Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Neues Glaubenszentrum wird eröffnet
Ravensburger Haus der katholischen Kirche soll vor allem Begegnungsstätte sein.
RAVENSBURG - Das neue Haus der katholischen Kirche in Ravensburg wird am Sonntag mit einer Eröffnungsfeier endlich seiner Bestimmung übergeben – nach 13 Jahren Planungs- und Bauzeit. Das Glaubenszentrum direkt gegenüber der Liebfrauenkirche wird dabei vor allem eines sein: ein Treffpunkt von Menschen für Menschen.
„Das Haus der katholischen Kirche soll ein Marktplatz sein – und zwar für alle unabhängig von Konfession oder Glauben“, sagt Pastoralreferent Michael Schindler. Das Herzstück dieses „Marktplatzes“ist neben dem großen Saal, der 120 Personen Platz bietet und eine eigene Küche hat, der Begegnungsraum mit angeschlossenem Bistro im Erdgeschoss. Von 8.30 bis 18 Uhr wird der Begegnungsraum geöffnet sein. Bürger aus Ravensburg und darüber hinaus können dort Zeit verbringen, entspannen, lesen oder ins Gespräch kommen. Wer Infos oder einfach jemanden zum Reden braucht, dem hilft ein Kirchenangehöriger vor Ort weiter. Diverse Veranstaltungen mit wechselnden Kooperationspartnern runden das Ganze ab. „Es ist ein niederschwelliges Angebot, um Menschen zu erreichen, die nicht unbedingt in die Kirche kommen“, erklärt Pfarrer Hermann Riedle.
Doch nicht nur die psychische Barriere soll laut Pastoralreferent Schindler mit dem neuen Glaubenszentrum abgebaut werden. Auch die physische Barriere werde verschwinden – dank ebenerdigem Eingang und Fahrstuhl: „Das Gebäude ist für jeden zugänglich – für Kinder, Rollstuhlfahrer und Senioren“, erklärt Schindler. Zur Verfügung stehen zwar nur fünf Auto-Stellplätze, dafür ist die Bushaltestelle direkt vor der Tür. „Damit müssen wir leben“, meint der Pastoralreferent. „Man kann halt nicht direkt in der Stadt sein und gleichzeitig haufenweise Parkplätze anbieten.“
Kosten: 4,67 Millionen Euro
Damit das Bauwerk nicht in Konkurrenz zur Liebfrauenkirche steht oder diese sogar in den Schatten stellt, wurde es ein wenig nach hinten versetzt und verkleinert. „So bleibt der Blick auf die Kirche offen“, sagt Pfarrer Riedle. Er beschreibt das neue Haus der katholischen Kirche als „solide und nachhaltig“. Rund 50 Jahre soll es halten. Gekostet hat es 4,67 Millionen Euro, 250 000 Euro davon muss die Kirche an Spenden aufbringen. Ein Protzbau – wie der kostspielige Bischofssitz des einstigen Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst – ist das Ravensburger Gebäude aber nicht. „Es gibt hier keinerlei Luxus, goldene Wasserhähne werden Sie hier nicht finden“, schmunzelt Pfarrer Riedle. Im Gegenteil habe es sogar drei Sparrunden gegeben, bei denen unnötige Dinge rausgeworfen wurden. Das Ergebnis sei ein helles, freundliches und einladendes Gebäude, so Riedle.
Und praktisch ist es überdies. Denn das Haus der katholischen Kirche vereint zwei Kirchengemeinden: Liebfrauen und St. Jodok. Zusammengelegt werden die Gemeindehäuser und die Pfarrbüros. Alles findet in Zukunft zentral statt. Es gibt Gruppen- und Besprechungsräume. „Dadurch wird die Kooperation zwischen den beiden Gemeinden gestärkt“, ist sich Marica Leovac von der Gemeinde St. Jodok sicher. So wird beispielsweise die karitative Aktion „Einfach essen“, die einmal pro Woche günstiges Essen ausgibt, in den großen Saal verlegt.
Einen Platz – oder vielmehr ein ganzes Stockwerk– im Haus der katholischen Kirche hat auch die katholische Gesamtkirchenpflege bekommen. Mit elf Mitarbeitern residiert die Abteilung in der ersten Etage. „Diese Nähe und Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Pastoral ist gut“, bewertet Pfarrer Riedle.
Stolz ist er zudem auf den öffentlich zugänglichen Innenhof, der Sitzbänke und viel Grün haben soll. Ein Springbrunnen ist ebenfalls geplant. „Das wird eine Oase der Ruhe“, sagt Riedle. Das Gesamtkonzept des Hauses beruhe seinen Aussagen zufolge darauf, Kirche antreffen zu können, aber nichts zu müssen. „Das sehen wir als unseren Auftrag“, so der katholische Stadtpfarrer.