Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bewegende Totenklage
Birnauer Kantorei beeindruckt mit Dvoráks „Stabat mater“in der Basilika
BIRNAU - Bereits zur Einführung in Dvoráks „Stabat mater“fanden sich die meisten Besucher des ausverkauften Konzerts der Birnauer Kantorei in der Wallfahrtskirche ein. Thomas Gropper, Leiter der Birnauer Kantorei, förderte mit seinem engagierten Vortrag über diese Komposition die Bereitschaft zum aufmerksamen Zuhören.
Wohl niemand kann sich diesem Werk der Sakralmusik verschließen. Es ist eine anrührende Totenklage von überwältigend reicher Musikalität und sublimierter Dramatik. Dvorák hat es 1876/1877 geschrieben. Kurz zuvor waren drei seiner kleinen Kinder gestorben. Der aus dem Mittelalter stammende lateinische Gedichttext über die unter dem Kreuz stehende trauernde Gottesmutter regte den Komponisten zu seinem ersten geistlichen Werk an, das mit großem gemischten Chor, vier Solisten und sinfonischer Doppelbesetzung des Orchesters auch ein üppiges Konzertstück darstellt. Wie Gropper erklärte, ist es die mit etwa 90 Minuten Dauer ausführlichste Vertonung dieses Textes, im Vergleich zu früheren wie Haydn oder Rossini oder späteren wie Verdi. Die Birnauer Kantorei hatte sich für ihr letztes Konzert in diesem Jahr ausdrücklich dieses zehnteilige Werk gewünscht und rund ein Vierteljahr einstudiert. Eine kurze Zeit, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit darin steckt.
Reicher Ertrag der Proben
Und diese hat sich gelohnt: Auch mit der doppelten Bläserbesetzung und dem fast 70 Köpfe zählenden Chor wirkte die Akustik immer ausgewogen und entfaltete sich unter dem Dirigat von Thomas Gropper in großen ruhigen Bögen. In ganz besonderer Dichte gelangen dem Chor die Steigerungen zum Forte und die Rückführungen zum hauchzart verklingenden Piano, die Prägnanz der Artikulation, der sich tänzerisch wiegende Duktus oder die Präzision der Schlussfuge. Aber auch der ganz exzellent ausgearbeitete Kontrast der Stimmfarben, wie ein satter Männerchor zusammen mit dem Tenor oder die schmelzenden Soprane in Teil VIII. Die vier Solisten – Sopranistin Carmela Konrad, Altistin Ulrike Malotta, Tenor Roman Payer und Bass Raphael Sigling – harmonierten ebenso gut mit dem Chor wie untereinander.
Die Südwestdeutsche Philharmonie ließ die Klarheit und Ruhe der Komposition strahlen, Holz, Blech und dunkle Streicher umhüllten, zusammen mit einer wunderbar dezenten und doch markanten Pauke, den Gesang. Auch in den opernhaften Sequenzen bewahrte das Orchester stabile Konturen. Thomas Gropper hatte nicht zuviel versprochen: Alles, was den Komponisten Dvorák ausmacht, fand sich hier aufs Schönste zusammen. Großer und herzlicher Beifall eines dankbaren Publikums nach dem traditionellen Glockengeläut.