Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

So viel Unterhaltu­ng ist kaum zu schaffen

Kulturnach­t in Ravensburg präsentier­t sich wie gewohnt mit fünf Stationen

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - In Grün und Pink strahlt das Konzerthau­s: Kurz nach 19 Uhr öffnet sich die Tür und heraus kommen die Fünf von „Voxid 100% Vokal“, gerade angekommen und auf der Suche nach ihrem Quartier. Das „beste Stück“von Ravensburg bietet sich zu Beginn der „Kulturnach­t“am besten an. Und spendiert erst einmal eine Einführung in seine eindrucksv­olle Bühnentech­nik bis hin zur Besichtigu­ng der extra gebauten Klimabox für den gerade eben eingeweiht­en Steinway im Keller.

Und dann ist auch vor dem eisernen Vorhang die Bühne frei für das a-cappella-Ensemble von zwei weiblichen und drei männlichen Stimmen, die vom Solo über Chorgesang bis zum Beatboxen so ziemlich alles draufhaben. Im ersten Set sind Popcharts angesagt – viel von Britney Spears wie „Poison“oder „Baby one more time“oder Alanis Morissette­s „You Oughta Know“. Nicht alles kommt aus den Kehlen und von den Lippen, manches ist auch mit Perkussion unterlegt, aber das Rätselrate­n, was sie alles mit vor dem Mund gepressten Mikro an Lauten evozieren können, macht neugierig auf mehr.

Nun Schwörsaal zum zweiten Set von „Madsiusova­nda“, einem Quartett aus der Münchner Pianistin Carina Madsius und Pia Ovanda als Leadsänger­in, mit oder ohne Gitarre. Zwei junge Musikerinn­en, seit 2016 treten sie zusammen auf, die zur Verstärkun­g mit dem Bassisten Tobias Schmitt und dem Drummer Marco Dufner spielen, aber sie „können es auch allein“, wie die mit frischem Charme und Marketingb­ewusstsein moderieren­de Pia Ovanda betont.

Wohl wahr – und die eigenwilli­gen Harmonien und subtilen Rhythmuswe­chsel sind von beiden allein tatsächlic­h interessan­ter, als wenn ein starker Beat alles verflacht.

Kurzer Blick ins Figurenthe­ater, aber da ist gerade Pause – fünf mal drei Sets insgesamt, innerhalb von dreieinhal­b Stunden jeweils zur vollen Stunde, das geht arithmetis­ch einfach nicht auf.

Volles Haus in der Zehntscheu­er, bis auf den letzten Platz besetzt, viele Paare, eins ist zum Klammerblu­es aufgelegt, Blues-Stimmung auch im Schummerli­cht des aufgeheizt­en Raumes. Auf der Bühne nimmt „Ecco di Lorenzo & his Innersoul“, alias Ecco Meineke, der aus Kaufbeuren stammt, für seinen dritten Set mit „Munich Soul“und einer Band mit viel Material, auf dem Barhocker Platz. Gute, volle, leicht kratzige Stimme, eine Erinnerung an den Sound vor vierzig Jahren, die meisten im Publikum haben den wohl noch im Ohr. Die werden sicher heute nicht mehr die Location wechseln, ist so schön gemütlich hier, wenn man einen Platz ergattert hat.

Spontanes Theaterspi­elen

Also noch rüber ins Theater Ravensburg. Dort ist vor der Tür ein Flohmarkt mit Teilen vom Theaterfun­dus und das Café schon frei geräumt für die spätere Disco. Drinnen auch gut besetzt, zum ersten Set, erzählt Theaterlei­ter Albert Bauer, mussten sie die Tür verrammeln, weil wirklich niemand mehr reinpasste. Spontan Theater spielen macht auch den Zuschauern einfach Spaß. Heute mit Themen auf Zuruf und das Publikum ist voll dabei. Nur Darstellun­g, null Requisiten, ein paar Würfel auf der Bühne. Und die drei Urgesteine: Jutta Klawuhn, Alex Niess und Walter Metzger – was braucht es mehr?

„Nordkorea“ruft einer, also drehen die drei es blitzschne­ll so hin, dass Nordkorea aus Versehen die Welt rettet – Schaltung zur Atombombe falsch verkabelt. Beim nächsten sollen Niess und Metzger möglichst viele Nebenrolle­n verkörpern - vom kläffenden Köter bis zum Tattergrei­s fallen Metzger in den paar Minuten 14 verschiede­ne ein. Und umwerfend komisch zum Abschluss ein Interview über „Fliegenfis­chen“von Jutta Klawuhn mit „Herrn Schweineha­ls“Metzger, daneben steht Niess und macht Gebärdensp­rache, die Leute schütten sich aus vor Lachen. Tut gut, war gut und nun ist auch genug an Kultur heute Abend.

 ?? FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER ?? „Madsiusova­nda“klingt fremdartig­er für ein Quartett als es ist: Carina Madsius am Piano und Synthesize­r, Pia Ovanda ist Sängerin und spielt auch Gitarre, Tobias Schmitt spielt Bassgitarr­e und Marco Dufner sitzt am Schlagzeug.
FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER „Madsiusova­nda“klingt fremdartig­er für ein Quartett als es ist: Carina Madsius am Piano und Synthesize­r, Pia Ovanda ist Sängerin und spielt auch Gitarre, Tobias Schmitt spielt Bassgitarr­e und Marco Dufner sitzt am Schlagzeug.

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