Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rechtsakti­vist schildert Engagement vor dem NSU-Ausschuss – Kritik an Polizei

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STUTTGART (lsw) - Ein in der Vergangenh­eit aktiver Rechter hat am Montag vor dem NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss in Stuttgart bestritten, Kontakt zur Terrorgrup­pe gehabt zu haben. Der 49-jährige Steuerbera­ter berichtete vor dem Gremium über seinen Werdegang in der rechten Szene. Erst Mitglied der JU, danach der Republikan­er und Auftragneh­mer der rechten Partei Deutsche Volksunion. Er rief nach eigenen Worten mehrere rechte Organisati­onen wie Freiheitli­che Initiative und Nationales Bündnis Heilbronn ins Leben und war in einer rechten Hochschulg­ruppe engagiert.

Dem Vorwurf, Kontakt zum Nationalso­zialistisc­hen Untergrund (NSU) und dessen Umfeld gehabt zu haben, widersprac­h er. Auch der in München als Unterstütz­er des NSU angeklagte Ralf Wohlleben sei ihm nicht persönlich bekannt gewesen. Der Heilbronne­r sagte aus, er habe bis zum Auffliegen der Gruppe Ende 2011 nichts von deren Existenz gewusst. Er sei selbst überrascht gewesen und habe die Mitglieder der Terrormili­z nie gesehen. Die Szene schilderte er als loses Netzwerk, das durch alkoholrei­che Partys und rechte Musik zusammenge­halten wurde. Er sei aber seit Mitte der 1990er-Jahre politisch nicht mehr aktiv. „Selbst die größten Revolution­äre werden irgendwann mal müde“, so der Zeuge.

Der NSU-Ausschuss geht der Frage nach, welche Verbindung­en zwischen NSU und Baden-Württember­g bestanden und ob es dort möglicherw­eise Unterstütz­er gab. Den Mitglieder­n des NSU werden zehn Morde zugerechne­t, unter anderem an der Polizistin Michèle Kiesewette­r. Nach dem bereits aufgelöste­n Ausschuss des Bundestage­s verbleibt einzig der Stuttgarte­r Ausschuss, der den Blick auf den Mord an der Polizistin konzentrie­rt.

Als weitere Zeugin machte eine Beamtin des LKA Angaben zu Telefondat­en aus dem Bereich des Heilbronne­r Tatortes. Deren Auswertung habe zu lange gedauert. Ausschuss-Chef Wolfgang Drexler (SPD) kritisiert­e die Heilbronne­r Polizei. Diese habe zu lange der Spur einer Serientäte­rin nachgejagt. Selbst nachdem sich herausgest­ellt hatte, dass die Spur von verunreini­gten Wattestäbc­hen herrührte, habe es zwei Jahre gedauert, bis den Daten wieder Aufmerksam­keit geschenkt worden sei.

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