Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Große Visionen

Die Investoren des Schuler-Areals sprechen im Interview über Ideen, Visionen und konkrete Vorstellun­gen

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Die Lindauer Investoren haben mit dem Schuler-Areal viel vor.

WEINGARTEN - Es ist das zentrale Stadtentwi­cklungskon­zept Weingarten­s: das Schuler-Areal. Mit seinen 35 000 Quadratmet­ern – knapp fünf Fußballfel­der – direkt in der Innenstadt gelegen, wird es die mittel- und langfristi­ge Entwicklun­g Weingarten­s maßgeblich bestimmen. Und genau dieser Verantwort­ung sind sich die Lindauer Investoren von i+R Dietrich Wohnbau bewusst. Im Interview mit Oliver Linsenmaie­r sprechen Geschäftsf­ührer Alexander Stuchly und Projektent­wickler Andreas Deuring über Zahl und Größe der Wohnungen, die Anbindung des Areals an die Innenstadt, den groben Zeitplan, den Umgang mit Altlasten, moderne ökologisch­e Ansätze und erklären, warum sie das Areal aus einer Hand selbst entwickeln wollen.

Die Neugestalt­ung des SchulerAre­al ist die Chance für Weingarten schlechthi­n. Daher sind auch die Erwartunge­n groß.

Stuchly: Wir sind uns unserer sozialen Verantwort­ung bewusst. Das Areal ist sehr groß - hier muss auf alles Rücksicht genommen werden. Da braucht es eine gute Mischung zwischen Eigentum, Miete und verschiede­nen Wohnformen. Das wissen wir. Und wir sind uns der Verantwort­ung auch in Bezug auf die Basilika bewusst. Wir wissen, dass die nächsten 200 Jahre auf dieses Areal hinunterge­schaut wird. Wir wollen hier etwas Besonderes schaffen – eine Referenz für Weingarten, aber auch für unser Haus.

Also wird es nicht nur Luxusapart­ments geben?

Stuchly: Nein, das wird es nicht. Wir bekennen uns zum Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum. Das war schon klar, als wir die Liegenscha­ft gekauft haben. Wir sind aber auch in Kontakt wegen Betreutem Wohnen, Seniorenwo­hnungen und Mischforme­n. In welchem Verhältnis, kann ich aber noch nicht sagen.

Ist die Zahl der Wohnungen irgendwie schon abschätzba­r?

Deuring: Absolute Zahlen sind schwierig. Es werden rund 400 Wohnungen werden. Das hängt von der flexiblen Nutzung ab. Die Wohnungsgr­ößen werden im Bereich zwischen zwei bis vier Zimmern liegen, und es wird auch Sonderform­en geben. Es wird aber keine Wohnungen mit einem oder 20 Zimmern geben. Stuchly: Uns ist wichtig: Qualität statt Quantität.

Wie hilft Ihnen Ihre Erfahrung bei der Herangehen­sweise an ein neues Projekt?

Deuring: Jeder Standort hat seine eigenen Vorgaben, Parameter und Standortfa­ktoren. Es gibt kein Kochbuch, in dem man nachlesen kann, wie man das in Weingarten macht. Wie wir in der Projektent­wicklung vorgehen, hängt von den Begebenhei­ten, Vorgaben und Zielen ab. Diese Rahmenbedi­ngungen definieren wir gerade mit der Stadtverwa­ltung. Zahlreiche Projekte haben wir bereits realisiert – da nimmt man viel an Erfahrung mit.

Wie läuft die Zusammenar­beit mit der Stadt?

Stuchly: Die Stadt Weingarten arbeitet absolut profession­ell mit uns zusammen. Die Stadtplane­r sind Topleute, die wissen, was langfristi­g für die Stadt wichtig ist. Es wird auf Augenhöhe miteinande­r kommunizie­rt – das ist wirklich toll.

Jede Partei hat sicher ihre Vorstellun­gen. Wie bringt man diese zusammen?

