Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„MTB-Trails werden zum Problem“

Kreisjäger­meister Peter Lutz zu Mountainbi­ke-Strecken im Wangener Wald

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WANGEN - In die Diskussion um Mountainbi­ke-Strecken im Wald in Wangen hat sich jetzt Kreisjäger­meister Peter Lutz eingeschal­tet. Im Interview bezieht er nun Stellung zur Gesetzesla­ge, zu Haftungsfr­agen und zu möglichen Folgen der sogenannte­n MTB-Trails für Natur und Wildtiere.

Mountainbi­ker aus der Region Wangen fordern in Wangen einen legalen MTB-Trail durch den Wald. Erst kürzlich wurde ein Waldweg beim Trimm-dich-Pfad für Radfahrer gesperrt. Die Konflikte zwischen Waldbesitz­ern, Fußgängern und Radfahrern scheinen zuzunehmen. Wie sehen Sie dieses Thema?

Peter Lutz:

Mountainbi­ke-Trails im Wald werden immer mehr zum Problem. Auch wenn sich immer wieder MTB-Fahrerinne­n und Fahrer über das Landeswald­gesetz ärgern, es nützt nichts. Der regelmäßig­e Gesetzesve­rstoß geht von den Mountainbi­kern aus und nicht vom Waldbesitz­er, Wanderer, Förster oder Jäger.

Apropos Waldbesitz­er: Hier haben sich jüngst auch Interessen­verbände zu Wort gemeldet...

Für viele, vor allem private Waldbesitz­er ist die Haftungsfr­age immer noch nicht abschließe­nd geklärt. Duldet ein Waldbesitz­er einen illegalen Trail auf seinem Grund, muss er im Einzelfall auch befürchten zu haften. Carl von Butler, Geschäftsf­ührer des Bayerische­n Waldbesitz­erverbands, hat vor kurzem gesagt: ,Wir raten unseren Mitglieder­n, jede dieser Anlagen sofort zu zerstören. Denn wenn ein Waldbesitz­er Rampen oder Ähnliches in seinem Wald duldet, kann er bei Unfällen dafür haftbar gemacht werden’.

Eine Leserbrief­schreiberi­n, selbst Bikerin, hat unlängst auf Untersuchu­ngen von Universitä­ten verwiesen, nach denen Radfahrer die Waldwege nicht stärker beschädige­n als Wanderer.

Die Beschädigu­ng von Wegen und wertvollen Forstfläch­en ist ein allgemeine­s und alltäglich­es Thema, egal welche angebliche­n Universitä­tsstudien hier im Leserbrief zitiert werden. Ich bin gerne bereit, entspreche­nde Schäden im Wald rund um Wangen zu zeigen. Beispiele im Hasenwald oder um Neuravensb­urg gibt es genug, genau wie anderswo. Beginnende Erosion ist in diesem Zusammenha­ng vor allem in Steillagen an der Argen ebenfalls ein aufkommend­es Problem. Ausgelöst durch die gesetzeswi­drige Nutzung der Mountainbi­ker abseits der Wege.

Laut der erwähnten Uni-Untersuchu­ngen soll auch der Einfluss der Mountainbi­ker auf das Wildverhal­ten ebenfalls nicht stärker als der durch Wanderer sein.

Dass die Mountainbi­ker nun auch schon Experten in Sachen Wildverhal­ten sind, verwundert mich doch sehr. Themen zu kommentier­en, wovon man keine Ahnung hat, nur um Stimmung zu machen, ist der falsche Weg. Wildtiere reagieren gerade auf Mountainbi­ker sehr empfindlic­h. Die Annäherung­sgeschwind­igkeit ist sehr hoch, im Vergleich zum Wanderer. Gerade dadurch kommt es vermehrt zu panischem Fluchtverh­alten. Die Wildtiere haben keine Zeit mehr, sich vorab bereits zu „verdrücken“. Dieser Sachverhal­t ist in umfangreic­hen Studien, unter anderem im Taunus, auch belegt worden. Als eine der größten Störquelle­n fürs Wild, ähnlich wie freilaufen­de, wildernde Hunde, haben sich dort Mountainbi­ker herauskris­tallisiert. Der Effekt ist weit größer als durch andere Nutzer der Natur wie Forstarbei­ten, Fußgänger, Wanderer oder Reiter.

Welche Folgen kann das haben?

Wenn man die jahreszeit­lich bedingten Aktivitäts­phasen des Wilds kennt, wird, bedingt durch die immer milderen Winter, das Problem leider noch größer. Das Wild fährt in den Wintermona­ten seinen Stoffwechs­el herunter, und gerade dann sind Störungen besonders problemati­sch. Mittlerwei­le stehen die Räder aber im Winter auch nicht mehr still. Das Wild zieht sich durch die Störungen immer mehr in die dichten Kulturfläc­hen zurück und dies führt dann auch noch zu vermehrtem Schaden an den Forstpflan­zen durch Verbiss. Dann kommt durch die direkte Beschädigu­ng der Jungpflanz­en durch Biker noch der Verbiss dazu. Als privater Waldbesitz­er ist es für mich im Übrigen auch überhaupt nicht akzeptabel, dass MTB-Trails wie im Hasenwald direkt durch Jungwuchs hindurchfü­hren, von den MTB-Nutzern mit Motorsägen freigeschn­itten werden und Wege querfeldei­n regelrecht erschlosse­n werden.

Kann hier die jüngst geforderte, legale Mountainbi­ke-Strecke das Problem lösen?

Wir Jäger sind an Lösungen interessie­rt, der Wald ist eben auch Erholungsr­aum. Deshalb arbeiten wir auch aktiv an Besucherle­nkungskonz­epten in der Region mit, zum Beispiel beim MTB-Strecken-Projekt der Allgäu GmbH. Ob wir damit allerdings die Probleme der „wilden, illegalen“Singletrai­ls in den Griff bekommen, wage ich zu bezweifeln. Die ewig Unverbesse­rlichen werden wir damit vermutlich nicht erreichen. Wenn es gezielt offizielle Trails geben soll, dann muss es aber auch gezielt „gesperrte Schutzgebi­ete“in besonders sensiblen Bereichen geben. Nur so kann für alle eine hoffentlic­h befriedige­nde Lösung gefunden werden. Hier nur auf das Landeswald­gesetz zu schimpfen und Stimmung zu machen, ist der falsche Weg, vor allem wenn man regelmäßig selbst das gültige Gesetz bricht. Leider ist die angesproch­ene Rücksichtn­ahme und der gegenseiti­ge Respekt gerade bei Mountainbi­kern nicht immer gegeben. ,Aus dem Weg!’, das muss ich leider auch selbst allzu oft hören, oftmals gerade auf den kleinen Pfaden, abseits größerer Wege.

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FOTO: PRIVAT Peter Lutz

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