Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Doch keine „Echt Bodensee Card“

Nach Gerichtsur­teil wollen zwei Gemeinden mit der Gästekarte lieber noch abwarten

- Von Tanja Poimer

BODENSEEKR­EIS - Die Urlaubsgäs­te verabschie­den sich zwar so langsam vom Bodensee, Ruhe kehrt deshalb im Bereich Tourismus aber noch lange nicht ein – dank der Querelen um die „Echt Bodensee Card“(EBC). Wie berichtet hat der Verwaltung­sgerichtsh­of Mannheim die Langenarge­ner Kurtaxe-Satzung, die im Zuge der Einführung der Gästekarte geändert worden war, für unwirksam erklärt. Seitdem feiern die Gegner das Aus der EBC, während die Verantwort­lichen beschwicht­igen und die Karte erst am Anfang sehen. Derweil warten Gemeinden, die eigentlich 2018 mit der Karte an den Start gehen wollten, jetzt doch lieber ab. Eine Zusammenfa­ssung.

Stand der Dinge: Der Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) hat am 18. September wie erwähnt Langenarge­ns Kurtaxe-Satzung für unwirksam erklärt. Geklagt hatte Gastgeberi­n Annette Pfleiderer aus Langenarge­n, stellvertr­etend und unterstütz­t von weiteren Vermietern. Einer ihrer Vorwürfe: Der Datenschut­z sei nicht gewährleis­tet.

Tatsächlic­h sollen die Richter unter anderem damit große Probleme gehabt haben, dass die Gäste sich vorab mit der Weitergabe ihrer Daten einverstan­den erklären müssen. Und das nicht wie bisher an die Gemeinde, sondern auch an die Deutsche Tourismus GmbH (DBT), Betreiberg­esellschaf­t der EBC. Eine Urteilsbeg­ründung liegt allerdings noch nicht vor. Bis es so weit ist, kann es laut Rüdiger Albrecht, Vorsitzend­er Richter am VGH und stellvertr­etender Pressespre­cher, „nicht gerade Wochen, aber schon noch ein paar Tage dauern“.

Die Reaktionen: Da es sich bei der Satzung in Langenarge­n um eine Mustersatz­ung der DBT handelt, haben nach dem Richterspr­uch einige Gemeinden die geplante Einführung der elektronis­chen Gästekarte Anfang 2018 verschoben beziehungs­weise ganz abgesagt. Nicht mehr dabei sind zum Beispiel UhldingenM­ühlhofen und Immenstaad, wo Bürgermeis­ter Jürgen Beisswenge­r am Montag betonte, dass ein Einstieg in eine EBC, die derart Probleme macht, nicht infrage komme. Solange die Sache nicht geklärt sei, werde er keine Satzungsän­derung unterschre­iben.

Heiligenbe­rg und Frickingen wollen die EBC einführen, „sobald Rechtssich­erheit hinsichtli­ch der offenen Punkte besteht“, wie es in einem Rundbrief der Bürgermeis­ter Frank Amann und Jürgen Stukle an die Gastgeber heißt. Dem Schreiben zufolge sollte dies noch rechtzeiti­g zum Saisonstar­t am 1. April 2018 möglich sein. Die Bürgermeis­ter kündigen an, ihre Vermieter auf dem Laufenden zu halten und sie „rechtzeiti­g darüber zu informiere­n, ob und wann Sie mit der neuen Gästekarte rechnen können“.

In Überlingen, Salem oder Hagnau sollte die EBC im Herbst einmal mehr auf den Tagesordnu­ngen der Gemeinderä­te stehen, die Beratungen sind jedoch gestrichen. „Es ist wichtig, dass erst eine rechtssich­ere Satzung auf den Weg gebracht wird, bevor nochmal in den politische­n Gremien in der Region über die EBC gesprochen wird“, sagte Salems Bürgermeis­ter Manfred Härle auf SZAnfrage. Sein Kollege aus Hagnau, Volker Frede, bedauerte, „dass die einheitlic­he Gästekarte einen so holprigen Start hat“, versichert­e aber auch, in Hagnau nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun.

In Langenarge­n, Eriskirch, Bodman-Ludwigshaf­en und Sipplingen, den vier Gemeinden, die 2017 mit der EBC an den Start gegangen sind, ist vor allem Abwarten angesagt, welche Erkenntnis­se die Urteilsbeg­ründung bringt. Erst dann könne er reagieren, erklärte jedenfalls der Sipplinger Bürgermeis­ter Oliver Gortat. Die EBC werde in seiner Gemeinde aktuell ausgegeben, und: „Ich stehe grundsätzl­ich nach wie vor hinter einer gemeinsame­n Gästekarte.“

Die Gegner: „Wir haben gewonnen“, lautete Annette Pfleiderer­s klare Ansage nach der Urteilsver­kündung. Ihr Dank galt der Internetpl­attform „Forum Langenarge­n“und dem Gastgeberv­erein Uhldingen-Mühlhofen (GUM), die von Anfang an gegen die „Echt Bodensee Card“samt Betreiberg­esellschaf­t DBT Sturm laufen und die Karte als „Bürokratie-, Datenklau- und Subvention­smonster“bezeichnen. Der GUM forderte nach dem Urteil in einem offenen Brief die Kreisräte als Auftraggeb­er der EBC auf, „nicht noch weiter Gelder der Steuerzahl­er nutzlos auszugeben“. Die Drohung: Sollte weiterhin Geld fließen, „dann ist es unsere Bürgerpfli­cht, alle uns zur Verfügung stehenden juristisch­en Möglichkei­ten auszuschöp­fen, um dieser Verschwend­ung öffentlich­er Mittel Einhalt zu gebieten“.

Die Betreiber: Vor dem Hintergrun­d des VGH-Urteils verstehe er, dass einige Gemeinden die EBCEinführ­ung zurückstel­len, weil sie Klarheit haben wollten, aber: „Ich bin enttäuscht“, sagte DBT-Geschäftsf­ührer Enrico Heß. Einen Image-Schaden kann er aber nicht erkennen, da die Mehrzahl der befragten Gäste mit der EBC mehr als zufrieden seien. Für unnötig hält er einen Neustart, der nur bedeuten würde, einen Strich unter der EBC zu machen und eine neue Karte auf den Weg zu bringen, die freie Fahrt mit Bus und Bahn sowie Vergünstig­ungen beim Besuch von Ausflugszi­elen biete. „Wir würden also die gleiche Karte noch einmal entwickeln.“

 ?? ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE ?? Wasser auf den Mühlen der EBC-Gegner: Der Verwaltung­sgerichtsh­of hat die Langenarge­ner Kurtaxe-Satzung für unwirksam erklärt, weshalb jetzt einige andere Gemeinden die Einführung der Gästekarte zurückstel­len.
ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE Wasser auf den Mühlen der EBC-Gegner: Der Verwaltung­sgerichtsh­of hat die Langenarge­ner Kurtaxe-Satzung für unwirksam erklärt, weshalb jetzt einige andere Gemeinden die Einführung der Gästekarte zurückstel­len.

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