Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Straßen-Streit und Tunnel-Terz
Häfler und Ravensburger wetteifern um die besten Plätze auf der Prioritätenliste des Landes
RAVENSBURG - Das Versprechen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, den Ravensburgern alsbald den Bau ihres Molldietetunnels zu ermöglichen, hat in Friedrichshafen für gewisse Irritationen gesorgt, die ein bisschen an die Diskussionen um B 30 und B 31 vor fünf Jahren erinnern (die „Schwäbische Zeitung“berichtete). Was Kretschmanns Versprechen wert ist und wie dringlich die Landesregierung im Vergleich die zweite Röhre für den Riedleparktunnel einstuft, wird sich wohl am 28. November zeigen, wenn das Verkehrsministerium seine neue Prioritätenliste vorstellt.
Beim leidigen Dauerthema Straßenbau demonstriert die Region gegenüber den Regierenden in Stuttgart und Berlin ja gerne Einigkeit. Wenn’s dann aber ans Eingemachte geht – sprich: die Reihenfolge, in der innerhalb der Region gebaut werden soll –, dann kann’s mit der Einigkeit auch mal ganz schnell vorbei sein. So war man in Friedrichshafen geradezu empört, als das Bundesverkehrsministerium 2012 verkündete, dass die B 30 Süd in Ravensburg dem Neubau der B 31 von Waggershausen bis Immenstaad vorgezogen werden soll, obwohl die Stuttgarter Landesregierung erst wenige Monate zuvor eine Prioritätenliste mit der B 31 auf der absoluten Spitzenposition erstellt hatte. Fünf Jahre später stehen die Zeichen erneut auf Konfrontation.
Dass die Ravensburger Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf der Oberschwabenschau dazu gebracht haben, ihnen den baldigen Bau des Molldietetunnels zu versprechen – „Das werden wir bald in trockene Tücher bekommen“–, nahm Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand nicht nur mit Verwunderung zur Kenntnis, er kündigte jüngst auch eine laute politische Auseinandersetzung an.
Ausdrücklich unterstützt Brand den neuen Vorstoß der Initiative „Pro B 31“, die gegenüber dem Verkehrsministerium darauf drängt, die zweite Röhre für den Riedleparktunnel möglichst weit oben auf der angekündigten neuen Prioritätenliste zu platzieren.
Die Häfler Ausgangssituation gegenüber Ravensburg ist aktuell allerdings etwas anders als vor fünf Jahren. So steht seit 2015 ein Beschluss der Regionalverbandsversammlung, wonach als nächstes Straßenbauprojekt in der Region eben der Molldietetunnel gebaut werden soll. Vor der zweiten Röhre für den Riedleparktunnel sind in dieser Prioritätenliste des Regionalverbandes außerdem die B 311/B 313 Sigmaringen-Mengen und Engelswies-Vilsingen sowie die B-30-Ortsumfahrungen Enzisreute und Gaisbeuren platziert.
Kein Kampf gegen die Projekte anderer Städte
An diesen einstimmigen Beschluss erinnert im Gespräch mit der SZ auch Ravensburgs Oberbürgermeister Daniel Rapp. „Dass zuerst der Molldietetunnel gebaut wird, entspricht dem Konsens der gesamten Region“, sagt er vor diesem Hintergrund. Dass sein Häfler Kollege für „seine“Bauvorhaben kämpfe, sei gut und richtig, dürfe aber nicht zu einem Kampf gegen die Projekte anderer Städte führen. Die Region müsse im Straßenbau zusammenhalten. „Auch ich werde weiterhin für den Ausbau der B 31 kämpfen“, so Rapp. Die Prioritäten des Regionalverbands sind für das Land zwar nicht bindend, der Ravensburger OB hofft aber natürlich – nicht zuletzt aufgrund des landesväterlichen Versprechens auf der Oberschwabenschau – dass sie sich in dessen Prioritätenliste widerspiegeln werden und der Molldietetunnel weit vorne zu finden sein wird.
Von der SZ auf den Regionalverbandsbeschluss angesprochen, gibt Andreas Brand zu verstehen, dass aus seiner Sicht „der Riedleparktunnel
„Dass zuerst der Molldietetunnel gebaut wird, entspricht dem Konsens der gesamten Region“,
höher als bisher priorisiert“werden sollte. „Mit dem derzeitigen Bau der B 31-neu würde eine zweite Röhre die Chance bieten, den kompletten vierspurigen Ausbau der Umgehung Friedrichshafen zu realisieren, also ein neuralgisch kritisches Nadelöhr zu verhindern“, sagt Brand.
Derzeit sei der Riedleparktunnel zweispurig, die B 30 aus Richtung Ravensburg werde östlich des Tunnels vierspurig angeschlossen, die B 31-neu zwischen Riedleparktunnel und Immenstaad ebenfalls. „Der positive Verkehrseffekt einer zweiten Röhre wird groß sein – und zudem kann die zweite Röhre schnell verwirklicht werden: Wir könnten sofort in das Planungsverfahren einsteigen, um in der Folge schnell bauen zu können“, sagt Brand. sagt Ravensburgs OB Daniel Rapp
Verkehrsminister will Prioritätenliste bald vorlegen
Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“will Verkehrsminister Hermann die Prioritätenliste für Straßenbauprojekte, die im Bundesverkehrswegeplan im „vordringlichen Bedarf“eingestuft sind, am 28. November vorlegen. Was diese Liste letztendlich wert sein wird, bleibt aber abzuwarten. Sowohl der Ravensburger als auch der Häfler Tunnel fallen in die Zuständigkeit des Bundesverkehrsministeriums, das sich an Prioritätenlisten aus den Bundesländern zwar orientieren kann, sich aber nicht daran halten muss – so wie im Fall B 30 und B 31.