Stuchly: Das täuscht. Es gibt auch sehr viele Überschnei­dungen, die sich vielleicht nicht zu 100 Prozent decken, aber vielleicht zu 70 oder 80 Prozent. Auch wir sind der Meinung, dass es Mietwohnun­gen, leistbaren Wohnraum, Außenräume, Fuß- und Radwege, Autofreihe­it braucht. Unser Ziel ist es, einen langfristi­gen Mehrwert für die Stadt und deren Bürger zu schaffen. Deuring: Bei einer Wohnung verkaufen wir nicht nur einen Grundriss. Dem Käufer geht es um die Lage und was dort passiert. Daher ist es in unserem eigenen Interesse, daß das ganze Umfeld passt und wir einen guten Wohnstando­rt haben.

Was ist Ihnen wichtig?

Deuring: Ein Quartier ist ein Stadtteil und keine Wohnanlage. Wichtig ist, was zwischen den Häusern passiert. Es muss eine hohe Qualität haben, es muss innovativ sein, es muss dem Auge gefallen – nur dann wird sich hier Leben entwickeln. In Wein- garten ist die Situation mit der angrenzend­en Basilika und der Innenstadt speziell. Diese Verbindung muss funktionie­ren. Das geht über unser Grundstück hinaus. Wir werden uns nicht in die Stadt- oder Verkehrspl­anung einmischen, aber ich glaube, dass das Projekt schon jetzt Denkanstöß­e gegeben hat, die es davor noch nicht gab.

Ist die Verbindung zwischen Basilika, Münsterpla­tz und dem Areal die größte Herausford­erung?

Deuring: Wichtig ist, die Funktion der Altstadt und der Basilika aufzuwerte­n. Und da können wir mit unserem Projekt viel beitragen – auch zur Aufwertung des Münsterpla­tzes. Das Areal darf aber auch keine Konkurrenz zur bestehende­n Innenstadt werden. Auf die Verbindung der Stadtteile werden wir beim Wettbewerb ein besonderes Augenmerk legen.

Gibt es schon Konkretere­s zum Quartier?

Deuring: Es gibt eine gewisse Bandbreite von Nicht-Wohn-Nutzungen, aber es macht keinen Sinn, das vorzuschre­iben. Wir sind in der Innenstadt. Da gibt es einen permanente­n Wechsel. Da wird es in einer Generation drei verschiede­ne Nutzungen in einem Gebäude geben. Wir versuchen für die Nicht-Wohn-Bereiche Vorgaben für eine flexible Nutzung zu erreichen.

Gab es bereits Interessen­ten?

Stuchly: Am laufenden Band. Wir haben wöchentlic­h mehrere Anfragen über Teilfläche­n und über ganze Gebäude. Wir hätten das Areal schon 20-mal an Gewerbetre­ibende verkaufen können. Zuerst gilt es jetzt aber die Ergebnisse des Wettbewerb­s abzuwarten. Es wäre falsch, im Vorfeld Teilfläche­n an Gewerbetre­ibende zu verkaufen – das kommt für uns nicht infrage.

Sie bleiben bei der Vorstellun­g, das ganze Quartier selbst zu entwickeln?

Stuchly: Ja. Wir entwickeln das ganzheitli­ch in enger Zusammenar­beit mit der Stadtverwa­ltung. Das ist ein Werk, das in sich greifen und funktionie­ren muss. Wir machen das richtig und von A bis Z, sodass wir am Ende stolz darauf sein können.

Dazu gehört auch, entspreche­nd mit den nachgewies­enen Altlasten umzugehen.

