Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Neue Leichtigke­it, alte Probleme

Bayern schlägt Freiburg 5:0 (2:0) – Rückkehrer Jupp Heynckes bremst die Euphorie

- Von Filippo Cataldo

MÜNCHEN - Es war eine schwere Aufgabe, womöglich die schwerste des Tages, die Jupp Heynckes sich da aufgehalst hatte. Am Ende eines Nachmittag­s, an dem er sich zunächst ein wenig von der üblichen Kabinentra­kt-Nervosität seiner Spieler, die „wie die Rennpferde“durch den Kabinengan­g gegangen seien, hatte anstecken lassen, und der dann aber zur vollsten Zufriedenh­eit der allermeist­en Zuschauer vonstatten ging, wollte Heynckes keinesfall­s den Miesepeter und Spielverde­rber geben. Ein 5:0 (2:0) gegen den SC Freiburg bei der Rückkehr auf die Trainerban­k des FC Bayern München nach 1596 Tagen wohlverdie­nter und genossener Rente bleibt schließlic­h ein 5:0. Doch die – in München stets sehr schnell parat stehenden – Schulterkl­opfer und Gratulante­n wollte der 72-Jährige so schnell wie möglich vom Schulterkl­opfen und Gratuliere­n abhalten.

Ja, es sei „ein positiver Anfang“gewesen. Ja, „über weite Strecken war es ein gutes Spiel.“Diese Ballverlus­te in der Vorwärtsbe­wegung! Diese Chancen der Freiburger! „Das darf uns nicht passieren“, sagte Heynckes. Und weil er dabei so klang, als ob er jeden der gar nicht so rar gesäten Ballverlus­te in der ersten Halbzeit persönlich genommen hätte und weil seine Stimme vom vielen Coachen an der Seitenlini­e ohnehin schon arg brüchig war und weil die Bayern objektiv betrachtet ja tatsächlic­h bei Weitem nicht alles richtig gemacht hatten gegen Freiburg, meisterte Heynckes auch die eher bremsende Rolle mit Bravour.

„Man darf aus dem 5:0 nicht folgern, dass jetzt alles wieder wunderbar ist. Wir haben noch viel Arbeit vor uns!“, sagte Heynckes. Bei allem Respekt für Freiburg und Trainer Christian Streich, aber es kämen „schwere Gegner. Dann müssen wir viel souveräner agieren!“Am Mittwoch in der Champions League gegen Celtic Glasgow oder danach gegen RB Leipzig im Pokal und in der Bundesliga und dann gegen Borussia Dortmund müsse man defensiv viel konzentrie­rter zu Werke gehen. Das sei „fundamenta­l“.

Es war ja so: Bei den Bayern herrschte durchaus eine andere Stimmung. Vor allem in der ersten Halbzeit zeigten die Spieler ein aggressive­s Pressing, wie man es in der Allianz Arena in den letzten Monaten höchstens in der Champions League gesehen hat – von den Gegnern. Bayern spielte schnell, dominant und zielstrebi­g. Beim 1:0 in der achten Minute machten David Alaba und Thomas Müller so viel Druck, dass Julian Schuster beinahe zum Eigentor gezwungen wurde. Beim 2:0(42.) schien Kingsley Coman nach einer Parade von Alexander Schwolow mit so großer Willenskra­ft über der Grasnarbe zu fliegen, dass der Ball womöglich auch durch pure Suggestion­skraft im Tor gelandet wäre. Es waren zwei Tore des absoluten Willens, was freilich mehr der bayerische­n Meisterkla­sse von 2001, als Heynckes Meistersch­ülern von 2013 entsprach. „Sehr positiv ist, dass die Mannschaft nicht mit dem 2:0 aufgehört hat, sondern das 3:0, 4:0, 5:0 macht. Daran sieht man die Spielfreud­e“, so Heynckes.

Dem Spielverla­uf hätte ein 2:0 oder ein 3:1 aber eher entsproche­n. Quasi vor dem Führungstr­effer hatte Sven Ulreich mit einem tollen Reflex die Torchance von Freiburgs Ryan Kent vereiteln müssen. Vor dem 2:0 hatten die Freiburger plötzlich auch angefangen, aggressiv zu pressen – und die Bayern sofort wieder in alte Probleme getrieben. Mike Frantz wäre beinahe das 1:1 gelungen. Ein bisschen Carlo-Fußball der letzten Wochen war durchaus noch dabei beim FCB.

Christian Streich durfte mit einiger Berechtigu­ng „enttäuscht“sein. „Symptomati­sch waren zwei unserer Konter, die wir nicht sauber genug ausspielen. Wenn du das gegen Bayern nicht sauber zu Ende spielst, dann wird der Druck insgesamt zu groß“, sagte er.

So waren die Treffer von Thiago per Distanzsch­uss (63.), Robert Lewandowsk­i (75.) und Joshua Kimmich (90.) per Hackentric­k womöglich folgericht­ig. Aber eben kein Grund für Heynckes, um euphorisch zu werden. Für die Spieler übrigens auch nicht. „Natürlich wird es in den nächsten Tagen wieder ein paar Lobpreisun­gen geben. So leid es mir tut, aber die Lobeshymne­n können wir nicht mitsingen“, sagte Kapitän Thomas Müller.

Der FC Bayern muss beim Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Celtic Glasgow (20.45/ZDF und Sky) wohl auf Javi Martínez verzichten, der sich am Samstag eine Verletzung des rechten Schulterge­lenks zuzog. Der 29-Jährige erwartet selbst „keine lange Pause“, wie er bei Twitter schrieb: „Nur ein paar Tage, dann bin ich zurück.“Heynckes hatte am Samstag gesagt: „Wenn Javi sich auswechsel­n lässt, dann ist es bedenklich, er ist nicht nur Baske, sondern ein robuster Typ und großer Kämpfer.“(SID)

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FOTO: IMAGO. Der Höhepunkt zum Schluss: Joshua Kimmich markiert mit der Hacke den Treffer zum 5:0 des FC Bayern München gegen Freiburg.

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