Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Athleten wagen Emanzipation
FRANKFURT (SID/dpa) - Der Verein soll „Athleten Deutschland“heißen, der Entwurf der Satzung ist fertig, in einer Woche wird abgestimmt: Die deutschen Spitzensportler sind auf ihrem Weg zu mehr Einfluss und Eigenständigkeit auf die Zielgerade eingebogen. Was da am kommenden Sonntag im Olympiastützpunkt Rheinland in Köln von der Vollversammlung der deutschen Athletenvertreter beschlossen werden soll, hat das Potenzial für eine Zerreißprobe zwischen Sportlern und Deutschem Olympischem Sportbund (DOSB).
„So wie wir im Moment aufgestellt sind, sind wir überfordert und genügen unseren eigenen Ansprüchen nicht“, sagt Säbelfechter Max Hartung, der Vorsitzende der DOSBAthletenkommission. Mit seiner Stellvertreterin, der Kanutin Silke Kassner, hat der Europameister das Konzept eines eingetragenen Vereins vorangetrieben und nebenbei aus dem Ehrenamt heraus viel Zeit in Lobbyarbeit für die Athleten investiert – eine Mammutaufgabe, die künftig auf mehrere Schultern verteilt werden soll.
Die DOSB-Athletenkommission soll bestehen bleiben, ihr Vorsitzender soll weiterhin qua Amt ein Platz im Präsidium des Dachverbandes einnehmen. Zusätzlich aber soll es „Athleten Deutschland“geben, ausgestattet mit einer Geschäftsstelle und drei hauptamtlichen Mitarbeitern, die operative Aufgaben übernehmen. Der Verein soll den Athleten auf sportlicher und politischer Ebene mehr Gehör verschaffen.
„Wir wollen auf Augenhöhe mit den anderen Akteuren des Sports sprechen können. Das war bisher nicht der Fall“, sagte Hartung der ARD-Sportschau. „Wir glauben, dass die Stimme der Athleten eigenständig formuliert sein sollte.“Kassner fügte hinzu: „Es ist einfach an der Zeit, dass auch die Verbände akzeptieren, dass die Athleten ein wirklich valider Gesprächspartner auf Augenhöhe sind und nicht nur ein Feigenblatt in einer Satzung.“
Der DOSB wollte sich auf Anfrage nicht zu den Emanzipationstendenzen äußern: Man wolle erst die internen Beratungen der Athleten am kommenden Wochenende abwarten.