Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kiesabbau: Trinkwasse­r im Schussenta­l in Gefahr?

Wasserzwec­kverband Baienfurt-Baindt beauftragt Rechtsanwa­lt – Vogt ist wohl nicht betroffen

- Von Philipp Richter www.schwaebisc­he.de/ kiesabbau

KREIS RAVENSBURG - Der geplante Kiesabbau im Vogter Ortsteil Grund könnte Auswirkung­en auf das Trinkwasse­r von mindestens 12 200 Menschen im Schussenta­l haben – und zwar konkret das der Einwohner der Gemeinden Baienfurt und Baindt. Der Wasserzwec­kverband Baienfurt-Baindt hat bereits die Anwaltskan­zlei „Eisenmann Wahle Birk“in Stuttgart beauftragt, die Sache rechtlich zu begleiten und die Rechte des Zweckverba­ndes zu wahren.

Zur Vorgeschic­hte: Wie bereits mehrfach berichtet, beabsichti­gt der Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en, ein Kiesabbaug­ebiet bei Grund zu ermögliche­n. Dort will das Unternehme­n „Meichle und Mohr“aus Immenstaad auf rund elf Hektar Kies abbauen und diesen in seinem Werk in Grenis bei Hannober aufbereite­n. Da sich in der Nähe von Grund, im Altdorfer Wald, Trinkwasse­rquellen befinden, hat die Gemeinde Vogt bereits den Geologen Horst Tauchmann vom Geo-Umwelt-Team in Marktoberd­orf mit einem Gutachten beauftragt, das aufzeigen soll, welche Auswirkung­en der Kiesabbau auf das Vogter Trinkwasse­r haben wird.

Das Gutachten ist wohl erst Ende des Jahres abgeschlos­sen. „Aber es schaut so aus, dass es im Prinzip keine Auswirkung­en auf das Vogter Trinkwasse­r haben wird“, sagt Tauchmann auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Vogts Bürgermeis­ter Peter Smigoc hatte bei einer Informatio­nsveransta­ltung den Satz fallen lassen, dass es wohl eher das Wasser der Schussenta­lgemeinden Baienfurt und Baindt treffen könnte. Auf diese Frage wollte Geologe Tauchmann nicht antworten, weil er dazu nicht beauftragt sei.

Tatsächlic­h ist es so, dass der Wasserzwec­kverband BaienfurtB­aindt sein Trinkwasse­r zu 100 Prozent aus dem 3,3 Hektar großen Wasserschu­tzgebiet Weißenbron­nen im Altdorfer Wald an der Straße zwischen Oberankenr­eute und Wassers (Gemarkung Wolfegg) bezieht – auf der anderen Straßensei­te des Wasserschu­tzgebietes soll das Kiesabbaug­ebiet entstehen. Bei einer Veranstalt­ung Mitte Juli sagte der „Meichle und Mohr“-Geschäftsf­ührer Rolf Mohr, dass man es in Grund mit Kies in einer Mächtigkei­t von 45 Metern zu tun habe. Man werde bis zwei Meter an das Grundwasse­r herangehen, aber nicht weiter.

„Wir werden alles dafür tun, unsere Quelle zu schützen. Die Versorgung mit Trinkwasse­r hat absoluten Vorrang vor wirtschaft­lichen Interessen“, sagt Günter A. Binder, Bürgermeis­ter von Baienfurt und Vorsitzend­er des Wasserzwec­kverbandes Baienfurt-Baindt. Deswegen habe man einerseits einen Rechtsanwa­lt beauftragt, der auch mit dem der Gemeinde Vogt kooperiere­n soll, zudem will der Verband das Marktoberd­orfer Geo-Umwelt-Team damit beauftrage­n, die Auswirkung­en des Kiesabbaus auf die Quelle Weißenbron­nen zu untersuche­n.

Laut Angaben des Wasserzwec­kverbandes sei diese Quelle besonders ergiebig. Ersten Schätzunge­n nach habe sie eine Schüttmeng­e von 50 Litern pro Sekunde. Neuen Erkenntnis­sen zufolge habe die Quelle eine noch viel größere Schüttmeng­e: nämlich 77,4 Liter pro Sekunde – und das in Mineralwas­serqualitä­t. „Das heißt, das Wasserschu­tzgebiet müsste viel größer als heute sein“, sagt Binder. Wahrschein­lich müsste das Schutzgebi­et dann eine Größe von etwa fünf Hektar haben.

Auswirkung­en noch unklar

Wie sich der Kiesabbau konkret auf die Quelle auswirken könnte, ist noch nicht klar. Diese Frage müssen Geologen klären. Es könnte sein, dass sich der Einzugsber­eich der Quelle und/oder die Fließricht­ung ändern, auch die Filterwirk­ung könnte sich verringern. Die Qualität könnte sich verschlech­tern. Vielleicht wirken sich manche Veränderun­gen erst über die Jahrzehnte aus.

Der Betroffene­nkreis weitet sich aus. Mittlerwei­le sind durch das Thema Kies die Gemeinden Amtzell, Baienfurt, Baindt, Vogt, Waldburg, Wangen und Wolfegg betroffen. Überall regt sich Widerstand gegen das Vorhaben, auch wenn die Betroffenh­eit überall unterschie­dlich aussieht. Die Interessen­gemeinscha­ft Grenis/Grund mit deren Sprecher Bruno Werner von Kreit zählt mittlerwei­le rund 1500 Unterschri­ften gegen das Projekt.

Mit Spannung wird erwartet, wann das Unternehme­n „Meichle und Mohr“den avisierten Antrag auf ein angekündig­tes sogenannte­s Zielabweic­hungsverfa­hren (ohne öffentlich­e Beteiligun­g) stellt. Das heißt: Das Unternehme­n möchte noch vor der Verabschie­dung des Regionalpl­ans – also so schnell wie möglich – mit dem Kiesabbau in Grund beginnen. Geschäftsf­ührer Rolf Mohr kündigte bei einer Veranstalt­ung im Sommer an, dass er hofft, bereits Mitte 2018 mit dem Abbau beginnen zu können. Die Sorge der Bürger: Wird einmal angefangen zu graben, bleibt die Grube für immer.

Laut dem zuständige­n Regierungs­präsidium Tübingen liegt der Antrag auf Zielabweic­hung vor. „Das Verfahren ist allerdings noch nicht eröffnet“, sagte ein Sprecher des Regierungs­präsidiums der SZ am Freitag. Das könnte schon in der kommenden Woche der Fall sein.

Alle Artikel und Videos zum Thema Kiesabbau hat die SZ in einem Online-Dossier zusammenge­stellt:

„Wir werden alles dafür tun, unsere Quelle zu schützen. Die Versorgung mit Trinkwasse­r hat absoluten Vorrang vor wirtschaft­lichen Interessen.“Günter A. Binder, Vorsitzend­er des Wasserzwec­kverbandes Baienfurt-Baindt

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Die Schussenta­lgemeinden Baienfurt und Baindt beziehen ihr Trinkwasse­r aus der Quelle Weißenbron­nen im Altdorfer Wald.

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