Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Moderne Infrastruktur für die Feuerwehr
In Wilhelmsdorf werden Zukunftspläne geschmiedet – Neubau und zentrale Organisation
WILHELMSDORF - Die Freiwillige Feuerwehr in Wilhelmsdorf steht vor einschneidenden Veränderungen. Mehr als 40 Jahre ist es her, dass bei der Gemeindereform die Ortschaften Wilhelmsdorf, Zußdorf, Esenhausen und Pfrungen zur Einheitsgemeinde Wilhelmsdorf verschmolzen wurden. Die bisher aus vier Abteilungen bestehende Feuerwehr soll jetzt eine zentrale Organisation erhalten.
In diesem Zuge will die Gemeinde viel Geld in die Hand nehmen, um der Wehr eine moderne Infrastruktur zu bieten, die auf die kommenden 30 Jahre ausgerichtet ist. Angedacht ist, ab den Jahren 2023/2024 der Neubau eines modernen Feuerwehrgerätehauses in der Nachbarschaft des bestehenden Bauhofs an der Rotachsäge in Angriff zu nehmen. Die Kosten werden derzeit vorsichtig auf etwa fünf Millionen Euro geschätzt.
Intensive Diskussionen
Seit März 2016 wird das Thema in der Gemeinde intensiv diskutiert. Beteiligt sind die Vertreter der Feuerwehr, des Deutschen Roten Kreuzes, des Gemeinderats und der Ortschaftsräte. In der gemeinsamen Sitzung des Gemeinderats und der drei Ortschaftsräte am kommenden Dienstag soll die grundlegende Weichenstellung erfolgen. Im Vorfeld der Sitzung hatte die „Schwäbische Zeitung“die Gelegenheit, die Zukunftspläne mit Bürgermeisterin Sandra Flucht und dem Kommandanten der Gesamtwehr, Wolfgang Diesing, zu beleuchten.
Zur Vorbereitung der Zukunftsentscheidung wurden die Mitglieder der Feuerwehr aus allen Ortschaften ausführlich über die Planungen informiert. 81 von 110 Feuerwehrleuten einschließlich Alters- und Jugendwehr kamen ins Wilhelmsdorfer Feuerwehrhaus. Dort stellte Bürgermeisterin Flucht die Strategie vor, die sie dem Gemeinderat vorschlagen will. In den Monaten zuvor trafen sich in zwei Klausursitzungen die Verantwortlichen aus allen Abteilungen. Sie steckten ihre Positionen ab und versorgten die Gemeindeverwaltung mit den notwendigen Fakten.
„Unsere Mitglieder waren von der Grundhaltung her positiv und konstruktiv eingestellt“, schilderte Kommandant Wolfgang Diesing. Das war bei vergleichbaren Diskussionen in der Vergangenheit nicht immer so. Damals nahm die Eigenständigkeit der einzelnen Abteilungen einen hohen Stellenwert ein, der mit vielen Emotionen verteidigt wurde.
Allein die Zahlen dürften für eine künftige zentrale Organisation der Wilhelmsdorfer Feuerwehr sprechen. Laut Wolfgang Diesing müsste bei der heutigen Struktur mit den bestehenden Vorschriften in allen vier Ortschaften 13 Fahrzeuge verschiedener Kategorien vorgehalten werden. Heute sind es sieben. Ein Fahrzeug in Wilhelmsdorf ist 40 Jahre alt, die in Pfrungen und Zußdorf haben 32 Jahre auf dem Buckel. Allein für die zusätzlichen Autos müssten 600 000 Euro an Eigenmitteln aufgebracht werden. Außerdem müsste viel Geld für die Unterbringung der Wehren in den Ortschaften in den Haushalt eingestellt werden. Meist ist der bauliche Zustand der Gebäude marode. Durch die räumliche Enge ist die Funktionalität für die Einsätze nicht gegeben und es fehlt Platz für größere Fahrzeuge. Neubauten in allen Ortschaften wären notwendig.
Bei der angestrebten zentralen Organisation muss zwar ebenfalls viel Geld fließen, dafür wären die Effekte deutlich größer. Durch den Übungsbetrieb auf allen Fahrzeugen und Geräten wäre eine Steigerung der Effizienz und Sicherheit im Einsatz möglich. Die Aufgaben eines Gerätewarts könnten hauptberuflich von einem Mitarbeiter des dann benachbarten Bauhofs mit übernommen werden. Bei Tageseinsätzen würde eine größere Schlagkraft erreicht. Außerdem könnten eine gemeinsame Waschanlage für die Fahrzeuge, die Werkstatt und weitere Maschinen sowohl von Feuerwehr und Bauhof genutzt werden. Sollte das Rote Kreuz eine Möglichkeit finden, in die Strukturen eingebunden zu werden, hätten auch diese Helfer Vorteile von einer Neustruktur.
Mindestens 75 Feuerwehrleute
Wie könnte die künftige Struktur der Feuerwehr in der Gemeinde Wilhelmsdorf also aussehen? Laut Kommandant Diesing würde bei einer Zusammenlegung die bisherige Feuerwehr aufgelöst. An deren Stelle würde eine einzige Freiwillige Feuerwehr Wilhelmsdorf mit neuer Satzung und einem Kommandanten und Stellvertretern treten.
Die Mindest-Sollstärke der dann neuen Feuerwehr müsse bei mindestens 75 Männern und Frauen liegen, rechnete Diesing vor. Sollte das Interesse an der Feuerwehrarbeit höher sein, wäre jede Verstärkung willkommen, sagte der Kommandant. Bürgermeisterin Flucht sieht als vordringliche Aufgabe den Neubau eines Feuerwehrhauses mit ausreichenden Flächen. „Den Prozess des Zusammenwachsens würde ich gerne den Feuerwehrkameraden überlassen.“Ein Anliegen sowohl von Sandra Flucht als auch von Wolfgang Diesing ist es, dass die Beteiligung an den örtlichen kulturellen Veranstaltungen in den Ortschaften weiterhin gewährleistet wird.
„Der Bau eines funktionalen Gebäudes, das den Erfordernissen der Feuerwehr entspricht, stellt unsere Gemeinde vor erhebliche finanzielle Herausforderungen. Aber wir sind es den Menschen in unserer Gemeinde schuldig, die Strukturen zu schaffen, um schnellstmögliche Hilfe bei Unglücksfällen zu gewährleisten“, so Flucht. Wörtlich rief sie den Feuerwehrleuten bei deren Zusammenkunft zu: „Deshalb habe ich heute den Mut, ihnen diese zentrale Lösung vorzuschlagen, weil mein Kopf mir sagt, dass es die einzig richtige und realistische Zukunft ist. Und ich wünsche mir, dass möglichst viele Feuerwehrleute bei unseren Plänen mitziehen.“
Die gemeinsame Sitzung von Gemeinderat und Ortschaftsräten beginnt am Dienstag, 17.Oktober, um 18 Uhr im Bürgersaal.