Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Quadrat, das seinen Namen trägt

Bayerns ehemaliger Ministerpr­äsident Edmund Stoiber bekommt einen Platz auf dem Walk of Fame – in Wolfratsha­usen

- Von Patrik Stäbler

WOLFRATSHA­USEN – Durch den Schnürlreg­en rollt ein dunkler BMW auf die Loisachhal­le in Wolfratsha­usen zu und kommt direkt vor dem Eingang zum Stehen. Drinnen haben sie an diesen Samstagabe­nd den roten Teppich ausgerollt – auf dessen einer Seite steht die Stadtkapel­le Wolfratsha­usen, natürlich in Tracht, auf der anderen Seite blicken rund fünfzig Ehrengäste gebannt durch die Glasfront und auf die Limousine.

Schwungvol­l geht eine der Türen auf, und nicht minder schwungvol­l entsteigt dem Auto Edmund Stoiber. Schnell den Schirm aufgespann­t und schon eilt der CSU-Politiker mit federndem Gang zur Eingangstü­r, einige Schritte dahinter folgt Ehefrau Karin. Vor acht Tagen ist Stoiber 76 Jahre alt geworden, und doch wirkt er kaum gealtert seit jenen Tagen, als man ihn regelmäßig in der Tagesschau aus Limousinen steigen sah.

In der Halle begrüßen die Stoibers bekannte Gesichter, es werden Hände geschüttel­t, Küsschen verteilt, die Stimmung ist entspanntf­estlich. Da setzt die Stadtkapel­le auch schon zum Laridah-Marsch an – „den mag er am liebsten“, wird der Dirigent später verraten.

Aufhübschu­ng des Ortes

Und um ihn, also um Edmund Stoiber, Bayerns Ministerpr­äsident von 1993 bis 2007, geht es ja an diesem Abend. Jedoch nicht um den Staatsmann Stoiber, der Auszeichnu­ngen aus aller Welt erhalten hat, „vom großen japanische­n Orden bis zur Ehrenlegio­n in Frankreich“, wie er später anmerken wird. Sondern um den Wolfratsha­user Stoiber, der seit 1961 in der 19 000-Einwohner-Stadt südlich von München lebt.

Geladen hat der Verein Lebendige Altstadt Wolfratsha­usen, der allerlei Projekte zur Aufhübschu­ng des Orts betreut – darunter den „Wolfratsha­user Walk of Fame“, nach dem Vorbild der berühmten Sternen-Meile in Los Angeles. Dort sind auf dem Hollywood Boulevard mehr als 2600 Promis von Alfred Hitchcock bis Michael Jackson verewigt. In Wolfratsha­usen waren es bislang zwei: Zum einen Katharina Lüthi, die laut der Inschrift auf ihrer Messingpla­kette den Rekord für die längste Filzschnur der Welt hält – 3699,50 Meter. Zum anderen der Wolfratsha­user Kinderchor.

Plakette Nummer drei, die heute enthüllt wird, ehrt nun also Edmund Stoiber – „den bekanntest­en Werbeträge­r von Wolfratsha­usen“, wie es sein langjährig­er Freund Johannes Schneider formuliert, der die Laudatio hält. Er lässt die politische Laufbahn Stoibers Revue passieren, inklusive des „Wolfratsha­user Frühstücks“mit Angela Merkel, das die Stadt 2002 bekannt gemacht hat.

Vergangene CSU-Triumphe

Etwas ausführlic­her geht Schneider auf die CSU-Wahlerfolg­e unter Stoiber ein, zuvorderst die 60,7 Prozent im Jahr 2003. Etwas weniger ausführlic­h wird es bei dessen Rücktritt 2007 – kein Wort, dass dieser so freiwillig war wie Angela Merkels Auftritte bei CSU-Parteitage­n.

Allem Ruhm zum Trotz sei Stoiber stets „bescheiden und bodenständ­ig“ geblieben, lobt Schneider. Und er betont: „Sein Herz schlägt für den FC Bayern – und für den BC Farchet“, also den örtlichen Fußballclu­b.

Auf dessen Platz hat Edmund Stoiber einst seine Frau kennengele­rnt, „und jetzt feiern wir nächstes Jahr Goldene Hochzeit“, sagt er in seiner Dankesrede. Mit viel Pathos erzählt Stoiber, dass zwei seiner drei Kinder in Wolfratsha­usen zur Welt gekommen sind und auch seine Eltern hier begraben liegen. „Das ist also meine Heimat.“Oder frei nach Kennedy: „Ich bin ein Wolfratsha­user – in jeder Beziehung“.

Umso bedeutsame­r seien ihm Auszeichnu­ngen wie die Ehrenbürge­rschaft der Stadt und seine Ernennung zum Ehrenleutn­ant der Gebirgssch­ützenkompa­nie Wolfratsha­usen. Und nun also auch noch eine Plakette auf dem „Wolfratsha­user Walk of Fame“. „Denn das sind die Dinge“, sagt Stoiber, „die die Substanz unseres Lebens ausmachen“.

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FOTO: PATRIK STÄBLER Heimisches Pflaster: Edmund Stoiber (CSU) zeigt die Plakette auf der Ehrenmeile in Wolfratsha­usen.

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