die Stadt Ravensburg vor, auf dem Bezner-Areal vier Bauherrengemeinschaften die Möglichkeit zu geben, in Eigenregie – also ohne Bauträger – ihre Häuser hochzuziehen. Nur drei Anwärter hatten auf das Angebot reagiert, zwei davon sind wieder abgesprungen. Bei der Stange geblieben sind die zehn Parteien, die den Bezner-Turm renovieren und im Frühling 2019 dort einziehen wollen. „Das Objekt ist faszinierend, die Lage super, das Quartier hat sich prima entwickelt, und die Wege sind maximal kurz – so lassen sich Arbeit und Familie gut kombinieren“, beschreibt Michael Bihler von Bihler-Möbelkonzepte in der Wangener Straße seine Motivation. Er und seine Frau haben sich „bewusst für innerstädtisches Wohnen und gegen ein Häuschen im Grünen“entschieden, denn: „Hier entsteht was richtig Tolles.“
Genug Gründe also, um an dem Projekt festzuhalten – auch wenn es sich schon seit 2014 hinzieht. So war es ein „anspruchsvoller Prozess“, bis sich die Beteiligten (insgesamt sind 22 Menschen zwischen zwei und 80 Jahren mit im Boot) „wirklich gefunden“und darauf geeinigt haben, wer auf welcher Etage im Bezner-Turm wie groß sein Nest baut. Wobei Michael Bihler betont, dass es innerhalb der Gruppe meist harmonisch und immer konstruktiv zugeht: Man trifft sich alle ein bis zwei Wochen, bespricht, was anliegt, und verteilt Aufgaben wie etwa die, Versicherungen abzuschließen oder ein gemeinsames Konto zu eröffnen.
„Man braucht Mut“
Weil er selbst bislang so gute Erfahrungen damit macht, ist Bihler überzeugt, dass das Modell Bauherrengemeinschaft Zukunft hat – und zwar nicht nur in Städten wie Berlin oder Tübingen. Was dort schon normal ist, wird in Ravensburg oft immer noch skeptisch bis verständnislos
beäugt. Und so räumt Bihler ein: „Man braucht schon Mut, um so ein Projekt anzugehen.“Weil er den hat, schreckt ihn der Umstand, dass „sein“Garten später ein halböffentlicher Platz sein wird, ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Bruderhaus-Diakonie im Backsteingebäude nebenan Werkstätten für psychisch kranke Menschen einrichtet. Im Gegenteil: „Die Durchmischung des Quartiers ist toll“, findet Bihler. Und betont, dass es allen in der Bauherrengemeinschaft am Herzen liegt, nicht nur ihre eigene Bleibe so intensiv wie möglich mitzugestalten, sondern ebenso den Platz hinterm
Turm. Überhaupt habe man das gesamte Viertel im Blick.
Sich intensiv einbringen
Dieses kreative Sich-Einbringen zieht sich denn auch als roter Faden durch das Projekt: Dass man „vom Grundriss bis zur Aufteilung der Wohnungen vieles selber mit entwickeln kann“, hält Bihler für einen „Riesenkomfort“. Und freut sich daher drauf, wenn bald Decken, Fenster und Türen herausgerissen sowie neue Heizungen, Küchen und Bäder eingebaut werden. Tragende Wände bleiben stehen, die sich die vier Stockwerke hinauf windende Treppe
wird erhalten, der Dachstuhl ausgebaut, die Wohnungen bekommen Loggien. Das Erdgeschoss ist für eine Gewerbeeinheit vorgesehen. Wer daran Interesse hat, kann sich mit Michael Bihler in Verbindung setzen.
Warum er sich den Mehraufwand antut und worauf er sich freut, verrät Michael Bihler von der Bauherrengemeinschaft BeznerTurm GbR im Video: