Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zwischen Wachstumss­chmerzen und Zielkonfli­ktchen

- Von Frank Hautumm

Wachstumss­chmerz hat Ravensburg­s Erster Bürgermeis­ter Simon Blümcke das genannt, was derzeit die Duale Hochschule am Standort Ravensburg plagt. Wachstumss­chmerz deshalb, weil die Zahl der Studenten auch dank des ausgezeich­neten Rufes der DHBW ständig steigt, aber leider weder der Etat noch die Flächen und auch nicht das Personal in gleichem Maße mitwachsen. Rektor Herbert Dreher hat in dieser Woche, in der er 860 Erstsemest­er in Ravensburg begrüßen konnte, seinem Ärger ziemlich laut Luft gemacht. Der Schwarze Peter ging ans Land. „Wir fühlen uns in der Stadt Ravensburg hervorrage­nd, in Stuttgart aber gar nicht gut aufgehoben“, sagte Dreher. „Dem Ministeriu­m ist es egal, wie es uns geht. Ich bekomme dann von Frau Bauer zu hören, bei uns in Oberschwab­en laufe es doch super. Und das Geld geht dann nach Mannheim.“Mit drei Millionen Euro weniger im Etat (gesamt 19 Millionen Euro) als 2014 müsse er auskommen, so der Rektor. Und 2000 Quadratmet­er Fläche fehlen der Dualen Hochschule in Ravensburg auch, weil die zuständige­n Ministerie­n sich nicht mit dem Besitzer des Weingarten­er Hofs einigen konnten. Aus dem Gemeindera­t gab es große Solidaritä­tsbekundun­gen für Herbert Dreher, an einer fraktionsü­bergreifen­den Initiative aus Ravensburg wird gearbeitet.

Der Wachstumss­chmerz der DHBW kommt mitunter aber auch an anderer Stelle an: Mehrere Tausend Studenten sind eine große Bereicheru­ng für die Stadt, in Einzelfäll­en aber – wie andere lebenslust­ige junge Menschen – manchmal auch eine Belastung für die Nachbarn. Dann nämlich, wenn sie das attraktive Ravensburg­er Nachtleben ausgiebig genießen und in die eigenen vier Wände verlagern. CDU-Stadtrat Rudi Hämmerle, leidgeprüf­ter Innenstadt­bewohner, kann als begnadeter Musiker ein Lied davon singen – und tat das diese Woche auch. „Das sind einzelne Zielkonfli­ktchen“, meinte Bürgermeis­ter Blümcke. „Nein, das sind schon Konflikte“, reagierte Hämmerle prompt. Bedingt sicher auch durch das System der Dualen Hochschule mit wechselnde­n Praxisund Theoriepha­sen. Kaum hat man sich mit der einen WG-Besatzung gütlich auf Hausregeln geeinigt, zieht schon wieder eine andere Mannschaft ein. Mit einem aber hat Simon Blümcke definitiv auch recht: „Inzwischen werden Abwehrakte immer auf 100 Prozent ausgespiel­t, während die Kooperatio­nsbereitsc­haft beständig sinkt.“Verwaltung­en sehen sich auch beim Versuch, Wohnraum für Studenten zu schaffen, regelmäßig mit Bürgerinit­iativen oder „Klagen bis zur letzten Instanz“konfrontie­rt. Und dafür kann Stuttgart nun gar nichts.

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