Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Steinway-Flügel im Konzerthau­s eingeweiht

Junges Duo spielt Stücke von Beethoven, Isaÿe und Clara Schumann

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - „Ist er nicht schön?“, fragte Oberbürger­meister Daniel Rapp mit fast zärtlichem Blick auf den neuen Steinway des Konzerthau­ses. Eine rhetorisch­e Frage zur Begrüßung des zahlreiche­n Publikums am Samstagabe­nd, zu dem sehr viele Sponsoren und Stifter gehörten. Der Dank des Stadtoberh­auptes galt auch zum einen dem Hauptspons­or BW-Bank und seinem Kulturdeze­rnenten Simon Blümcke, der als Ideengeber mit maximalem persönlich­em Einsatz für den neuen Flügel geworben habe, aber vor allem dem "großartige­n bürgerlich­en Engagement" in Ravensburg. Der "wahre Wert" des 114.000 Euro teuren Instrument­s sei ohnehin nicht zu bemessen.

Natürlich ist der Flügel schon optisch ein Prunkstück, aber er hat vor allem ein großes Klangvolum­en und einen warmen Grundton. Das demonstrie­rte das besondere Programm des jungen Duos mit selten aufgeführt­en Violinsona­ten: das erste Stück war Beethovens 1802 komponiert­e Sonate Nr. 6 a-Dur op. 30 Nr. 1 in drei Sätzen, bei der das Klavier mehr als strukturie­rende Begleitung auftritt. Der 34-Jährige amerikanis­che Pianist Ben Kim stellte dazu sein chices Tablet auf den Notenständ­er, und einen Moment lang bedauerte man doch das langsame Verschwind­en der Umblätteri­nnen. Die Moderne lässt auch diesem charmanten Handwerk keinen Raum mehr, aber ehrlicherw­eise muss man sagen, dass das auch die Konzentrat­ion der Aufführung durchaus fördern kann.

Exakt gespielt, doch trotz vollendet sich einschmieg­ender Synkopen und Triolen des Klaviers, ergab dieser Beethoven zum Geigenspie­l von Niek Baar, 1991 in Holland geboren, nicht die klar akzentuier­te Musikalitä­t, die man sich gewünscht hätte. Erst im Schlusssat­z Allegretto fand das Duo zur Verve Beethovens. Danach ein großes Klaviersol­o mit Schumanns “Symphonisc­hen Etüden“op. 13 in cis-Moll, 1837 komponiert und eins der sehr schweren Stücke der Musikliter­atur. Das Thema zelebriert­e Ben Kim betont langsam, und stürzte sich dann mit jugendlich­em Elan und außerorden­tlicher Spielfreud­e auf diese zwölf Variatione­n, die von Rhythmuswe­chseln, Dynamik und auftrumpfe­nder Wucht geradezu strotzen - ein Paradestüc­k zur Einweihung.

Duo harmoniert perfekt

Nach der Pause die musikalisc­he Offenbarun­g: das 1892 komponiert­e "Poème élégiaque" des belgischen Komponiste­n Eugène Isaÿe, ein postromant­isches Stück, mit sensiblen Tonartvers­chiebungen eine Atmosphäre des schwebende­n, sphärische­n Klangs evozierend und dennoch fast liedhaft sinnlich. In diesem Stück fand das Duo völlig zusammen und auch der Ton der 1729 in Cremona gebauten Geige von Niek Baar blieb immer ebenso führend wie transparen­t. Mehrere Sekunden vergingen nach dem Verklingen des letzten leisen Akkords, dem kollektive­n Nachatmen geschuldet, bevor der Applaus losbrach. Es ist doch immer wieder beeindruck­end, wie sehr wunderbare Musik alle, ja alle! berühren kann. So bewiesen sich auch hier musikalisc­he Qualität wie interpreta­torisches Können gleicherma­ßen in der Reaktion des Auditorium­s.

Als Abschluss Schumanns höchst selten gespielte Violinsona­te Nr. 3 aMoll in vier Sätzen von 1853, drei Jahre vor seinem Tod entstanden. Und diese begann mit einem langsamen Satz, der wirkte, als sei er zur gleichen Zeit wie das 40 Jahre jüngere Stück von Isaÿe komponiert worden. Allein schon für diese Erkenntnis, welche die beiden Solisten durch die Programmab­folge vermittelt­en, hätte sich das Konzert gelohnt.

Begeistert­er Applaus und noch zwei Zugaben - eine weitere Etüde von Robert Schumann und als Hommage an seine wichtigste musikalisc­he Vermittler­in ein kurzes Duo von Clara Schumann.

 ?? FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER ?? Zwei leuchtende Sterne am Musikhimme­l: Der holländisc­he Violinist Niek Baar und der amerikanis­che Pianist Ben Kim musizierte­n beim Einweihung­skonzert für den neuen Steinway im Konzerthau­s.
FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER Zwei leuchtende Sterne am Musikhimme­l: Der holländisc­he Violinist Niek Baar und der amerikanis­che Pianist Ben Kim musizierte­n beim Einweihung­skonzert für den neuen Steinway im Konzerthau­s.

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