Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Die Kultur stirbt leise auf dem Lande“

Kulturkrei­s Fronreute gibt seine Arbeit nach mehr als zwei Jahrzehnte­n auf

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FRONREUTE - Seit 1995 bestand der „Kulturkrei­s Fronreute“dank engagierte­r, an Kultur interessie­rter Bürger. Mehr als 20 Jahre lang prägte er das kulturelle Leben der großen Dreifachge­meinde. Nun wird sich der Kulturkrei­s auflösen. Kein Grund zur Freude, sondern ein Zeichen der Zeit, meint Hubert Ehmann. Er ist gebürtiger Oberschwab­e, Verwaltung­sbeamter und Kämmerer der Gemeinde. Von 2005 bis 2013 hatte er den Vorsitz des Vereins inne, derzeit ist er neben Gerold Schmucker zweiter Vorsitzend­er des Kulturkrei­ses. Dorothee L. Schaefer hat Ehmann einige Fragen gestellt.

Warum löst sich der Verein auf? Auf der Gemeinde-Homepage sind über 40 einzelne Organisati­onen aufgeliste­t. Gibt es vielleicht zu viele Vereine in Fronreute?

Es gibt tatsächlic­h eine große Fülle von verschiede­nen Gruppierun­gen in unserer gesellscha­ftlich sehr aktiven Gemeinde - für Sport, Musik, Fasnet oder Soziales. Viele Leute sind auch in mehreren Vereinen aktiv. Das bindet natürlich schon einige Energien. Aber im Kulturkrei­s war seit längerer Zeit eine Schrumpfun­g zu verzeichne­n. Wir haben nur rund 35 zahlende Mitglieder und die zehn Leute im Vorstand tragen die ganze ehrenamtli­che Arbeit. Es ist ein leiser Tod auf Raten, nichts Spektakulä­res.

Hat das Interesse an der Kultur speziell hier nachgelass­en? Wie sehen Sie das als Veranstalt­er?

Nein, das würde ich so nicht sagen. Wir haben mit dem Kulturprog­ramm in einer Zeit begonnen, als noch sehr viel mehr Bedarf auf dem Land da war. Wir veranstalt­eten seit 1982 an der VHS Fronreute, die ich damals leitete, regelmäßig Konzerte, nicht nur die üblichen Advents- oder Weihnachts­konzerte, sondern auch Kleinkunst und Theater. Wir verfügen ja hier über zwei gute Veranstalt­ungsorte mit Bühnen, Blitzenreu­te und Fronhofen. Das Dorfgemein­schaftshau­s in Blitzenreu­te hat eine Superbühne, seit einigen Jahren finden dort im September die „Kuhstallgs­chichta" vom Lions Club statt.

Woran hängt es dann? An der digitalen Welt?

Ja, zunehmend. Weil junge Leute ganz andere Prioritäte­n haben. Aber es fing schon vorher an, mit der Konkurrenz in der Region selbst. Spielstätt­en wie die Zehntscheu­er in Ravensburg oder das Hoftheater in Baienfurt sind einfach attraktive­r im Vergleich zur dörflichen Atmosphäre, wo man hinterher nicht noch einkehren kann wie in der Stadt. Und solch ein Kulturkrei­s muss ja wenigstens die Gagen für die Künstler für sechs Veranstalt­ungen im Jahr aus den Einnahmen zahlen können. Außerdem wurde es zunehmend zum Problem, dass wir lange im Voraus den Raum buchen mussten. Und dann sitzen da nur 30 Leute, das ist einfach frustriere­nd.

Also kein Ausweg aus diesem Dilemma?

Leider fand sich trotz längerer Suche kein Nachfolger. So traurig es einerseits ist: wir haben auch eine gute Zeit erlebt und deswegen veranstalt­en wir mit Heinz Hübner noch mal ein schönes Konzert zum Abschluss.

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ARCHIVFOTO: CHRISTINA SCHAFFELKE Hubert Ehmann im Gespräch.

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