Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zwischen Wachstumsschmerzen und Zielkonfliktchen
Wachstumsschmerz hat Ravensburgs Erster Bürgermeister Simon Blümcke das genannt, was derzeit die Duale Hochschule am Standort Ravensburg plagt. Wachstumsschmerz deshalb, weil die Zahl der Studenten auch dank des ausgezeichneten Rufes der DHBW ständig steigt, aber leider weder der Etat noch die Flächen und auch nicht das Personal in gleichem Maße mitwachsen. Rektor Herbert Dreher hat in dieser Woche, in der er 860 Erstsemester in Ravensburg begrüßen konnte, seinem Ärger ziemlich laut Luft gemacht. Der Schwarze Peter ging ans Land. „Wir fühlen uns in der Stadt Ravensburg hervorragend, in Stuttgart aber gar nicht gut aufgehoben“, sagte Dreher. „Dem Ministerium ist es egal, wie es uns geht. Ich bekomme dann von Frau Bauer zu hören, bei uns in Oberschwaben laufe es doch super. Und das Geld geht dann nach Mannheim.“Mit drei Millionen Euro weniger im Etat (gesamt 19 Millionen Euro) als 2014 müsse er auskommen, so der Rektor. Und 2000 Quadratmeter Fläche fehlen der Dualen Hochschule in Ravensburg auch, weil die zuständigen Ministerien sich nicht mit dem Besitzer des Weingartener Hofs einigen konnten. Aus dem Gemeinderat gab es große Solidaritätsbekundungen für Herbert Dreher, an einer fraktionsübergreifenden Initiative aus Ravensburg wird gearbeitet.
Der Wachstumsschmerz der DHBW kommt mitunter aber auch an anderer Stelle an: Mehrere Tausend Studenten sind eine große Bereicherung für die Stadt, in Einzelfällen aber – wie andere lebenslustige junge Menschen – manchmal auch eine Belastung für die Nachbarn. Dann nämlich, wenn sie das attraktive Ravensburger Nachtleben ausgiebig genießen und in die eigenen vier Wände verlagern. CDU-Stadtrat Rudi Hämmerle, leidgeprüfter Innenstadtbewohner, kann als begnadeter Musiker ein Lied davon singen – und tat das diese Woche auch. „Das sind einzelne Zielkonfliktchen“, meinte Bürgermeister Blümcke. „Nein, das sind schon Konflikte“, reagierte Hämmerle prompt. Bedingt sicher auch durch das System der Dualen Hochschule mit wechselnden Praxisund Theoriephasen. Kaum hat man sich mit der einen WG-Besatzung gütlich auf Hausregeln geeinigt, zieht schon wieder eine andere Mannschaft ein. Mit einem aber hat Simon Blümcke definitiv auch recht: „Inzwischen werden Abwehrakte immer auf 100 Prozent ausgespielt, während die Kooperationsbereitschaft beständig sinkt.“Verwaltungen sehen sich auch beim Versuch, Wohnraum für Studenten zu schaffen, regelmäßig mit Bürgerinitiativen oder „Klagen bis zur letzten Instanz“konfrontiert. Und dafür kann Stuttgart nun gar nichts.