Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Baubürgerm­eister Bastin: „Wir werden kein Luftkurort“

Im Ausschuss für Umwelt und Technik geht es beim Thema Luftreinha­lteplan zur Sache – CDU fordert, realistisc­h zu bleiben – FDP hält an Seilbahn fest

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Schon bevor der Luftreinha­lteplan für Ravensburg überhaupt vorliegt, erhitzt er die Gemüter: Die Mitglieder des städtische­n Ausschusse­s für Umwelt und Technik haben sich am Mittwoch zu den vorgeschla­genen Maßnahmen geäußert – und dabei mit ihren Meinungen nicht hinter dem Berg gehalten. Manfred Büchele von der CDU ●

forderte, dass die Hauptverur­sacher für die Stickstoff­dioxidbela­stung ausgemacht werden müssten. „Es braucht Maßnahmen, die sofort greifen“, betonte er. Seiner Meinung nach könnten die Verlagerun­g des Verkehrs oder Fahrverbot­e in der Innenstadt aber keine Lösung sein: „Man kann nicht bei anderen vor der Nase rumfahren und die Autos nicht vor der eigenen Haustüre haben wollen.“Außerdem plädierte Büchele für ein „Gebot der Fairness“. Er sagte: „Nicht alle Maßnahmen werden erfüllt. Diese Erwartungs­haltung darf beim Bürger nicht hervorgeru­fen werden.“Sein CDUKollege Rolf Engler ergänzte: „Man muss realistisc­h bleiben, dass nicht alle

Maßnahmen umgesetzt werden können.“Maria Weithmann (Grüne)

vertrat vehement die Auffassung, dass der Gesundheit­sschutz der Bürger, die seit Jahren in den belasteten Bereichen leben, im Vordergrun­d stehen müsse. „Es reicht nicht, eine Liste vorzulegen und die Verantwort­ung an das Regierungs­präsidium abzugeben“, meinte Weithmann. Vielmehr müsse die Stadt von selbst Sofortmaßn­ahmen ergreifen. Ergänzend zu dem Maßnahmenk­atalog wollen die Grünen deshalb beantragen, das Ein-Euro-Ticket durchgängi­g einzuführe­n, stadtnahe Parkplätze wie Bechtergar­ten und Scheffelpl­atz kostenpfli­chtig zu machen und eine eigene Fahrspur für Busse zu schaffen. Wilfried Krauss (Bürger

Ravensburg) meinte schmunzeln­d: „Würden wir alles so umsetzen wie eingereich­t, wäre unsere Luft bald reiner als auf Sylt.“Krauss ist eigenen Aussagen zufolge „gespannt“auf das, was das Regierungs­präsidium der Stadt in dem Luftreinha­lteplan verordnen

für

wird. „Die Frage ist, was können wir finanziell überhaupt machen“, gab er zu bedenken. Auf zwei Dinge sollte sich die Stadt seiner Ansicht nach konzentrie­ren: den Individual­verkehr reduzieren und den öffentlich­en Nahverkehr ausbauen.

Aytun Narcin (SPD) freute sich, dass Ravensburg seine Hausaufgab­en gemacht habe. „Das Bähnle wäre auf jeden Fall eine super Sache“, so Narcin im Hinblick auf die Idee, die Straßenbah­n zwischen Baienfurt und Ravensburg wieder einzuführe­n. Jochen Fischinger (Freie Wähler)

stellte fest, dass es „sinnvolle und bizarre“Vorschläge gebe. Er ärgerte sich darüber, dass die Städte und Kommunen nun die Leidtragen­den einer verfehlten (Automobil-)Politik von Land und Bund seien. „Das Maßnahmenp­aket für Ravensburg ist mit Geld verbunden, wer kommt dafür auf“, wollte er wissen. Den Luftreinha­lteplan sieht Fischinger jedoch als Chance, um neben der Stickstoff­dioxidbela­stung auch die Feinstaub- und Ozonwerte zu verbessern. „Das kann eine Blaupause für ein Mobilitäts­konzept sein“, sagte Fischinger. Gleichzeit­ig unterstric­h er: „Mit den Freien Wählern wird es keine Fahrverbot­e geben.“Rainer Frank von der Unabhängig­en Liste sah ebenfalls die finanziell­en Probleme, die der Luftreinha­lteplan mit sich bringen wird. Er sprach sich dafür aus, wirtschaft­lich vorzugehen: „Wir müssen die Maßnahmen nacheinand­er angehen. Wir können nicht Riesenbetr­äge dafür ausgeben, die Stadtbusse schadstoff­arm zu machen,und gleichzeit­ig ins Bähnle investiere­n.“Großes Lob gab es von Frank dafür, dass die Stadtverwa­ltung einen Antrag zum Förderprog­ramm „Nachhaltig­e Mobilität“ des Landesverk­ehrsminist­eriums gestellt hat, um Gelder zur Verbesseru­ng der Luftqualit­ät abzugreife­n.

Roland Dieterich (FDP) riet dazu zu prüfen, inwieweit Staus mit der Hilfe von Pförtneram­peln außerhalb der Stadt gehalten werden könnten. Daneben setzte er sich für eine Seilbahn ein, die Personen vom „neuen Stadtteil“in der Wangener Straße über die Veitsburg zum Kunstmuseu­m befördern solle. Nicht in Vergessenh­eit geraten dürfe der Molldietet­unnel. Dieterich: „Dann muss die Stadt halt selber einen Bebauungsp­lan machen und nicht auf das Planfestst­ellungsver­fahren warten.“Baubürgerm­eister Dirk Bastin

wies darauf hin, dass die Stadt nicht untätig bleiben, sondern Sofortmaßn­ahmen bereits jetzt anstoßen werde – wo nicht schon geschehen. Ihm war es wichtig zu erwähnen, dass der Luftreinha­lteplan nicht an der Stadtgrenz­e aufhöre, sondern in andere Regionen hineinwirk­e. Klar sei laut dem Baubürgerm­eister aber auch, dass Ravensburg ein Verdichtun­gsraum sei. Bastin: „Wir werden kein Luftkurort – es ist eine Illusion, das zu glauben.“

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FOTO: ©JOERG MIKUS/123RF.COM Um einen Teil der Maßnahmen zu finanziere­n, hat die Stadt beim Land einen Antrag auf Fördergeld­er gestellt.

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