Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Heynckes freut sich auf seine Rückkehr
Heynckes’ Rückkehr ist perfekt, das neue, alte Trainergespann des FC Bayern ist zusammen 200 Jahre alt
MÜNCHEN (SID) - Jupp Heynckes wird erneut Trainer beim deutschen Fußballmeister Bayern München. Der 72-Jährige übernimmt das Amt nach der Entlassung von Carlo Ancelotti bis Saisonende. Heynckes startet am Montag und freut sich darauf: „Ich wäre zu keinem anderen Verein der Welt zurückgekehrt, aber der FC Bayern München ist eine Herzensangelegenheit für mich.“
MÜNCHEN - Mats Hummels versuchte, möglichst ernsthaft zu schauen, sprach dann entschlossen und mit bedrückter Mimik: „Ich habe bisher mit Jupp Heynckes nur schlechte Erfahrungen gemacht.“Die Reporter im Windsor Park von Belfast, wo die DFB-Elf dank des 3:1 gegen Nordirland gerade die WM-Qualifikation sichergestellt hatte, zogen die Augenbrauen zusammen, blickten sich verwundert an. Doch der Innenverteidiger der Nationalelf und des FC Bayern löste seine kleine rhetorische Finte sofort auf: „Wir haben leider 2013 das Champions-League-Finale mit Dortmund gegen ihn und seine Bayern verloren.“Hummels lächelte, fügte dann hinzu: „Von den anderen habe ich viel Gutes über ihn gehört.“
Ab Dienstag ist Heynckes sein neuer Trainer. Dann steigen die Nationalspieler der Bayern an der Säbener Straße wieder ins Training ein. Bereits am Tag zuvor tritt der 72-Jährige seinen Job in München an. Die gar nicht mehr so sensationelle Sensation ist perfekt, beim FC Bayern München haben ab sofort wieder die alten Männer das Sagen. „Er ist zum jetzigen Zeitpunkt der ideale Trainer für den FC Bayern“, wurde Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge am Freitagnachmittag in der Mitteilung zitiert, die Heynckes Rückkehr zum Rekordmeister bestätigte.
Viel Geld für den Co-Trainer
Heynckes unterschrieb bis zum 30. Juni 2018, seine Aufgabe: Die unter Carlo Ancelotti zuletzt in Einzelgrüppchen zerfallene Mannschaft wieder zu vereinen, den nächsten Übergang moderieren, und natürlich, es geht ja um den FC Bayern, nebenbei noch möglichst viele Titel gewinnen. „Ich wäre zu keinem anderen Verein der Welt zurückgekehrt, aber der FC Bayern München ist eine Herzensangelegenheit für mich“, sagte Heynckes und erklärte dem „kicker“, seine Rückkehr aus der Rente sei „kein Comeback“. Vielmehr „ein Freundschaftsdienst – und ich habe es nur gemacht, weil ich dem FC Bayern unglaublich viel zu verdanken habe.“Und fügte tatendurstig hinzu: „Ich habe ein sehr gutes Gefühl, es kann sofort losgehen.“Sein Rückkehrspiel ist das Heimspiel am 14. Oktober gegen Freiburg.
Vorhang auf für Heynckes’ vierte Amtszeit beim Rekordmeister – auch ein Rekord. Aber nicht ohne seine Hermanns, ohne Peter Hermann (65), bis Freitag als Co-Trainer von Friedhelm Funkel beim Zweitligatabellenführer Fortuna Düsseldorf unter Vertrag, und Hermann Gerland (63), der bis Saisonende von seinem Job als sportlicher Leiter des neuen Nachwuchsleistungszentrums abgezogen wird. Die Bayern lassen sich das Intermezzo einiges kosten. Bis zu zwei Millionen Euro Ablöse erhält Düsseldorf laut „Rheinischer Post“ für Hermann. Zusammen ist das neue, alte Trainertrio jedenfalls stolze 200 Jahre alt – mehr Erfahrung geht nicht. Für Interimstrainer Willy Sagnol, erst 40, der die Bayern bei Hertha BSC (2:2) coachte, gibt es wohl keine Zukunft in München. Er gehört Heynckes’ Trainerteam nicht an, man wolle sich zeitnah mit ihm zusammensetzen, hieß es nur.
Die Profis sind begeistert. Jérôme Boateng, den Heynckes während seiner letzten Amtszeit in München von 2011 bis 2013 zum Weltklasse-Innenverteidiger formte, erklärte feierlich: „Eine bessere Lösung gibt es nicht. Er kennt den Verein und die Spieler in- und auswendig.“Heynckes sei „ein ganz großer Trainer mit viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung“, er komme „gut mit den Oberen zurecht“. Mit Rummenigge und vor allem mit Präsident Uli Hoeneß, der den Verein nicht nur durch die Verpflichtung seines Herzensfreunds wieder ganz schön ulisiert hat.
Für Joachim Löw ist Heynckes ein „unglaublich erfahrener Trainer, der eine tolle Ausstrahlung hat“. Als Scherz fügte der Bundestrainer hinzu: „Wenn er noch ein paar Mal zurückkehrt, wird er vielleicht irgendwann mein Nachfolger.“Erstaunt über den Coup mit Heynckes zeigte sich dagegen Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer. „Ich bin überrascht, dass sich der Jupp das Wagnis antut“, sagte er der „Bild“, ergänzte aber: „Je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir seine Rückkehr“. Der Kaiser ist ja selbst zweimal als Trainer in der Not eingesprungen – in den Rückrunden 1994 und 1996. Einmal gewann Bayern die Meisterschaft (’94), einmal den Uefa-Cup (’96). Heynckes übrigens gelang bei seinen drei vorherigen Bayern-Engagements im ersten Jahr nie die Meisterschaft.