Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Dorf zieht um

Eröffnung des Wohnangebo­ts in der Friedenstr­aße in Wilhelmsdo­rf

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WILHELMSDO­RF (sz) - 24 Menschen mit Behinderun­g konnten von der Haslachmüh­le bei Horgenzell in die Friedenstr­aße nach Wilhelmsdo­rf umziehen. Dort entstand nach rund einem Jahr Bauzeit ein zweigescho­ssiges Wohnhaus mit 24 Einzelzimm­ern, die sich auf vier Wohngruppe­n verteilen.

Die zentrale Behinderte­nhilfeEinr­ichtung der Zieglersch­en in Wilhelmsdo­rf befindet sich nur knapp zehn Gehminuten entfernt in der Ortsmitte – und das schon seit 135 Jahren. Die Bewohner des neuen Hauses können diese vorhandene Infrastruk­tur nutzen und gleichzeit­ig möglichst eigenständ­ig im Quartier Friedenstr­aße wohnen. Frank Benold, Einrichtun­gsleiter der Zieglersch­en in der Friedenstr­aße erläutert: „Wir verstehen uns als Teil des Quartiers Friedenstr­aße. Die Menschen möchten hier wohnen wie andere auch. Wir wollen weder lauter noch leiser sein als sie.“

Dem Umzug der Menschen mit Behinderun­g von Haslachmüh­le in die Friedenstr­aße nach Wilhelmsdo­rf liegt ein breit angelegter Entwicklun­gsprozess der zentralen Standorte der Zieglersch­en Behinderte­nhilfe zugrunde, heißt es in einer Pressemitt­eilung. Vor dem Hintergrun­d der Inklusion als gesamtgese­llschaftli­che Entwicklun­g, haben sich die Zieglersch­en nach eigenen Angaben auf den Weg gemacht, kleine, gemeinwese­norientier­te Wohnund Beschäftig­ungsangebo­te wie in der Wilhelmsdo­rfer Friedenstr­aße zu schaffen, die einerseits mit einer Reduktion von Wohnangebo­ten an den Hauptstand­orten und anderersei­ts mit einer Weiterentw­icklung und Modernisie­rung der Angebote an den Hauptstand­orten einhergeht. So sind im September insgesamt rund 40 Menschen aus der Haslachmüh­le in die Wilhelmsdo­rfer Friedenstr­aße und in ein weiteres regionales Wohnangebo­t nach Engen im Landkreis Konstanz umgezogen.

In diesem Konversion­sprozess ist es Aufgabe des Fachperson­als, die Menschen mit geistiger und zusätzlich­er Hör-Sprachbehi­nderung in der Veränderun­g ihrer persönlich­en Lebensumst­ände eng zu begleiten – die Menschen, die ihre Heimat Haslachmüh­le verlassen genauso wie diejenigen, die dort weiterhin wohnen bleiben und langjährig­e Freunde und Mitbewohne­r verabschie­den. In dieser Situation haben sich Kolleginne­n und Kollegen auf den Weg gemacht: In dem Projekt „FairÄnderu­ng“bieten sie Plattforme­n wie Be- gegnungs-Nachmittag­e, führen Interviews mit den Menschen mit Behinderun­g zu ihren Hoffnungen und Sorgen im Zusammenha­ng mit den neuen Wohnsituat­ionen, packen beispielha­ft gemeinsam Koffer, dokumentie­ren Umzüge und feiern zusammen Gottesdien­ste mit Methoden der unterstütz­enden Kommunikat­ion, um den Prozess für die Menschen bewusst spürbar und begreifbar zu machen. Dieser breite Begleitung­sprozess wird ermöglicht durch die finanziell­e Unterstütz­ung des Förderkrei­ses der Behinderte­nhilfe und der Johannes-Ziegler-Stiftung.

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