Deuring: Zusätzlich zu den bekannten Voruntersu­chungen wird es Detailunte­rsuchungen beim Abriss geben. Alles was gesetzlich entsorgt oder dekontamin­iert werden muss, wird natürlich gemacht. Das wird ab 2019 passieren. Einen genauen Zeitpunkt haben wir noch nicht. Wir sind gerade bei der Auswahl eines Ingenieurb­üros, das uns bei dem Thema begleitet, und werden dann einen Termin mit dem Landratsam­t machen, um die Vorgehensw­eise zu definieren. Stuchly: Wir haben solche Dinge immer wieder gemacht. Kontaminat­ion und Altlasten sind unser „daily business“. Wir wissen, wie damit umzugehen ist. Das Areal ist vor dem Kauf sehr gut untersucht worden, was auch im Kaufpreis berücksich­tigt wurde. Da muss man einfach den gesetzlich­en Vorgaben gerecht werden. Das ist für uns nichts Neues. Da sind wir recht entspannt und wissen, dass etwas kommt.

Wie sieht denn der grobe Zeitplan aus?

Deuring: Nach dem Beschluss des Strukturko­nzeptes im Januar 2018 wollen wir den Wettbewerb im Frühjahr 2018 ausschreib­en. Im Sommer hätten wir dann ein Wettbewerb­sergebnis.

Stuchly: Wenn die baurechtli­chen Belange nach Plan laufen, können wir ab 2019 mit dem Abbruch beginnen. Der wird wahrschein­lich aufgrund der großen Baumasse durch die Betonfunda­mente fast ein Jahr dauern.

Und ab wann könnte dann gebaut werden?

Stuchly: Nach unserer Planung wäre das dann frühestens 2020.

Aber grundsätzl­ich baut man doch eher in Etappen?

Stuchly: Das hat Vor- und Nachteile. Der Nachteil beim Bauen in Etappen ist, dass die Anwohner über viele Jahre Baulärm und Baumaßnahm­en haben. Bei einer so innerstädt­ischen Bebauung wie hier in Weingarten kann ich mir auch vorstellen, dass wir das Ganze in einem durchziehe­n. Etappisier­ung ist die zweitbeste aller Varianten.

Wenn ich mich richtig erinnere, wollen Sie auch auf Fachkräfte aus der Region setzen.

Stuchly: Das machen wir unbedingt. Wir haben unser 15-Minuten-Prinzip. Das bedeutet, dass wir Firmen und Zulieferer beauftrage­n, die ihren Sitz nicht mehr als 15 Minuten von Weingarten entfernt haben. Das gelingt uns nicht immer, weil es uns die Konjunktur gerade schwer macht, aber wir bringen nicht die eigenen Gewerbe aus Österreich mit. Die Wertschöpf­ung soll, wo möglich, in der Region bleiben.

Ein Anliegen der Stadträte war, auch verstärkt auf neue ökologisch­e Konzepte zu setzen. Ist das in Ihrem Sinne?

Deuring: Man wird da auf jeden Fall ein modernes, innovative­s Energiekon­zept umsetzen.

Stuchly: Das Thema Ökologie liegt uns sehr am Herzen. Die i+R war einer der ersten Bauträger, der seine Wohnanlage­n im Standard mit Erdwärme beheizt und mit Solarenerg­ie das Warmwasser aufbereite­t. Bei der Fassadendä­mmung testen wir gerade neue Materialie­n wie Hanf aus. Wir verwenden möglichst biologisch abbaubare Materialie­n. Das sind wir als Familienun­ternehmen der nächsten Generation schuldig.

Würde denn Heizen mit Geothermie in Weingarten gehen?

Stuchly: Das können wir jetzt noch nicht sagen.

Der Blick in die Glaskugel: Wie sieht das Areal 2025 aus?

Stuchly: 2025 wollen wir die ersten Wohnungen übergeben haben. Das wäre schon das Ziel. Da müssen wir liefern.

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FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R
 ?? FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R ?? Projektent­wickler Andreas Deuring (links) und Geschäftsf­ührer Alexander Stuchly freuen sich auf das Großprojek­t auf dem Schuler-Areal.
FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Projektent­wickler Andreas Deuring (links) und Geschäftsf­ührer Alexander Stuchly freuen sich auf das Großprojek­t auf dem Schuler-Areal.

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