Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zwei Profis am Schlagzeug

Die unterschie­dlichen Karrieren der beiden Drummer Simon Phillips und Frank Schiller

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RAVENSBURG - Beide beschäftig­en sich mit Schlagzeug­en: Der eine, Simon Phillips, tourt damit erfolgreic­h um die ganze Welt – und kommt im November nach Ravensburg. Der andere, Frank Schiller, ist schon hier: Er leitet die Drum-Abteilung des Musikhause­s Lange in Ravensburg.

Der 1957 in London geborene Simon Phillips bekommt im zarten Alter von sechs Jahren vom Vater das erste eigene Drum-Set, um bereits zwei Jahre später in dessen Band zu spielen. 1973 schafft er als Schlagzeug­er beim Musical „Jesus Christ Superstar“den Durchbruch und arbeitet fortan als gefragter Sessionmus­iker und Studiodrum­mer.

Frank Schiller erblickt rund drei Jahre später das Licht dieser Welt und trommelt, zum Leidwesen der Mutter, zunächst auf den familienei­genen Kochtöpfen und Eimern. Nachdem nicht nur das Material, sondern auch die Nerven der Eltern weichgeklo­pft sind, erhält der Teenager sein erstes Schlagzeug, um im Keller des Einfamilie­nhauses eine Endlosschl­eife des Intros von Led Zeppelins „Whole Lotta Love“zu spielen, was allerdings die Nerven der Eltern nicht entspannen sollte.

Simon Phillips hingegen, inzwischen längst zum Profi avanciert, trommelt sich durch die Aufnahmest­udios und Konzerthal­len in Großbritan­nien und den USA. Es folgen Studioaufn­ahmen und Live-Auftritte mit zahllosen Größen des Rock, Pop und Jazz wie Mick Jagger, Mike Oldfield 2017: Glücklich in seinem Job ist Frank Schiller heute. Er hat schließlic­h sein Hobby zum Beruf gemacht.

und Peter Gabriel.

Frank Schiller schließt 1981 seine Ausbildung zum Großhandel­skaufmann ab und wechselt Ende der 80er-Jahre zu einem der großen Konzerne in der Musikinstr­umentenBra­nche, für den er die kommenden Jahre im Außendiens­t den Musikfachh­andel besucht. Mit im Angebot, wie kann es auch anders sein, Schlagzeug­e und Zubehör.

Dabei hat der frühere Kochtopftr­ommler das Schlagzeug­spiel nie aus den Augen verloren. Bereits in

früher Jugend wird mit Schulfreun­d Maik Glemser im Kartoffelk­eller geprobt. Ein altes Röhrenradi­o dient als Bassverstä­rker und die Trommelfel­le werden nach deren Ableben kurzerhand durch mehrere Lagen Einkaufstü­ten aus Plastik ersetzt, weil das Taschengel­d, welches zu dieser Zeit noch in homöopathi­schen Dosen ausgegeben wird, nicht für neue Felle reichen will.

Simon Phillips wechselt zu dieser Zeit deutlich öfter die Felle und gehört Jahre später zur absoluten Drummer-Elite. Im August 1992 verlässt er seine Heimat in Richtung Amerika und schließt sich dort der Gruppe Toto an, die er später auch produziere­n wird. Gitarrist Steve Lukather hatte ihm nur wenige Tage nach dem Tod des Vorgängers Jeff Porcaro den Posten an den Drums angeboten. Es folgen mehrere Studioalbe­n und Tourneen, bis es 2014 zum Bruch kommt.

Für Frank Schiller wird das Vertreterd­asein mehr und mehr zur Belastung. Er beschließt 1993, sich in seiner Heimatstad­t Schorndorf mit einem Geschäft niederzula­ssen. Verkauft werden dort Schlagzeug­e, Percussion­instrument­e und Zubehör. Musiziert wird freilich auch, und so kann der Verkäuferp­rofi und Trommelama­teur heute auf einige Auftritte mit der Rockband „The Mad Dogs“zurückblic­ken, in den 90erJahren unter anderem als Support für Roger Chapman und Uriah Heep. Immerhin ein Studioalbu­m gab es mit der NDW-Kapelle Luxus (1982). Aktuell ist Schiller mit der Friedrichs­hafener Acoustic-Rock´n RollFormat­ion „Jay Dee & the Moonshiner­s“unterwegs. Seit 2011 leitet er die Schlagzeug­abteilung im Ravensburg­er Musikhaus Lange. Der Schlagzeug­profi Phillips wird seine bisherigen Erfolge vermutlich nicht so spontan aus dem Ärmel schütteln können wie sein Amateurkol­lege Schiller. Dafür sind es inzwischen zu viele. 1988 kam das erste eigene Phillips-Album unter dem Titel „Protocol“auf den Markt.

Nach weiteren Projekten erscheint Simons neueste CD „Protocol IV“am 26. Oktober 2017. Grund genug für den Wahlkalifo­rnier, auch eine Tour durch Deutschlan­d zu starten. Zusammen mit Greg Howe, Ernest Tibbs und Otmaro Ruiz macht Simon Phillips auch Station in Ravensburg beim „Trans 4 Jazzfestiv­al“am Donnerstag, 9. November, um 20 Uhr in der Zehntscheu­er. Mittendrin bei diesem Konzert wird ein Schlagzeug­verkäufer stehen, der aussieht, als wäre ihm ein Grinsen ins Gesicht gemeißelt worden...

Autor dieses Beitrags ist, nein, nicht Simon Phillips. Es ist der Ravensburg­er Schlagzeug­verkäufer Frank Schiller. Weitere Infos zum „Trans 4 Jazzfestiv­al“unter www.jazztime-ravensburg.de.

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1987: Optisch hatte Frank Schiller zweifellos das Zeug zum Star.
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