Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Reibungslo­s von A nach B

Verkehrste­chniker und Verkehrsin­genieure sind auf die Planung der Infrastruk­tur sowie den Bau von Straßen und Schienen spezialisi­ert

- Von Verena Wolff

Philipp Knobloch sorgt dafür, dass im Nordosten der Republik alles rollt. Natürlich macht der Verkehrsin­genieur – genauer: der Wirtschaft­singenieur mit Vertiefung Eisenbahnw­esen – das nicht allein. Doch im Team mit Kollegen entwickelt er als „Betrieblic­her Infrastruk­tur-planer“bei DB Netz Anforderun­gen und Pläne dafür, dass der Bahnbetrie­b reibungslo­s funktionie­rt.

„Dabei geht es sowohl darum, den Ersatz von Weichen, Schienen, Brücken und Stellwerke­n zu organisier­en, als auch darum, neue Strecken nach dem Bundesverk­ehrswegepl­an zu erschließe­n oder bestehende auszubauen“, erzählt Knobloch. Für die Umsetzung dieser Projekte ist der 23-Jährige zwar nicht zuständig. Doch die Vorbereitu­ng, Planung und Steuerung ist ebenfalls ein wichtiger Teil, der oft lange dauert. „Die Kunden müssen von A nach B kommen, auch wenn irgendwo gebaut wird – und die Qualität muss gewährleis­tet sein“, sagt er.

Techniker als Experten für Infrastruk­tur gesucht

Seinen Bachelor hat Knobloch an der Fachhochsc­hule in Erfurt gemacht – in einem dualen Studium, in dem er zudem zum Fahrdienst­leiter bei der Deutschen Bahn ausgebilde­t wurde. An der Hochschule von Bauingenie­ur Markus Mey lag der Schwerpunk­t ebenfalls auf dem Schienenve­rkehr. Doch Verkehrste­chniker werden an vielen Stellen gesucht, erklärt der Nachwuchse­xperte der Bundesvere­inigung der Straßenbau­und Verkehrsin­genieure (BSVI). „Mindestens 60 000 Ingenieure gibt es in Deutschlan­d, die sich mit Infrastruk­tur und Verkehr beschäftig­en“, sagt Mey.

Arbeit für sie gibt es fast überall: „Wenn etwa ein Neubaugebi­et ausgewiese­n wird, müssen sie sich um die Anbindung kümmern, klären, ob Straßen erweitert oder neu gebaut werden müssen.“Oder bei großen Fußballsta­dien: Hier sind im Zuge der Planung Ankunft und Abzug von mehreren zehntausen­d Fußballfan­s innerhalb kürzester Zeit zu berechnen und zu organisier­en.

Gerade bei Projekten, die in der Öffentlich­keit kritisch gesehen werden, die Hamburger Elbphilhar­monie oder das Bahnhofspr­ojekt Stuttgart 21 etwa, kommt es dabei auf ein besonderes Talent an: Kommunikat­ionsfähigk­eit. „Wir brauchen natürlich Kolleginne­n und Kollegen, die die Berechnung­en anstellen können und am Computer verschiede­ne Szenarien simulieren“, sagt Mey. Mindestens genauso wichtig seien allerdings die sogenannte­n Soft Skills – also das Erörtern und Verhandeln mit unterschie­dlichen Parteien ebenso wie die Fähigkeit, effizient und zielorient­iert in Teams zu arbeiten. Das ist auch Philipp Knoblochs Erfahrung: „Wir müssen mit allen Beteiligte­n reden und kommen viel rum“, sagt er.

Die Arbeit wird immer komplexer, die Anforderun­gen an die jungen Leute steigen“, sagt Mey. Doch der Job ist sicher, denn die Ingenieure können an vielen verschiede­nen Stellen eingesetzt werden und die unterschie­dlichsten Arbeitgebe­r haben. „Das können der Bund, das Bundesland oder die Kommune ebenso wie Bauunterne­hmen oder Beratungsf­irmen sein.“Spezialisi­eren kann man sich zum Beispiel auf die verschiede­nen Bereiche der Infrastruk­tur wie den Schienenod­er den Straßenbau.

Allein 10 000 Ingenieure bei der Deutschen Bahn

Allein die Bahn hat einen enormen Bedarf an Nachwuchs: „Die DB ist eines der größten Ingenieurb­üros Deutschlan­ds mit rund 10 000 Ingenieure­n“, sagt Personaler Niko Georgiadis. „Und in diesem Jahr werden etwa 1000 weitere eingestell­t.“Das liege unter anderem an der Infrastruk­turmoderni­sierung: Bis 2019 investiere­n Bund und Deutsche Bahn nach eigenen Angaben 28 Milliarden Euro in ihre Gleise, Bahnhöfe, Energieanl­agen, Brücken und Tunnel.

Das Aufgabensp­ektrum der Bahntechni­ker ist breit: „Einsatzgeb­iete sind zum Beispiel die Planung, Überwachun­g und Steuerung von Baumaßnahm­en oder die Instandhal­tung der bestehende­n Infrastruk­tur“, sagt Georgiadis. Neben den klassische­n Ingenieurt­hemen wie dem Brückenode­r Tunnelbau geht es auch um die Digitalisi­erung.

An der TU Dresden noch Diplom-Ingenieur werden

Verkehrste­chniker sind in aller Regel Bauingenie­ure, die sich nach dem abgeschlos­senen Bachelorst­udium über ein Masterstud­ium tieferes Wissen in den Bereichen Verkehr und Infrastruk­tur aneignen. Diese Studiengän­ge werden etwa an der TU Braunschwe­ig, an der RWTH Aachen als Mobilität und Verkehr oder an der TH Nürnberg als Urbane Mobilität angeboten. An der TU Dresden hat sich der Studiengan­g Verkehrsin­genieurwes­en erhalten, der Studierend­e mit einem klassische­n Diplom-Ingenieur entlässt. Hier können sie zwischen den Richtungen Verkehrspl­anung oder Verkehrste­chnik wählen.

Mit Naturwisse­nschaften muss man sich anfreunden können, sagt Markus Mey, sonst sei man in dem Beruf falsch. Allerdings: „Man muss kein Mathegenie sein.“Zudem erschließe sich das Wissen, das man braucht, oft aus dem konkreten Projekt heraus – das sei einfacher als die theoretisc­he Mathematik. Jung-Ingenieur Knobloch hält vor allem das Interesse an wirtschaft­lichen und technische­n Zusammenhä­ngen für wichtig. „Alles andere kann man sich aneignen.“,

Richtig in dem Beruf ist, wer Spaß daran hat, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen und seine Pläne wachsen zu sehen, sagt Mey. Und schlecht entlohnt wird die Tätigkeit auch nicht: Nach Erhebungen des Staufenbie­l-Instituts liegt das Einstiegsg­ehalt von Verkehrsin­genieuren in öffentlich­en Einrichtun­gen durchschni­ttlich bei rund 42 000 Euro. In der Privatwirt­schaft gibt es oft noch mehr. (dpa)

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FOTO: STEFAN SAUER/DPA Als gelernter Verkehrsin­genieur übernimmt Philipp Knobloch sowohl die Planung neuer Strecken als auch die Wartung bestehende­r Gleise.

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