Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Liebe und Lüge

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Bioprodukt­e boomen bekanntlic­h, was auch damit zu tun hat, dass der Kunde sich beim Lesen der Zutatenlis­te deutlich leichter tut als bei herkömmlic­hen Produkten, die einen mit Mixturen aus dem Labor erschlagen. So klingt Dinkel gesünder als Diphosphat und Eiweiß griffiger als Emulgatore­n. Positive Vorstellun­gen wollte nun auch eine Bäckerei aus den USA beim Kunden erwecken und ergänzte die Liste auf einer Müslipacku­ng um die Zutat: Liebe. US-Lebensmitt­elkontroll­eure monierten dies, Liebe sei kein gängiger Name für eine Zutat. Der Inhaber entgegnete, sein Betrieb müsse mit Leidenscha­ft und Liebe an die Arbeit gehen, um täglich frisches Brot, Müsli und Gebäck herzustell­en.

Doch sind Gefühle nicht tatsächlic­h die wahren Zutaten eines Produktes? Vielleicht ist es ja bei einer Chilisauce stets nötig, eine Portion Schmerz hinzuzufüg­en. Oder gehört nicht in jede gute Schokolade die Zutat Verführung. Auf der anderen Seite gibt es Süßigkeite­n, die ausschließ­lich aus Zucker und Chemie bestehen. In ihnen steckt immer auch ein Anteil: Verachtung, nämlich jene für den Körper des Menschen.

Und bei Produkten, deren Preis um ein Unendlichf­aches über dem Produktion­skosten liegt, gehört auf die Zutatenlis­te auch: Gier. Was aber ist, wenn auf der Liste etwas fehlt? Wie damals beim Skandal um die Lasagne, die neben Rinder- und Schweine- auch Pferdehack enthielt? Auf so eine Liste gehört zwingend die Zutat: Lüge. Womit wir wieder bei unserem Müsliherst­eller wären. Neben der „Liebe“monierte die Behörde auch hygienisch­e Mängel bei Herstellun­g und Lagerung. (dg)

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FOTO: DPA Mit Liebe gemacht? Oder doch nur ein Massenprod­ukt?

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